Kapitel 1

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KIARA

«Wach auf», höre ich eine Stimme in meinem Kopf rufen.
Ein unbekannter Mann mit dunklem Haar und markanten Gesichtszügen steht vor mir, aber trotzdem kommt er mir so vertraut vor. «Wer bist du?», frage ich ihn.
«WACH AUF Kiara.»

Ich öffne meine Augen und schrecke von meinem Bett hoch. Ich fülle meine Lungen mit Luft, als hätte ich nicht atmen können.
«Es war bloss ein Traum», murmle ich beruhigend vor mich hin, um meinen Herzschlag wieder runter zu kriegen. Ausserhalb meines Zimmers erklingt ein Geräusch, was meine Aufmerksamkeit auf sich zieht.
Die Neugier übernimmt die Oberhand, weshalb ich die Bettdecke zur Seite schiebe und aufstehe. Mein Mund fühlt sich sowieso trocken an und ich könnte einen Schluck Wasser vertragen, ehe ich mir anschaue, was das gewesen war.  Ich stehe vom Bett auf und strecke mich ordentlich durch.
Noch etwas wackelig auf den Beinen steuere ich auf die Küche zu, während ich durch die langen Gänge unserer Villa streife.
Viele Erinnerungen meiner Kindheit wandern mir durch den Kopf. Schon seit ich denken kann, leben ich und meine Eltern auf diesem Anwesen, aber irgendwie bin ich nie richtig warm geworden mit der Villa. Auch wenn ich diesen Ort hier mein zu Hause nenne, fühlt es sich nicht wirklich wie mein zu Hause an. Tief in mir hatte ich schon immer das Gefühl irgendwo anders hinzugehören, habe diesen Ort jedoch nicht gefunden.

In der Küche angekommen, öffne ich den Kühlschrank und greife nach einer Flasche Voss, die wir an Unmengen darinstehen haben. Gott bewahre, dass meine Mutter was anderes trinken müsste. Wenn das Wasser nicht zumindest gefiltert wurde, trinkt sie es nicht, aber das norwegische Wasser hat sie von allen am liebsten. Deshalb stehen auch immer dutzende von Flaschen davon im Kühlschrank für sie bereit.
Mein Vater andererseits hat sich nie wirklich um solche prestigen Dinge geschert, auch wenn er derjenige ist, der die harte Arbeit erledigt und das ganze Geld nach Hause bringt. Mein Vater ist aber trotz des grossen Vermögens immer bescheiden und nett geblieben, aber leider hat er selten Zeit für die Familie, weil er ständig arbeitet wie ein Wahnsinniger. Er meint immer die Arbeit würde ihn erfüllen, weil er dort die Zügel in der Hand hat und seiner Kreativität freien Lauf lassen kann.
Manchmal wünschte ich mir, dass seine Firma niederbrennt und wir das gesamte Vermögen verlieren, einfach nur damit wir einmal eine normale Familie sein können, aber das ist total verrückt und würde nie passieren.

Ich verschliesse die Flasche wieder und kehre in den Gang zurück als ich plötzlich Stimmen höre. Wer ist das? Haben meine Eltern jemanden eingeladen? Nein wohl kaum dafür ist es zu spät. Es ist mitten in der Nacht.
Etwas misstrauisch schleiche ich den Gang entlang und gerade als ich um die eine Ecke biegen will, sehe ich zwei Männer in schwarz gekleidet und halte sofort inne. Erschrocken ziehe ich die Luft scharf ein und halte mir die Hand vor den Mund, wobei mir die Flasche aus der Hand fällt.  Scheisse...
«Was war das?», fragt der eine den anderen. «Keine Ahnung, vielleicht eine Katze oder so.»  Ja, es war bloss eine Katze lasst es gut sein. «Geh nachschauen», befiehlt der eine dem anderen mit einer rauchigen Stimme. Mein Körper fängt zu zittern an und ich drücke mich gegen die Wand, als würde ich mit ihr verschmelzen und unsichtbar werden.
Die schweren Schritte kommen immer näher und als der Einbrecher um die Ecke kommt, treffen sich unsere Augen. Braune, trübe Augen bohren sich in meine.  Aus Angst fallen mir Tränen runter und ich zittere wie Espenlaub. Wir starren uns schweigend an und ich glaube jetzt hat mein letztes Stündlein geschlagen. Sein Gesicht ist maskiert, weshalb ich ihn nicht erkennen kann. «Ja... Ist bloss eine Katze», murmelt er und läuft mit seinen schweren Schritten wieder zurück zu seinem Freund. Meine Schulter sacken nach unten und so leise ich kann, renne ich zurück zu meinem Zimmer.

In meinem Zimmer angekommen haste ich zu meinem Nachttisch und greife nach meinem Handy. Gerade als ich die Nummer des Notrufes eingebe, erklingen zwei Schüsse und das Blut gefriert mir in den Adern. Mein Körper erstarrt und meine Gedanken wandern direkt zu Mom und Dad.
Ich drücke auf die Ruf Taste und eine Stimme erklingt.
«Notrufzentrale wie kann ich Ihnen helfen?»
«Bei uns wurde eingebrochen und gerade sind zwei Schüsse gefallen ich glaube die Einbrecher haben... haben...»
«Wie lautet ihr Name Miss?»
«Ich bin Kiara May», krächze ich und verliere beinahe meine Stimme da mir ein Kloss im Hals steckt. «Ich konnte Sie im System durch Ihr Handy lokalisieren Miss May. Wir schicken direkt einen Einsatzwagen vorbei. In etwa zehn Minuten sind sie bei Ihnen.» «Danke», antworte ich mit meiner zittrigen Stimme und es kostet mich jede Kraft nicht direkt in Tränen auszubrechen. «Wo befinden Sie sich gerade?» «In meinem Zimmer.» «Bleiben Sie dort, aber schliessen Sie die Tür und verriegeln Sie sie.» Ich stehe auf und meine Beine fühlen sich so bleischwer an. Als hätte ich zwei Zementblöcke an meinen Füssen, bewege ich mich langsam zur Tür und verriegle sie. Mein Herz pocht wie wild in meiner Brust und ich habe so eine schreckliche Angst. Tausend Fragen schwirren mir durch den Kopf. Ich habe Angst um Mom und Dad. Was war das Letzte worüber wir gesprochen haben?
Dad meinte beim Abendessen noch er müsse morgen mit mir reden, weil er mir etwas mitteilen wollte. Das können wir bestimmt noch tun. Ihnen ist bestimmt nichts passiert. Vielleicht waren diese Schüsse nur dafür da, um ihnen Angst einzujagen, oder sie zu verschrecken. Das alles ist bestimmt ein schlechter Traum. Gleich wache ich auf und alles ist wieder gut.

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