„Bitte, Queenie, kommst du mit? Du würdest mich so glücklich machen!"
Valeska dreht unschlüssig die Karte aus edlem handgeschöpftem Papier in der Hand hin und her.
„Dein Vater ist Schirmherr dieser Charity-
Veranstaltung in der Speicherstadt zugunsten der Krebsforschung?"
„Ja, du weißt doch dass Maman..."
„Ja, natürlich", sagt sie mit weicher Stimme, fährt dann aber kompromisslos fort:
„Wir sind aber immer noch nicht zusammen!", dabei vermeidet sie seinen bittenden Blick.
„War das ein Ja??- komm schon! Du wirst soviel Spaß haben! Als meine Begleitung hättest du die Aufmerksamkeit aller Anwesenden! Die gesamte Hamburger Prominenz gibt sich dort die Klinke in die Hand- und wir haben noch einen Ehrengast!"lacht Thano und will sie umarmen.
„Nein! Ramón hat mich Samstag ins Kino eingeladen! Du hättest ja früher fragen können."Hamburg, Speicherstadt, 5.2. 2000
Erik
Vom Baumwall sind es nur 5 Minuten zu Fuß bis zu der Edellocation in der Speicherstadt, die Herr von Ammern für diesen Abend und zu diesem speziellen Anlass gemietet hat.
„Ich habe es langsam satt, für Fates mieses Spiel immer weitere Strafen zu bekommen. Ja, wir haben Theos Mercer für einen Abend ausgeliehen, aber wir wurden von diesem sadistischen Narzissten mit ADHS erpresst!", mault Mustafa missgelaunt.
„Cocktails mixen bei einer Benefizveranstaltung" , lamentiert Massimo.
« Und das alles nur wegen diesem Psychopathen!", setzt Erik die Litanei grummelnd fort.
„Also wirklich, Leute!", rügt sie Sevic. „Das ist keine Strafe, dass ist eine Gelegenheit! Wann werden wir schon mal wieder so viele berühmte Persönlichkeiten sehen?
Ich werde jedenfalls jeden, der bei uns einen Cocktail bestellt, um ein Autogramm bitten!"
Sie passieren gerade das Hamburg Dungeons, als direkt hinter ihnen ein schauriges Lachen ertönt. Sie fahren mit vierfach wild klopfenden Herzen herum.
„interessant, was ihr so über mich denkt , kleine Lieblingsmenschen!", sagt FATE mit beißender Ironie.
„Eigentlich wollte ich euch ja etwas Gutes tun! Aber nun bin ich wegen dieser Beleidigungen ziemlich verschnupft!"
Massimo bekreuzigt sich und scheint auf Italienisch zu beten, Mustafa erblasst und stottert: „Ent- Entschuldigung liebster Fate! Das. War nur so dahingesagt! Das stimmt na- natürlich nicht!"
Auch Erik stammelt einenEntschuldigung.
„ Naaa gut! Weil ihr meine Lieblingsmenschen seit!", schnurrt Fate. „Aber was Bitteschön ist ADHS?"
Sie gucken sich unbehaglich an.
„Sehr bedauerlich, dass ich heute nur gute Dinge machen darf", schnarrt er , als Erik es erklärt.
„Also, wenn ich bitten darf, Eure Wünsche!"
„Ich wünsche mir heute ganz viel zu lernen und Herrn von Ammern zufriedenstellen", prescht Sevic vor.
„Ich möchte, dass unsere Strafen für den Autodiebstahl mit diesem Abend abgegolten sind!" , tönt Mustafa.
„Ich Äh- möchte unbedingt mit der hübschen Jungschauspielerin aus meiner Lieblingsserie „Love interest" einen Abend ausgehen!", führt Massimo mit glühenden Wangen aus.Nur Erik sagt nichts.
„Also gut Jungs, ich erfülle euch diese Wünsche... Aber was möchtest du mein kleiner Lieblingsmensch?"
Erik starrt verlegen zu Boden. Er wird knallrot, dann räuspert er sich.
„Ich wünsche mir, das ich noch einmal als Valeska mit Jonathan intim werden darf."
Fate schaut ihn ausdruckslos an. „ Aha, da war die Idee mit der Maske gut?"
Entsetzt blickt Erik ihn an. „ Du...", flüstert er.
„Ja, Menschchen! Ich hatte da auch meinen „ Guttag". Also gut. Ich werde sie dir im Laufe des Abends hinlegen. Bedenke, dass du nur bis Mitternacht hast!"
„Danke Fate", bringt Erik gerade No v hervor, dann sind sie an der Location angekommen.„Ach Joachim! Ich komme mir wie im Traum vor" säuselt Frau Silvia ihrem Gatten zu, als sie im Taxi Richtung Speicherstadt sitzen.
Er im adretten Zweireiher mit Fliege, sie im Designernkleid aus Münchens bester Edel boutique. Machen wir uns nichts vor, Frau Silvia kann dieses tragen und sie wird heute Abend der Blickfang der Gesellschaft sein. Ihre schlanke Figur, die von Chirugenhand perfekt geformten Brüste sowie das raffiniert geliftete Gesicht lassen ihr wahres Alter nicht erahnen. Ihr langes honigblond gefärbtes Haar ist zu einer komplizierten Hochsteckfrisur aufgetürmt, die sie heute noch bei einem bekannten Hamburger Promifriseur hat machen lassen.
„weißt du noch alle Eckdaten über unseren Gastgeber und welche Gesprächsthemen angemessen und welche absolute No Gos sind?", befragt sie streng ihren Gatten. Dieser zählt folgsam alles auf und dann sind sie auch schon am Ziel!
„Der Abend wird unvergesslich!", befindet Frau Silvia während sie staunend das raffiniert illuminierte Gebäude betrachtet.„ Hey, Erik Benedikt! Mach mir bitte einen Singapore Sling!", ordert Jonathan herrisch. Er ist schlechtgelaunt, die Absage von Leska nagt sehr an ihm und nun soll er gleich die von Säggerns aus München in Empfang nehmen, smalltalk machen und sie mit der Prominenz Bekannt machen.
„ ich erwarte, das sie sich tadellos wohl fühlen und du ihnen keinen Grunf zur Klage gibst! Sie sind sehr sehr wichtige Kontakte!", schärft Theo seinem Sohn ein.
Wäre nur Leska hier! Sie würde alles so viel erträglicher machen! Er würde sie wie unabsichtlich immer wieder leicht berühren und nach dem ersten Cocktail würde er sie küssen, sie...
„So, Jonathan, hier ist dein Cocktail", zitternd und etwas sehr schwungvoll reicht Erik ihm das Glas. - „scheisse! du hast mein Hemd vollgespritzt!!" brüllt er ihn an.
Das Eriks kleine Freunde blöde lachen ob seiner etwas unglücklichen Wortwahl macht seine Laune nicht besser. Er stellt das Glas ab und fasst über die Theke nach seinem Kragen und schüttelt ihn kräftig. „Du blöder Idiot! Los, gib mir dein Hemd und du darfst meins tragen!"
Mustafa muss sich abwenden , so sehr muss er lachen.
„Sei froh, dass du Valeskas Bruder bist, ich würde dich sonst fertigmachen!"
„Guten Abend!", erklingt in diesem Moment eine kultivierte und sehr distinguierte Stimme hinter ihnen.
„Sind Sie Jonathan von Ammern?"
Er wirbelt herum und vergeht vor Scham, als er die Eheleute von Säggern vor ihm stehen sieht, denn niemand anderes kann es sein.
„Verzeihen Sie vielmals Gnädigste. Das Personal.... Schrecklich und so unzuverlässig ... ich werde mich gleich umziehen müssen, dank des Trampels dort. Aber verzeihen Sie vielmals meine Unhöflichkeit!
In der Tat bin ich Jonathan von Ammern und Sie müssen die bezaubernde Silvia von Säggern und Sie ihr Gatte Joachim von Säggern sein! Herzlich willkommen zu unserer Benefizgala zugunsten der Krebsforschung!"
Er ergreift vorsichtig ihre Hand, deutet einen formvollendeten Handkuss an und schüttelt ihrem Gatten kräftig die Hand.
„Wie wäre es mit einem Aperitif?"
„Sehr gern, Jonathan. Ich nehme auch einen Singapore Sling, wenn das Ihr doch recht unerfahrenes Personal nicht überfordert?"
„Gern, Teuerste. -
Du hast Frau von Säggern gehört!", Weiss's er Erik harsch an.
Herr von Säggern begnügt sich mit einem Glas „Châteauneuf du Pape réservé »
Eriks Hände zittern schon wieder. Nicht nur, dass er sich vor Jonathan und unzähligen Gästen, die die Szene amüsiert verfolgen, bis aufs Mark blamiert, sein Kopf ist wie leergefegt, seit er weiß, dass er erneut die goldene Maske tragen darf. Er kann nur an dieses geile Gefühl und Jonathans Hände und Körper denken, die mit seinen- äh Valeskas Körper, die aufregendsten Dinge angestellt hatten...
KRACH! Scheppernd fällt ihm das - noch leere - Cocktailglas zu Boden.
Massimo steht plötzlich neben ihm: „ Ich übernehme das Digga- reiss dich mal zusammen und mach mal ne Pause- dann geht das Blut auch wieder in den Kopf zurück"
Laut und an Frau Silvia gewandt: „Scusi Signora! Ich mache ihnen einen Singapore Sling und für Ihren Gatten den Châteauneuf!" eilfertig macht Massimo sich ans Werk und Erik verschwindet unauffällig. Frau Silvia lächelt nun wieder generös und nippt vornehm an ihrem Getränk bis Jonathan. sie zum Tisch führt, wo sie neben einer bekannten Fernsehschauspielerin , Hamburgs stellvertretendem Bürgermeister und einem Millionenschweren Spediteur zu sitzen kommen.
Theodor stößt schließlich zu Ihnen und angeregt unterhalten sie sich während des Essens über zwei nicht näher benannte Damen, die ihnen das Leben schwer machen.
Die nächsten zwei Stunden zählen für Silvia zu den schönsten ihres Lebens. Jonathan legt sich ins Zeug und stellt sie nahezu jedem der knapp 100 Gäste vor und sie hört gar nicht mehr auf zu plappern und fasziniert zuzuhören.
Herr von Säggern sitzt ruhig an seinem Platz und unterhält sich mit einem Architektenpaar und fachsimpelt über Hamburger und Münchener Stadtentwicklung.Erik ist währenddessen für 10 min an die frische Luft getreten.
An einem Poller sieht er ein verdächtiges goldenes Glitzern. Er eilt hin, reißt die Maske an sich und will sie sich aufs Gesucht drücken...
„Stopp! Überlege es gut, Junge. Du hast nur zwei Stunden und du könntest jeder sein! Warum deine Schwester?"
Fate ist materialisiert und starrt Erik geradezu eindringlich an.
„ weil es einfach das beste war, was ich je gefühlt habe! Ich möchte es nochmal fühlen und dann möchte ich das gleiche für das Mädchen machen, das ich liebe!" , sagt er pathetisch und patzig zugleich.
„Oh, du hast eine Auserwählte?"
„Nein"
„ Schon mal drüber nachgedacht, dass du vielleicht... hmm .. der Liebe zu Männern zugeneigt bist?"
„ Ich bin nicht schwul", brüllt Erik.
Wütend drückt er die Maske an sich und sagt kurz darauf. „ Ich möchte meine Schwester Valeska sein!"
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Die Benefizgala- Teil 1
Short StoryDie Kurzgeschichte entstand im Rahmen der Schreibchallenge „Protastik"auf Instagram. Die Aufgsbe lautete: deine verpeilteste Figur soll auf einer Feier Cocktails mixen. Was passiert?