Der Anruf

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PHOEBE POV

<So ein verdammter Mist> Ich weiß genau, dass Dad und Mum enttäuscht sind von mir. Hoffentlich reagiert mein Vater nicht über. Das tut er ja gerne mal. Als ich vor einem Jahr hier nach Havard kam, da hab ich wochenlang mit Engelszungen auf Dad eingeredet und ihm so oft versprochen, dass er es nicht bereuen wird, wenn er zusagt, dass ich ohne meinen ewigen Schatten Luke Sawyer hier sein kann. Ted ist nun schon im dritten Jahr seines Studiums und durfte von Anfang an alleine hier leben. Er musste nie darum kämpfen.

Da ich von meiner Mum weiß, dass Dad sehr gut auf Kompromisse reagiert hab ich ihm damals vorgeschlagen, dass Ted und ich zusammen ziehen. Diesen Vorschlag hat er gut aufgenommen und nun wohnen wir hier in diesem super stylischen Loft zu zweit, mit Sicherheitstechnik wie in Fort Knox, einem Panikroom und mit Chips unter der Haut die ständig unsere GPS Daten nach Seattle durchgeben.

Nach der Fast Entführung meines kleinen Bruders und eines Vorfalls rund um Ted hatte mein Vater eine richtige Phobie entwickelt in Sachen Sicherheit. Aber irgendwie versteh ich das auch. Er ist einer der reichsten Männer der Welt. Uns zu kidnappen könnten die Verrückten dieser Welt sicher als Möglichkeit sehen an eine Menge Geld zu kommen.

Warum Dad zwischen Ted und mir einen Unterschied macht, ist auch klar. Ich bin ein Mädchen, seine kleine Prinzessin. Angeblich hat er kurz nach meiner Geburt zu mir gesagt, dass es Sex erst mit 30 gibt und ich bis dahin unter Hausarest stehe. Nun, dank Mum ist es nicht so gekommen. Aber wenn er wüsste, dass ich meine Unschuld schon mit 16 verloren habe, er würde wohl tagelang rum wüten. Und Mum? Der kann ich sowas gar nicht erzählen. Sie ahnt es wohl, aber mit ihr darüber sprechen? Nein. Dad ist der einzige Mann mit dem sie je geschlafen hat. Ich denke, sie würde mich nicht verstehen.

Aber im Moment muss ich mich eh mit einer anderen Sache beschäftigen. Der Direktor hat mir gerade mitgeteilt, dass ich für drei Tage suspendiert bin. Und das weil mich dieser blöde Prof auf dem Heimweg erwischt hat. Ich war mit zwei Freundinnen unterwegs und ja, wir haben etwas getrunken. Aber nicht so viel, dass ich stark betrunken war. Aber er hat ja nur auf diese Gelegenheit gewartet um mich anzuschwärzen und dem Direktor blieb dann auch nichts anderes übrig. Gut, dass er meine Mum angerufen hat und nicht Dad. Sie war ziemlich gefasst. Aber ich bin sicher, sie wird nicht lange zögern, bis sie es Dad erzählt und dann kann ich mich auf was gefasst machen. Ich bin gerade mal 19 Jahre alt und sollte eigentlich gar keinen Alkohol trinken. Aber ey, wer tut das nicht. Ich übertreibe es auch wirklich nie.

Warum ich getrunken habe? Wahrscheinlich, weil ich soviel in meinem Kopf habe, über das ich nachdenken muss. Vor allem über das, was Evan zu mir gesagt hat. Und das ist schwierig. Ich hatte die wirklich beste Nacht aller Zeiten mit ihm, aber es sind ein paar Dinge passiert, über die ich nachdenken muss. Gott sei Dank, macht er mir keinen Druck. Noch nicht.

ANA POV
Das Haus so leer, keine Stimmen, keine Musik. Nichts. Ehrlich? Mich macht das unruhig. Damals, als wir das Haus am Sound gekauft haben, da war es mein ganz großer Traum. Ich wollte es unbedingt und hier mit Christian leben und unseren Kindern. Zwischenzeitlich haben wir diesen Traum auch gelebt. Aber nun sind Ted und Phoebe die meiste Zeit in Boston und Alex ist tagsüber in der Schule und danach meist beim Sport. Er ist eine wahre Sportskanone. Ganz in Gegensatz zu seinem Bruder, dem schon eine Einheit mit Christian oft zu viel ist. Ich hoffe seine Freundin wird ihm das nicht durchgehen lassen. Er hat schon ganz schön die Tendenz zu einem Couchpotatoe. Phoebe macht zwar auch Sport, aber nur um sich fit zu halten. Sie läßt da eher mal alle Fünfe gerade sein. So wie ich. Aber Alex, wie gesagt, der eifert jetzt schon seinem Vater nach.

Unsere Kinder sind so einzigartig. Jedes auf seine Weise. Ted ist äußerlich wie Christian, bis auf meine Augen, aber er liebt wie ich Bücher und hat schon ziemlich früh klar gemacht, dass er den Verlag übernehmen will. Nun studiert er in Harvard Literatur und Medien-Management. Er hat sehr viele Idee, wie er das Unternehmen, das immer noch mir gehört und dessen CEO ich bin, zukünftig weiter entwickeln möchte. Letztens hat er ein langes Gespräch mit Kates Vater geführt. Kavanagh Media, dessen CEO er ist und dessen Stellvertreterin seit letztem Jahr Kate ist, wäre ein idealer Partner für Grey Publishing. Meint jedenfalls mein Sohn. Wenn er 25 ist, werden wir ihm den Verlag übergeben. Das ist abgemachte Sache zwischen Christian und mir. Wenn er mit 24 von der Uni kommt, wird er als mein Stellvertreter beginnen und den Verlag von der Pike auf kennenlernen. Was eigentlich Blödsinn ist, denn er arbeitet schon in den Semesterferien und er betätigt sich auch als Lektor. Er liebt Fantasy Romane und da überlasse ich ihm gerne das Feld.

PhoebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt