Privatuni

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"Nein, ich will nicht auf diese Scheiß-Uni!"
"Beruhige dich, Angel, du weißt, dass ich nur dein Bestes im Sinn habe. Und auf dieser Uni wirst du viele Sachen fürs Leben lernen."
"Ist mir doch egal, ich will nicht dahin."
"Das steht nicht zur Debatte. Dein Flug geht in einer Stunde. Bring also deine Sachen runter und benimm dich nicht wie eine Zweijährige."

Mit diesen Worten dreht sich mein Vater um und geht aus meinem Zimmer, wo ich noch immer sauer im Raum stehe und mich mit Tränen in den Augen ins Bett fallen lasse und in mein Kissen schreie. Zwei, drei Minuten, aber dann höre ich auch, wie meine Zimmertür aufgeht und mein Vater hereinkommt.

"Hey Schatz, ich mag nicht, dass du sauer jetzt auf mich bist. Du weißt, dass ich das nur lieb meine und an dich denke."
"Ich weiß...aber kann ich nicht noch was warten?"
"Schatz, Star und Ray gehen dieses Jahr auch, vielleicht fällt es dir ja so leichter."
Er drückt mir einen Kuss auf die Wangen und trägt mich hinunter in die Küche.
"Also fahren wir jetzt Star und Ray abholen?"
Ich nicke und wir gehen zusammen zum Auto, und keine zehn Minuten später sitzen sie auch im Auto.

"Hi Angel, freust du dich schon?"
"Hahaha, du weißt wie ich zu dieser Uni-Sache stehe", entgegne ich trocken und starre aus meinem Fenster.

Star und Ray sind meine besten Freunde. Ich würde niemals etwas ohne sie machen. Und wenn ich weiß, dass sie mal nicht in die Schule oder Uni kommen, kann ich auch nicht, das ist schon seit dem Kindergarten so.
Irgendwann schweife ich in meine Fantasien ab, bis mich Star wach rüttelt.

"Komm, das Flugzeug wartet."
"Ja, ich komm' ja schon."
"Du weißt, wie sie ist, was sowas betrifft, Angel."
"Ja, das kann ich aber echt nicht nachvollziehen."

Ray zuckt mit den Achseln und lässt mich mit meinem Vater allein, damit ich mich verabschieden kann.
"Ich schreib' dir, Princessa."
"Versprochen?"
"Klar, und jetzt geh! Du wirst Riesenspaß haben, da bin ich mir sicher. Und in fünf Monaten sehen wir uns ja wieder wegen den Winterferien."
"Hab dich lieb, Papa."
"Ich dich noch mehr, Kleines."

Ein letzten Kuss drückt er mir auf den Kopf und dann gehe ich zum Flugzeug.
Den ganzen Flug lang schlafe ich mit Kopfhörern in den Ohren, und auf der Fahrt vom Flugplatz zur Uni schlafe ich weiter. Und selbst während ich meine Sachen einpacke, bin ich noch in einem Dämmmerschlaf, und erst beim Essen in der Cafeteria werde ich richtig wach.

"Kommst mir das nur so vor oder schauen die mich alle komisch an?"
"Das ist bestimmt nur, weil wir drei für deinen Vater immer wieder gemodelt haben und darum auch in verschiedenen Magazinen drin waren. Ich glaube nicht, dass sie dich wegen was anderem anschauen."
"Eben, du machst dir viel zu viele Gedanken, Angel, atme einfach mal durch und denk nicht immer ans Schlimmste."
"Nachdem sie die Eltern von einem getrennt haben, denkt man immer ans Schlimmste. Und da kann man machen, was man will, Ray."
"Sorry."
"Nicht schlimm, das sollte kein Vorwurf sein. Ich meine das nur, weil du uns so paranoid vorkommst."
"Bin ich nicht."

Sauer stochere ich in meinem Salat weiter und mustere die anderen Schüler. Sie sehen alle normal aus, manche älter und andere sogar jünger als ich. Und ich mit meinem 19 Jahren bin schon einer der Jüngsten. Da fällt mir ein Junge auf. Sein Gesicht kommt mir bekannt vor. Aber ich weiß nicht, woher ich es kenne, weshalb ich mich an Star wende.

"Hey Star, siehst du den Jungen, der mit den ganzen Mädchen und seinen Kumpels an einem Tisch sitzt?"
"Meinst du den mit den schwarzen Haaren und diesen grün-blauen Augen? Ja den sehe ich, wieso?"
"Er kommt mir irgendwie bekannt vor, aber ich weiß nicht woher."
"Boah, dein Vater ist der zweitberühmteste Modedesigner und du kennst den Jungen da drüben nicht?"
"Wie schon gesagt, ich weiß nicht, wer das ist."
"Das ist Santos Délandia. Der Sohn des Weltweit bekannten Modedesigners Agres Délandia. Von dem hast du aber was gehört, oder?"
"Klar, mein Vater hat ihn als sein großes Vorbild und in manchen Sachen machen sie sogar was zusammen. Und der ist sein Sohn?"
"Ja, man sagt, dass sein Vater ihn auch für sich modeln lässt, aber er darf nur in ausgewählten Seiten oder so ein Kram vorkommen."
"Als ob der so besonders ist."
"Ist er aber. Die ganze Welt kennt seinen Vater, und man setzt die selben Hoffnungen in seinen Sohn."

In diesem Moment merke ich, wie Unruhe an dem Riesentisch aufkommt und der Junge aufgestanden ist und auf dem Weg zu unserem Tisch ist.
Einzelne Wörter kann ich aber trotz der Unruhe vom Nachbartisch hören.
~Was will Santos von ihr?~
~Habt ihr das mit ihren Eltern gehört?~
~Ja deswegen gabs doch ein Riesendrama, dass er sich von seiner Frau trennen will und nachdem er auch noch das Unternehmen behalten hat, hat man sich gesagt, dass sie ihn um Geld angefleht hat und jetzt noch immer auf seiner Kohle lebt.~
~Diese ganze Familie ist nicht dicht. Seine Tochter kommt mir nämlich genau so vor.~
~Ja und darum sollte sich Santos auch von ihr fern halten, das schadet nur seinem Ruf.~

Aber mehr bekomme ich nicht mehr vom Tisch mit, da mich der Junge, also Santos, aus meinen Gedanken reißt.
Er hat eine tiefe, aber irgendwie auch sanfte Stimme, als er mich anspricht.
"Du bist Angel Manilia, oder?"
Aber ich antworte ihm nicht.
"Was hast du? Kannst du nicht mit mir reden? Ich weiß, dass unsere Väter beide ein be..."
Den Rest kriege ich nicht mehr zu Ohren, da ich ihn unterbreche.
"Tut mir leid, Mister Santos, aber wenn du dich weiter mit mir abgibst, dann schadet das deinem Ruf, so wie die Mädchen da es passend formuliert haben, also entschuldige ich mich."
"Wa..."

Ich warte nicht mehr ab, was er sagen will, und verschwinde nach oben in die Etage, wo die Mädchen-Schlafräume sind. Ich sehe nur noch, wie er verwundert mir nachschaut.
"Tut mir leid, meine Freundin ist manchmal etwas abwesend und redet dann Scheiße, ich geh' mal nach ihr schauen. Gute Nacht, Ray."
"Nacht", murmelt er und Star läuft mir nach.

AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt