Prolog

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Matthew

„Wie zum Teufel kann das möglich sein? Er sollte für den Rest seines Lebens eingesperrt sein! Sag mir, wie es so weit kommen konnte? Sind in dieser Einrichtung nur Idioten am Werk?"

Ich tobte, wütete und zerlegte beinahe mein ganzes Büro in seine Einzelteile, während Romeo und Bash mich still dabei beobachteten.

Beinahe hätte ich Romeo, dem Mann, der dafür gesorgt hatte, dass Ben eingesperrt und nie wieder herausgelassen werden sollte, meine Faust in sein Gesicht gerammt. „Du hattest mir dein Wort gegeben, dass er in der Klinik verrottet. Wie konnte er also entkommen?"

Er sah sich in meinem Büro um, auf dessen Boden die Fotos meiner Tochter überall verstreut lagen. Heute Morgen erhielt ich einen Umschlag ohne Absender an mich persönlich adressiert. Darin waren sie. Er schien Maddison einige Tage, wenn nicht sogar Wochen gefolgt zu sein und hatte mir eine Auswahl seiner Sammlung geschickt, wie er es nannte und versprochen, dass er sie holen würde, damit sie den leeren Platz, den einst ihre Mutter in seinem Herzen hatte, füllen konnte. Sie war erst achtzehn Jahre alt und sollte von den Grauen, die in dieser Welt lauerten, noch nichts mitbekommen.

„Scheinbar hat er eine der psychiatrischen Schwestern verführt. Man hat sie in ihrer Wohnung gefunden, ertrunken in der Badewanne. Es wurde jedoch kein Abschiedsbrief gefunden. Die Officer gehen davon aus, dass sie ihm bei seiner Flucht geholfen hat und Ben sie dann loswerden musste."

Es hatte mich schon immer fasziniert, wie Romeo in scheinbar sämtlichen Lebenslagen diese Ruhe und Gelassenheit ausstrahlen konnte. Ich mochte ihn dafür, doch heute wollte ich ihn für genau diese Charaktereigenschaften eine reinhauen. Dabei war mir bewusst, dass er nichts für diese Situation konnte.

„Ich könnte Personenschutz für Maddie veranlassen", meldete sich Bash, mein Freund und Anwalt, zu Wort.

Am liebsten würde ich sie zu Hause einsperren, schoss es mir durch den Kopf, doch dann bräche die Hölle los. Unglaublich, wie sie sich im Laufe der Jahre verändert hatte. Als Kind war sie so aufgeweckt und lebhaft, dass sie scheinbar nie den Mund hielt. Heute war ich froh, wenn sie überhaupt mit mir sprach, doch das schienen die Begleiterscheinungen einer Heranwachsenden zu sein. Meine Frau konnte damit weitaus besser umgehen wie ich, denn wen es nach mir ginge, wäre sie für immer die zweijährige geblieben, die mir versprach, für immer bei mir zu bleiben und mir wie ein Schatten überall hin folgte.

„Wie soll ich das Thalia erklären?" Ich ließ mich auf einen der Sessel fallen und sackte förmlich zusammen. Zudem musste ich John anrufen und dieser ging mit Sicherheit genauso durch die Decke, wie ich es tat. Auch wenn Ben für Brooke und Valea scheinbar keine Gefahr darstellte. Sein Ziel war meine Tochter.

Man sollte keines seiner Kinder bevorzugt behandeln, aber in meiner Familie war es ein offenes Geheimnis, dass ich sie von allen meinen Kindern am liebsten hatte. Es war Fluch und Segen zugleich. Während ihre Brüder mit sämtlichen Dummheiten davon kamen, hielt ich eisern meine Hand über meine einzige Tochter.

Erst vor wenigen Wochen brachte sie ihren ersten Freund mit nach Hause und diese Begegnung endete in einer Katastrophe, zumindest für den Lappen, der vor unserer Tür stand. Ich konnte mich nicht einmal an seinen Namen erinnern, dabei hatte er ihn bestimmt genannt. Vielmehr erinnerte ich mich mit einem zufriedenen Grinsen daran, wie er regelrecht aus dem Haus rannte, nachdem ich mit ihm fertig war.

Maddie redete mehrere Tage nicht mit mir und auch meine Frau ließ mich ihre Unzufriedenheit deutlich spüren. Zumindest meine Jungs hatten durchweg ihren Spaß an der ganzen Sache und rückwirkend betrachtet hatte es sich gelohnt, diesen Typen loszuwerden. Er würde nicht der einzige bleiben, den ich in die Flucht schlug, um Maddie vor schlechten Entscheidungen zu bewahren. Doch zuerst musste ich irgendwie das drohende Unheil abwenden, dass wie ein dunkler Schatten über uns alle schwebte.

Niemals würde ich den Anblick von Brooke vergessen, wie sie blutend im Restaurant auf dem Boden lag, nachdem das Monster ihr mehrmals ein Messer in den Bauch gerammt und somit sie sowie meinen Neffen in Lebensgefahr gebracht hatte. Ebenso den Ausdruck in Thalias Gesicht, als sie Ben ihren Ex, nach Jahren das erste Mal gegenüber war.

„Ich dachte immer, du wärst perfekt, aber nun bist du verdorben." Das waren die Worte, die er an meine Frau richtete und dass Maddison beinahe das Ebenbild ihrer Mutter war, schien seinen Wahnsinn erneut befeuert zu haben. Wenn er Thalia nicht haben konnte, sollte zumindest in seinem kranken Kopf Maddie diesen Platz einnehmen.

„Ich hätte ihm damals seinen Schädel einschlagen sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte", entfuhr es mir.

Schweigend saßen wir drei in meinem Büro. Jeder ging seinen eigenen Gedanken nach, bis Romeo derjenige war, der die Stille durchbrach. „Was ist mit dem Jungen, um den du dich seit ein paar Jahren kümmerst. Der Neffe oder was auch immer von deinem ehemaligen Chauffeur. Caiden heißt er, glaube ich."

Ich hob meinen Kopf und sah ihn an. „Du meinst Colton?"

„Genau stecke ich in der Materie ja nicht genau drin, aber du hast ihm geholfen auf die Beine zu kommen? Bevor du ihn auf eine Universität geschickt hast, war der doch bei den Marines und hat dort vier Jahre bis zu dieser einen Sache gedient. Also wird er eine gewisse Erfahrung haben. Quasi eine Ausbildung, um auf deine Tochter aufzupassen."

Romeos Vorschlag war gar nicht so verkehrt. Colton war gleich nach der Highschool den Marines beigetreten und hat dort eine hervorragende und besonders harte Ausbildung genossen. Die Gründe, aus welchen er dem Militär den Rücken gekehrt waren ehrenhaft, haben ihn aber am Ende zutiefst gebrochen. Der Blick, mit dem er mich vor zwei Jahren ansah, als Tobias und Faye ihn mir vorstellten, zeigten mir einen willensstarken, aber verletzten Mann.

„Dein Vorschlag ist gut, aber seine Ausbildung dauert noch zwei Jahre. Ich schicke ihm nicht auf eine Universität, um ihn eine Ausbildung zu ermöglichen, nur um ihn diese Chance dann wegzunehmen." Auch wenn er in meinen Augen wirklich die perfekte Besetzung war.

„Dann lass uns erst einmal den Personenschutz beauftragen", sprach Bash ruhig. „Wir können es heimlich machen, ohne dass Thalia oder die Kinder etwas davon mitbekommen. Euer Haus könnten wir auch aufrüsten, auch wenn es jetzt bereits einer Hochsicherheitseinrichtung ähnelt."

Das entsprach der Wahrheit. So abgelegen wir auch lebten, niemand konnte auch nur einen Fuß auf unser Grundstück setzen, ohne an Sicherheitsleuten vorbeizukommen.

„Nimm schon einmal Kontakt mit Colton auf, erkläre ihm alles und vielleicht findet ihr eine Lösung. Der Junge ist nicht dumm und er ist dir etwas schuldig." Bash beendete seine kurze Ansprache und ließ mich mit einigen Ideen und Gedanken zurück, die ich abwiegen und sortieren musste.

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