Maddison
Oh Gott! Was hatte ich da getan? Sollte Colton wirklich kündigen dann blieb alles an mir hängen, sobald Matt in Afrika wäre. Er und sein Partner Parker würden den Kontinent erkunden und zeitgleich unsere Eltern besuchen, die nun schon seit einigen Monaten dort waren. Um ehrlich zu sein wäre ich ohne Colton komplett aufgeschmissen und könnte direkt ins Büro ziehen, denn von meinem Zuhause würde ich nicht mehr allzu viel sehen.
Was vermutlich auch keinen großen Unterschied darstellen würde. Ich war in diesem riesigen Haus ganz alleine. Damals, als wir alle Kinder waren und es nie wirklich still war, hatte ich mir so manches Mal Ruhe gewünscht. Doch diese schien mich inzwischen beinahe zu erdrücken. Zwar war ich nicht alleine auf dem Grundstück, aber es war einfach nicht dasselbe.
Es waren Faye und Tobias, die vor Jahren in das ehemalige Poolhaus zogen. Meine Eltern hatten darauf bestanden, damit sie im Alter nicht alleine waren oder schlimmer noch, in eines dieser Heime ziehen mussten. Die zwei hatten schon für unsere Familie gearbeitet, als mein Dad noch ein Teenager war und es war immer wieder amüsant, wenn sie Geschichten über seine rebellische Phase zum Besten gaben.
Wenn mich die Einsamkeit überkam, ging ich oft zu ihnen herüber, aber die Gefahr Colton dort über den Weg zu laufen war allzu präsent. Immerhin war er ihr Neffe. Zwar hatte ich damit nie wirklich ein Problem, aber heute wollte ich ihm wirklich nicht in die Arme laufen. Ich konnte mich ja selbst kaum im Spiegel ansehen, so sehr lastete dieser kurze Ausbruch meinerseits auf mir.
Und so saß ich alleine auf dem riesigen Sofa, während im Hintergrund irgendeine Serie lief und schaufelte Unmengen an Eiscreme in mich hinein. Auf meinem Smartphone betrachtete ich die neusten Fotos, welche Mom mir geschickt hatte und war somit auf dem neusten Stand der Dinge. Vermutlich würden die zwei auch im nächsten Jahr nicht wieder zurückkommen, aber es sei ihnen gegönnt. Solang ich mich zurückerinnerte schwärmte Mom von Afrika und Dad konnte ihr nie wirklich einen Wunsch abschlagen. Es war das Land in den sie davon erfuhren, dass sie es tatsächlich geschafft hatten eine Familie zu gründen. Auch wenn die Hintergrundgeschichte etwas kompliziert schien und sie nie wirklich verrieten, was genau damals eigentlich vorgefallen ist.
Vielleicht sollte ich mir ein Haustier zulegen. Wir hatten früher Katzen und da meine Geschwister scheinbar alle ihre Partner gefunden hatten, auch wenn ich bei Trent noch nicht so genau durchstieg, war es doch nur logisch, wenn ich die verrückte Katzenlady werden würde. Immer noch besser als die betrunkene, kinderlose Tante, die ich aus anderen Familien kannte.
Es war gefühlt Ewigkeiten her, dass ich einen Partner an meiner Seite hatte und für One-Night-Stands war ich einfach nicht der Typ. Der Letzte blieb nicht lang, dafür hatte Dad gesorgt und wir hatten einen riesigen Streit, der darin resultierte, dass ich mehrere Wochen nicht mehr mit ihm sprach und ihm aus dem Weg ging. Mom war darüber so aufgebracht, dass sie ihm regelrecht die Pistole auf die Brust setzte, sollte er das nicht wieder auf die Reihe bekommen.
In dem Gespräch, welches wir dann führten, ließ ich meinen gesamten Frust heraus. Ich hasste es der Liebling meines Dads zu sein. Als Kind war es toll, aber je älter ich wurde, desto schwieriger war es zu ertragen. Meine Brüder konnten scheinbar tun und lassen, was sie wollten, während er mit Argusaugen über mich wachte.
„Mädchen sind einfach immer die Lieblinge ihrer Väter", antworte er mir damals und gab mir einen kleinen Einblick hinter seine harte Schale. Er wollte den perfekten Partner für mich. Niemanden, der mich nur ausnutzen und verletzen würde. Dieses Gespräch dauerte mehrere Stunden, an dessen Ende ich auf den Elefanten in Raum zu sprechen kam. Colton. Er war scheinbar der Sohn, von denen Dad schon drei hatte und den er trotzdem noch wollte. Er tat alles für ihn. Schickte ihn auf ein gutes College und machte ihn anschließend zu seinem Schatten. Dass er ihm die Leitung übertrug, zerriss mich förmlich, doch am Ende verstand ich sein Handeln. Ich sollte Leben und mich nicht vollkommen in der Arbeit verlieren. Colton war mein Joker, auch wenn ich es bis dahin nicht erkannt hatte.
Nun hatte ich dieses Leben, diese Freizeit und konnte es trotzdem nicht genießen, weil ich alleine war. Vielleicht war es ja mein Schicksal alleine zu sein. Meine Gedanken wurden unterbrochen, als ich an der Haustür ein Kratzen hörte. Vielleicht musste ich, zumindest diesen Abend, doch nicht alleine bleiben.
Damals, beim ersten Mal, hatte ich riesige Angst als ich das kratzen hörte. Doch mittlerweile wusste ich zu wem es gehörte und voller Vorfreude erhob ich mich und sprintete regelrecht zur Tür.
„King!", rief ich erfreut aus als ich die Tür öffnete und wurde schwanzwedelnd begrüßt. „Komm zu mir."
Ich hockte mich auf den Boden und der riesige, schwarz-braune Schäferhund tapste in meine ausgebreiteten Arme. Er wirkte äußerlich durchaus bedrohlich, war im Kopf aber ein Teddybär. Groß, doof und glücklich. Dass er vor meiner Tür stand konnte nur bedeuten das Colton heute Abend tatsächlich bei Faye und Tobias war. King war nämlich sein Hund und folgte seinem Herrchen auf Schritt und Tritt. Zumindest so lange ich nicht in der Nähe war. Wie auch immer ich es geschafft hatte, aber mein Fellfreund mochte mich scheinbar mehr als Colton und verbrachte seine Zeit lieber mit mir.
Als würde er hier leben, mit einer absoluten Selbstverständlichkeit, lief er an mir vorbei in Richtung des Wohnzimmers. Das gibt Ärger, dachte ich mir. Denn King würde es sich gleich mit mir auf dem Sofa bequem machen und laut Colton durfte er nicht aufs Sofa. Aber das waren die Regeln bei ihm zu Hause. Bei mir lief das alles ein bisschen anders ab. Es gab regelrechte Dramen, wenn Colton mal hier war und mitbekam, dass sein Hund ein Filetsteak von mir bekam, während er sich seinen Kaffee selbst kochen musste.
Scheinbar hatte ich einen von beiden lieber, meinte seine Onkel einmal und traf damit einen Nerv. Ich hatte keinen von beiden lieber, ich mochte sie nur auf unterschiedliche Art und Weise. Das war aber ein Geheimnis, welches ich nie preisgegeben würde.
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Hearts
RomanceMaddisons Augen lagen seit Jahren auf Colton. Doch niemals würde sie über ihren Schatten springen und ihm gegenüber ihre Gefühle offenbaren. Nicht nur, dass er durch ihren Vater als Verwalter des Familienunternehmens eingesetzt worden war, er schien...