Prolog

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Als ich in seinem Gesicht blickte, lief es mir eiskalt den Rücken runter. Wie konnte ich nur so blind sein? Wie konnte er noch am Leben sein, nach allem was war?

Meine Sicht verschleierte sich mit jeder weiteren salzigen Träne, die über meine Wagen lief und hinab auf mein offenes Knie tropfte. Ich zitterte am ganzen Leib. Ich war wie erstarrt, unfähig, eine einzige Bewegung zu machen. Mein verschleierter Blick fokussierte ihn und ich konnte ihn einfach nicht abwenden. Diese Angst lähmte einen vollkommen.

„Warum? Warum tust du das?" Krächzte ich trotz dessen, dass sich mein Hals zuschnürte.

Er verzog keine einzige Miene, als er die Waffe auf mich richtete. Seine Augen strahlten nur voller Kälte und voller Hass. Hass, der nur mir galt.

Wie konnte es nur so weit kommen? Ich dachte, ich hätte alles hinter mir gelassen. Aber jetzt holte mich alles wieder ein. Dieses Mal würde ich hier nicht leben rauskommen. So viel Glück hatte man nur einmal. Ich würde alleine sterben. Einsam sterben. Ohne, dass jemand an meiner Seite war. Aber ich würde Sie endlich wieder sehen. Ob sie mir böse war, wenn ich mein Versprechen brach?

Ob sie traurig werden, wenn ich nicht mehr da bin? Papa? Meine Familie? Freunde? Aber nein, das werden sie bestimmt nicht. Ich hatte ihre enttäuschten Gesichter gesehen, weil sie erfahren hatten, dass ich an allem schuld war. Dass ich mich nicht darangehalten hatte, was sie sich so sehr gewünscht haben.

Und was war mit ihm? Wann hatte ich mein Herz an ihn verloren? Wann hatte ich begonnen, mich unwiderruflich zu verlieben? An dem Mann, der mein sogenannter Feind sein sollte? Fühlte sich etwa so ein gebrochenes Herz an? Was ich damals verspürte, konnte man mit jetzt nicht vergleichen. Es war in tausend Stücke zersplittert und diese Stücke langen nun vor mir wie ein Scherbenhaufen. Diese tiefe Wunde würde niemals mehr heilen.

Ich wollte doch nur meine Liebsten beschützen, doch ich habe kläglich versagt. Es tut mir leid. Ich hoffe, dass ihr mir irgendwann verzeihen könnt. Ich wusste, dass ich bald sterben würde. Ich hatte mich schon vor einiger Zeit damit abgefunden. Ich hatte versucht, niemanden nah genug an mich ranzulassen, denn so größer wird der Verlust sein, diesem Menschen zu verlieren. Und einen geliebten Menschen zu verlieren, ist der größte Schmerz. Denn er kommt plötzlich und mit so einer Wucht, dass man das Gleichgewicht verliert und tief fällt. Aber man schlägt nicht auf, man fällt immer weiter, bis man an einem Punkt gelangt, wo man sich wieder fest auf beiden Füßen stellt. Dies kann Wochen oder sogar Monate dauern. Das hatte ich einmal erlebt und es war einer der schlimmsten Erfahrungen in meinem ganzen Leben.

Doch in den letzten Monaten hatte ich erlebt, wie es sein kann, glücklich zu sein. Das Leben zu genießen und jeden Moment wertzuschätzen. Ich wünschte, ich konnte zu dieser Zeit zurückkehren. Zu dieser Zeit, wo alles leicht war und ich mit Liebe überschüttet wurde.

Doch jetzt war es zu spät und ich musste mich verabschieden, ohne Rache genommen zu haben.

Es war totenstill, nur mein geschluchzt schallte wieder. Er sagte nichts und schaute mich nur mit einem teuflischen Grinsen an.

Das letzte, was ich hörte, war das laute und grauenvolle Geräusch, als er abschoss.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 24 ⏰

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Amaia - Clans of New YorkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt