18. Kapitel

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"Hey!" Ich schenke Binah ein breites Grinsen, was ich auch erstmal nicht schaffe, abzustellen.
Sie kommt rein und stellt ihre Schuhe - schwarze Converse - zur Garderobe. 
"Hi." Sie lächelt mich an, was mal wieder verdammt gut aussieht. Ich kann einfach nicht meinen Blick von diesen strahlenden dunkelbraunen Augen abnehmen. 
"Ähm, hallo?" Nikolas taucht hinter mir auf und mustert Binah von oben bis unten. Sie trägt heute einen roten Strickpulli mit weißem Weihnachtsmuster. Über ihre Beine streckt sich eine dunkelblaue Jeans im Boot-Cut. Sie sieht wunderschön aus. Ihre feinen schwarzen Locken hat sie wieder zu zwei Zöpfen zusammengebunden. Irre ich mich oder hat sie etwas Lipgloss auf ihre Lippen aufgetragen? Und ich glaube, auch ihre Wimpern sind getuscht. Beides hatte sie letztes Mal noch nicht. Sie scheint sich also auch hübsch gemacht zu haben. 
Ich stoße meinen Bruder in die Hüfte. Kann er Binah nicht erstmal ankommen lassen? 
"Hey, ich bin Binah.", stellt sich Binah jedoch geduldig vor. Ich weiß nicht, wie sie es schafft, so offen und nett zu sein, obwohl mein Bruder sie so zweifelnd begrüßt hat, aber ich bewundere sie total dafür. 
"Seid ihr zusammen?" Nikolas grinst und sieht von mir zu Binah und wieder zu mir.
Ich reiße die Augen auf und spüre, wie die Röte in meine Wangen schießt. Hilfe! Musste er das fragen? 
Ich werfe Binah einen kurzen Blick zu, auch ihr Gesicht ist errötet, soweit ich das durch ihren dunkleren Hautton beurteilen kann. Sie sieht nur auf den Boden vor ihr, während mein Blick zu Nikolas fällt. Ich sehe ihn mit aufgerissenen Augen an. Genau in seine Augen. Mein Blick soll ihm sagen Wart's ab, bis Binah weg ist! Dann gibt es Stress! Und zwar nicht nur ein bisschen!
Er scheint jedoch nicht verstanden zu haben, dass er gerade alle Grenzen überschritten hat, und beginnt, Binah auszufragen. 
"Wie alt bist du?", beginnt Nikolas. 
"Ähm, vierzehn." Binah scheint sich ganz und gar nicht wohl zu fühlen, verständlicherweise. Hilfe! 
"Was sind deine Hobbys?"
"Ähm, singen, tanzen und Klavier und Gitarre spielen."
"Aha. Hast du jemals etwas geklaut?"
"Ähm, nein? Sollte ich?"
"Gut. Wie findest du meine Schwester?"
"Wir müssen jetzt mal ganz dringend nach oben.", komme ich dazwischen. Ich umgreife Binahs Handgelenk und ziehe sie zur Treppe. So lange, wie es möglich ist, starre ich meinen Bruder mit einem bösen Blick an, aber er verdreht nur grinsend die Augen. 
Ich öffne die Tür zu meinem Zimmer. Als mir auffällt, dass ich noch immer an Binahs Handgelenk hänge, lasse ich schnell los und setze mich aufs Bett. 
"All Time Low, cool!", stellt Binah fest. Ich merke erst jetzt, dass noch immer All Time Low im Hintergrund vor sich hin singt. Gerade läuft Favourite Place. Ein relativ kitschiger Liebessong. Während wir in einem dieser amerikanischen Liebesmusicals, würden wir jetzt anfangen dazu zu tanzen und uns dann küssen. 
Aber stattdessen lässt sich Binah nur neben mich aufs Bett fallen. 
"Sorry wegen meinem Bruder. Der ist leider immer so und interessiert sich viel zu sehr für mein Leben." Ich verdrehe die Augen. Schlimm genug, dass er mich ausgefragt hat, jetzt muss er nicht auch noch Binah nach jeder Sekunde ihres Lebens fragen. 
"Alles gut." Sie lächelt, aber ich glaube das tut sie mehr aus Höflichkeit. "Voll das schöne Zimmer."
Ich finde mein Zimmer eigentlich relativ normal. Es ist nicht eins dieser wunderschönen Zimmer auf Pinterest, aber auch nicht total hässlich und ohne jedes Konzept. Ich mag es, aber als voll schön würde ich es nicht bezeichnen. 
Es setzt One Direction mit 'They Don't Know About Us" ein, ich hatte anscheinend die Wiedergabe ähnlicher Songs eingeschaltet. Okay, es geht wesentlicher kitschiger, als dieser Song, aber er ist doch ein ziemlich verknallter Liebessong. 
Ich spüre Binahs Blick auf mir und sehe zu mir. Sie lächelt verlegen. Ich knete nervös meine schwitzigen Hände. Ich weiß, ich kenne Binah noch gar nicht richtig, aber irgendwas hat sie an sich, was mich jedes Mal verrückt macht. Vielleicht dieser süße Blick, wenn sie nervös ist. Vielleicht auch das Lächeln, wenn sie verlegen ist oder die Bewegung, wenn sie eine ihrer Haarsträhnen um die Finger wickelt. Eigentlich sieht sie bei allem, was sie tut, gut aus. 
Der Song klingt ab und als 'Perfect', auch von One Direction, einsetzt, kann ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Noch ein Liebessong. Das kann doch kein Zufall mehr sein. 
"Ich...", setzen Binah und ich gleichzeitig beim Refrain an. Wir lachen. 
"Du zuerst.", sage ich verlegen grinsend. Es fühlt sich an, als wäre irgendwas zwischen uns. Irgendwas in der Luft, was ziemlich knistert. Es ist irgendwie romantisch, auch wenn ich die Atmosphäre meines Zimmers noch nie als romantisch empfunden habe. 
"Nein, ich, ähm... Ist egal." Sie streicht sich eine lose Haarsträhne hinters Ohr, die fällt jedoch sofort wieder in ihr Gesicht. 
"Nein, sag schon!", erwidere ich. 
"Sag du zuerst!", erwidert sie. 
"Nein! Du!" Ich lache. 
"Nee, du!" Grinsend schupst mich Binah, sodass ich aufs Bett falle. Ich stehe jedoch sofort wieder auf und räche mich bei ihr, in dem ich sie zur Seite schupse. Sie fällt ebenfalls auf die Matratze, während ich fast auf ihr drauf sitze und meine Hände an ihr Handgelenk halte, sodass sie nicht aufstehen kann.
Ich schnaufe. Auch Binah atmet schwer und wehrt sich nicht mehr, als wäre ihr die Kraft ausgegangen. 
Wir sehen uns einfach nur an, während One Direction's 'Little Things' einsetzt. Jetzt wird das aber ganz schön viel Romantik hier. 
Ich sehe Binah einfach nur in die Augen. Sie glänzen im Sonnenlicht. Erst jetzt fallen mir die hellen Sprenkeln darin auf. 
"I won't let those little things slip out of my mouth. But if I do, it's you. Oh, it's you, they add up to. I'm in love with you. And all these little things.", singt One Direction aus meiner Musikbox. Es ist leise. Nur die Klänge des Songs und der leise Atem von uns ist zu hören. 
Ich spüre das Kribbeln in meinem ganzen Körper. Ich kann einfach nicht anders. Es ist, als würde ich es automatisch tun. 
Ich hebe meine Hand von Binahs Handgelenk und streife eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Sie lächelt verlegen, was mich wieder total verrückt macht. 
Ich komme ihr immer näher. Näher und näher. Ich bin nur noch wenige Zentimeter von ihrem Mund entfernt. Ich kann meinen Blick nicht mehr von ihnen nehmen. Wie sie voll und glänzend vor mir liegen. Ich spüre Binahs warmen Atem in meinem Gesicht. 
Lächelnd schließe ich meine Augen und komme Binah immer näher und näher, bis... 
"Wolltet ihr nicht backen?" 
Es ist Nikolas, der grinsend im Türrahmen steht, als er uns erblickt. Sofort löse ich mich von Binah und setze mich knallrot und total verlegen auf. Danke fürs Zerstören der Romantik, Nikolas! Gott, irgendwann bringe ich diesen Typen um! Hat er noch nie etwas von Privatsphäre gehört. 
"Also, ähm, die Küche ist frei." Über die dünnen Lippen meines Bruders zieht sich ein vielsagendes Lächeln. "Aber ihr könnt natürlich auch erstmal... hier weitermachen." Er kann sich nicht mehr zurückhalten und prustet los. Dann verschwindet er, ohne die Tür zu schließen. 
Peinlich berührt streiche ich mir meine Haare hinter die Ohren. Ich traue mich nicht, Binah anzusehen. 
"Ähm ja, also dann... Lass uns backen gehen.", schlage ich vor, noch immer meinen Blick auf den Boden gerichtet. 
"Mhm.", stimmt mir Binah zu. Also schalte ich mit hochrotem Kopf die Musik aus und wir laufen runter in die Küche. 

You make it feel like Christmas (Deutsch, girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt