Als ich abends dann nach Hause ging, fühlte ich mich als ob ich abheben würde. Das letzte Mal als ich mich so erleichtert gefühlt hatte, war in der 6. Klasse, weil ich Mathe nicht verhauen hatte. Was Mathe anging, waren meine Eltern ausnahmsweise ziemlich streng. Klar, sie wollen das Beste für mich und so, aber trotzdem nervt es. "Hast du genug gelernt? Was hatten die Anderen für Noten? ' Und bla, bla, bla...
Schon war ich daheim angekommen, schloss auf und trat ein. Ich versuchte die Tür leise zu schließen, aber ein Luftzug erfasste sie und sie knallte laut zu. Wie ich es geahnt hatte, kamen meine drei Brüder Jo, Elijha und Sam die Treppe heruntergepoltert und ballerten mich mit Fußballergebnissen, den neuesten Ereignissen und sonstigem Kram zu der mich eigentlich, wie sonst auch, nicht wirklich interessierte. Ich meine, Fußball? Wie kamen meine Brüder auf die absurde Idee, Fußball würde ihre große Schwester in irgendeiner Weise interessieren? Naja, ich meine, es sind Jungs. Die denken da nicht groß drüber nach. In ihrer Logik ist es so, dass alle Dinge, die sie spannend finden, bei mir genau dieselben Begeisterungsanfälle auslösen. Als ich aus dem Geplapper aber das Wort 'Mobbing' hörte, war ich nun doch gespannt. "Seid mal bitte leise,", sagte ich an Jo und Elijha gewandt. "Ja was ist los?" fragte ich nun Sam. Sam erzählte, dass in der Schule zwei Jungs, die eine Klasse über ihm waren, ihm ein Bein gestellt haben und ihm wegen seines Dortmund-Fußballtrikots beschimpft und sogar rumgeschubst hatten. Sam war der jüngste und in der fünften Klasse. Eigentlich war er ein freundlicher und hilfsbereiter Junge. Er war eher ruhig, aber wenn man ihn reizte konnte er schon mal ausrasten. Er nervte auch ziemlich gerne seine Geschwister. Vor allem seine große Schwester. Aber ich hatte ihn natürlich trotzdem lieb. In dem Moment als er mir in allen Einzelheiten erzählte, wie gemein die beiden Sechstklässler zu ihm waren, kochte es in mir vor Wut. Wie konnten die es wagen, meinen kleinen Bruder mit ihren dreckigen Pfoten anzufassen?! "Hast du es einem Lehrer gesagt?" erkundigte ich mich und versuchte, meine Stimme unter Kontrolle zu halten. "Nein... äh... ich...,", druckste er herum. "Ich habe es keinem sagen können, da war gerade keiner und dann hat es schon gegongt. Es war ja dann auch schon egal" "Du musst es jemandem sagen." ermahnte ich ihn. "Sonst wird es noch schlimmer. Am Ende wirst du noch total verprügelt." sagte ich um meinen Worten Nachdruck zu verleihen. Sam nickte betroffen und verschwand wieder in seinem Zimmer. Ich hängte meine Jacke an den Haken, zog meine Schuhe aus und ging ins Bad um meine Hände zu waschen. Als ich zurück in den Flur ging, erfasste meine Nase den Duft meines Lieblingsessens. Nudeln mit Thunfischsoße. Also mit Käse mochte ich sie genauso, aber meine Mutter würde sie nur über ihre Leiche ohne alles kochen. Zu meinem Pech. Nudeln waren einfach das allerbeste auf der Welt! Aber freute, dass ich wenigstens heute in diesen Genuss kommen durfte. "Guten Abend mein Schatz,", begrüßte mich meine Mutter. "Na, war es schön bei Amy?" "Ja, war gut." antwortete ich knapp und setzte mich an den Esstisch.
Als ich heute Abend ins Bett ging fiel mir ein, dass wir ja morgen einen wichtigen Test in Englisch schreiben würden. Aber natürlich, hatte ich das mal wieder komplett verplant... Ich war nämlich ziemlich vergesslich was solche Sachen anging. Außerdem war ja noch die Sache mit Luna und dem Test dazugekommen, und da hatte ich wirklich schon gar keinen Platz in meinem Kopf für irgendwelche Englischvokabeln. Also setzte ich mich an meinen Schreibtisch und schlug mein Englischbuch auf. Während ich dasaß, und im Schein meiner Schreibtischlampe die Vokabeln auf kleine Karteikärtchen schrieb, hörte ich wie jemand leise die Tür zu meinem Zimmer öffnete. "Schläfst du schon?" wisperte die leise Stimme meiner Mutter. "Nein. Ich muss noch ein paar Vokabeln lernen." antwortete ich ohne meinen Kopf zu heben und meine Mutter anzuschauen. "Ist es dafür nicht schon zu spät? Eigentlich solltest du ja schon schlafen." sagte sie mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. "Ja, ich weiß, aber ich hatte das heute total vergessen und es sind ja nicht so viele." "Sag mal,", begann meine Mutter. "War heute irgendwas? Seit du heute nach Hause gekommen bist, warst du so still. So bist du ja sonst nicht." Ich überlegte einen Moment lang, ob ich meiner Mutter von dem Ereignis, sowie der Erkenntnis des Tages erzählen sollte oder nicht. Ich entschied, erst mal abzuwarten. Ich könne ja jederzeit zu ihr und meinem Vater kommen und ihnen davon erzählen, aber erstmal würde ich lieber selbst damit klarkommen, bevor ich anfange, meine Eltern, was davon zu erzählen und es am Ende, doch nicht so war. Vielleicht war es ja nur eine Phase und ich war in Wirklichkeit gar nicht lesbisch. "Nö, ich bin bloß müde." antwortete ich wohl eine Spur zu schnell, denn ich sah meiner Mutter an, dass sie mir nicht wirklich glaubte. "Okay,", sagte sie aber, da sie wusste, dass wenn ich etwas nicht erzählen wollte, sie es auch nicht schaffen würde es aus mir rauszubringen. "Dann mach jetzt auch bald Schluss. Und sieh zu, dass du nächstes Mal eine bisschen früher an irgendwelche Tests oder Arbeiten denkst. Gute Nacht mein Schatz." "Gute Nacht, Mama." sagte ich und wendete mich wieder meinen Vokabeln zu. Es waren zum Glück wirklich nicht mehr Viele übrig.
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Alles Schwarz?
RomanceJade hält sich für eine ganz normale 14- Jährige, bis sie ihre Gefühle für das fremde Mädchen Luna entdeckt. Jade versucht ihr näherzukommen, was für sie gar nicht so einfach erscheint.