A Racer from the Heart OP 81

Prolog/ Finally

Nervös saß Elin am Esstisch der Familie Lars. Ihr Blick schweifte wie so oft aus dem Küchenfenster, in Erwartung des Postboten. Ihr Zwillingsbruder Nick verdrehte die Augen über ihr Verhalten. Es war mittlerweile Ende Januar 2023. Der Saisonbeginn der Formel 1 war für den 5. März angesetzt. Elin entwich ein tiefer Seufzer. Halb frustriert, halb enttäuscht. Würden sich ihre Hoffnungen doch noch zerschlagen? Sie hatte sich keinen Plan B zurechtgelegt, obwohl ihre Mutter sie angefleht hatte, es zu tun. Es war nun mal ihr Traum, in der Formel 1 Fuß zu fassen, um Erfahrungen zu sammeln. Sie hatte die Anzeige zufällig im Internet gefunden, ob es Glück oder Schicksal war, konnte Elin nicht sagen. Das Formel 1 Team McLaren suchte junge, engagierte Mechaniker für ihr Team. Elin war frisch mit ihrer Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin fertig geworden und hatte ihre Chance gesehen. Das war im November 2022 gewesen. Ihr Bruder hatte damals nur müde gelächelt und gemeint: ,,Die nehmen doch eh keine Frauen." Wahrscheinlich sah er sich in seiner Vermutung bestätigt mit jedem Tag, jeder Woche und jedem Monat, der vergangen war. Elin biss sich ungeduldig auf die Unterlippe, während ihre Finger auf die Tischkante trommelten. Erneut schweifte ihr Blick zum Fenster und dann zur Uhr. Martin, der Postbote, den jeder hier im Örtchen kannte, war spät dran. Das beschauliche Örtchen in dem Elin mit ihrer Familie lebte nannte sich Heppenheim mundartlich Hepprum ist die Kreisstadt des südhessischen Kreises Bergstraße und liegt an der Bergstraße am Rande des Odenwaldes. Heppenheim ist überregional bekannt als Geburtsort des vierfachen Formel-1-Weltmeisters Sebastian Vettel. Vielleicht war auch das einer der Gründe für Elins Motorsport Begeisterung von Kindesbeinen an. Ihr Vater liebte den Motorsport auch, doch nicht mit solch einer Leidenschaft wie seine Tochter. Er war ein angesehener Rechtsanwalt, ein Büromensch eben. Der Motorsport war ein Hobby, doch für Elin war es nie nur ein Hobby gewesen. Sie hatte sich mit viel Herzblut hineingekniet, um eine Ausbildung zur Kfz-Mechatronikerin zu bekommen. Um auch dort nur von der Männerdomäne belächelt zu werden. Niemand in Heppenheim hatte ihren Traum ernst genommen. Dieser Umstand hatte Elin nur noch härter kämpfen lassen, um es allen zu beweisen. Sie würde dieses Jahr einundzwanzig werden, es war an der Zeit sich von Heppenheim und ihrer Familie abzunabeln.

,,Martin wird auch diesmal keinen Brief für dich aus England haben", riss Nicks Stimme Elin aus ihren Gedanken.

Ihr Getrommel schien ihm gehörig auf die Nerven zu gehen, doch bevor Elin zu einer spitzen Bemerkung ansetzen konnte, klingelte es an der Tür. Wie ein Blitz sprang Elin auf und rannte zur Tür, die sie förmlich aufriss. Erwartungsvoll blickte sie einem perplexen Martin ins Gesicht, der ihr kopfschüttelnd eine handvoll Briefe überreichte. Rasch begann Elin jeden einzelnen durchzusehen, als sie beim letzten ankam schwand die Hoffnung. Ihr Blick wurde traurig. Nichts als Rechnungen und Werbung. Elin konnte sich jetzt schon Nicks gehässiges ich habe es dir doch gesagt Gesicht ausmalen. Gerade, als sie mit hängenden Schultern die Tür schließen wollte, hielt Martin sie auf.

,,Elin, warte, da ist noch ein Brief aus dem Ausland, den hätte ich beinah vergessen."

Alleine das Wort Ausland schürte neue Hoffnungen. Wie von Sinnen riss Elin Martin den Brief aus den Händen. Er war aus England und das McLaren Logo war darauf. Mit einem Jubelschrei riss Elin triumphierend den Brief in die Höhe. Nick riskierte einen Blick aus der Küche in den Flur.

,,Vielleicht ist es eine Ablehnung. Freu dich lieber nicht zu früh."

,,Genau, so ein Team nimmt sich Zeit, um mir in einem Brief ihre Ablehnung auszudrücken", triumphierte Elin, was Nick nochmal über seine Worte nachdenken ließ. Plötzlich sah er ein, dass seine Worte dumm klangen, denn er zog sich kleinlaut in die Küche zurück. Aufgeregt und mit zitternden Händen öffnete Elin den Brief. Ihre Augen überflogen die Zeilen förmlich, bevor sie schrie: ,,Ich fliege nach Woking."

Ihr Traum wurde endlich wahr. Die Reise konnte beginnen.