Vielleicht, vielleicht habe ich keine Zeit mehr."zu Hause, lauf weiter~" eine zarte Melodie drang aus meinem Mund als ich über die Wiese lief, über mir zog ein Schwarm Raben kreischend seine Bahnen.
Das kalte Gras unter meinen nackten Füßen jagte einen angenehmen Schauer durch meinen Körper und das braune Sommerkleid das sich sanft um meinen Körper schlang wehte im Wind, als ich mit ausgebreiteten Armen über das Feld lief.
Ein sanftes Lächeln zierte meine Mundwinkel, meine Haare wurden vom Wind zerzaust, doch es störte mich nicht.Genauso wenig wie die Tränen die begannen sich in meinen Augen zu sammeln.
"Bis morgen!"
Noch immer hallten die ausgelassenen, fröhlichen Stimmen meiner Freunde in meinen Ohren wie ein nicht verklingen wollendes Echo.
"Macht's gut..."
Hatte ich geantwortet, meine Stimme nicht mehr als ein leiser Hauch.
Die Wiese, gesäumt von den hohen, einschüchternden Gestalten der uralten Eichen und Buchen, wurde mit dem kargen Sonnenlicht überflutet, das sich mit letzter Kraft über die Baumkronen kämpfte. Tauchte das grüne Gras in ein sanftes rosa, das mit jeder Sekunde dunkler zu werden schien.
Die Sonne starb.
Starb, um den Mond atmen zu lassen.
Ich drehte mich einmal im Kreis, genoss das Gefühl der kalten Luft auf meiner Haut, lächelte die durchsichtige Person neben mir mit tränenverschleierten Augen traurig an.
Er winkte mir grinsend zu, als wolle er mich zu sich holen und lief weiter voraus.
Immer weiter, über das Feld das in Trümmern lag.
In den Trümmern des Schlosses unserer Träume.
'Lass mal Flügel kaufen!'
Mein Lächeln wurde noch eine Spur breiter, als seine Stimme an mein Ohr drang und ich beschleunigte meine Schritte, bis ich über den Boden zu schweben schien.
Ein Schrei.
Die Raben schrien ihr grausiges Lied in den Himmel empor.
Doch wir beachteten sie nicht, liefen weiter lachend und weinend über die Wiese, tanzten im ersterbenden Licht des Sterns.
Er streckte seine Hand nach mir aus, seinen Mund zu einem Lachen geteilt. Doch ich wagte nicht seine Hand zu greifen, obwohl es verlockend war.
Eine Träne tropfte von meinem Kinn, wischte das fröhliche Grinsen aus dem Gesicht meines besten Freundes, dessen Lippen sich nun zu einem leicht besorgten Schmollen nach unten zogen.
Er nahm seine Hand weg, hielt langsam in seinen Schritten inne, stand direkt auf einem kleinen Strauß von Vergiss-Mein-Nicht, ohne diese auch nur im geringsten zu beschädigen.
Wir hatten den Rand der Wiese erreicht, nur noch ein paar wenige Meter waren wir von dem einladenden, finsteren Wald entfernt, der seine Arme nach uns auszustrecken schien.
Die knorrigen, alten Äste erschienen wie Hände, die mich zu sich riefen und er hob langsam seinen Arm und zeigte auf das finstere Dickicht, hinter dem sich unmittelbar eine Schlucht auftun würde.
Sein Gesicht wirkte beinahe traurig, als er vor mir in den Wald spazierte und die Schatten drohten ihn zu verschlucken. Nur seine Hand war noch eindeutig zu sehen. Er hatte sie nach mir ausgestreckt, als wolle er mich zu sich rufen.
Ein letztes Mal schaute ich hinter mich, nahm den Blick der strahlenden Stadt in mich auf die ich so viele Jahre mein zu Hause genannt hatte. Verinnerlichte mir die hohen Häuser, das künstliche Licht das aus Fenstern strömte.
Irgendwo dort saßen meine Freunde.
"Macht's gut..."
Am Firmament begannen sich am Horizont die ersten Sterne zu zeigen. Wagten sich vorsichtig aus der dunklen Leere des Alls in den Vordergrund. Zeigten ihr leuchtendes Antlitz, jetzt wo die Sonne am Ende ihrer Zeit angelangt war.
Ich drehte mich lächelnd zurück zum Rand des Waldes.
Er winkte mich übermütig zu sich und ich setzte vorsichtig einen Schritt vor den anderen. Je weiter ich voranschritt, desto weiter schritt mein Freund in den Wald hinein, verblasste immer mehr.
Meine Augen brannten von den vielen Tränen die aus ihnen liefen. "Ich hab dich vermisst"
Lächelnd trat er an den Rand des Abgrundes, doch keine Steine bröckelten ab. Seine Lippen bewegten sich, doch kein Ton kam heraus.
Aber ich verstand trotzdem.
Ich biss mir auf die Unterlippe und trat neben ihn, beobachtete wie die letzten Strahlen der Sonne hinter den Bäumen auf der anderen Seite verschwanden.
Irgendwo in einer anderen Welt, würde die Sonne jetzt aufgehen. Jetzt, wo sie bei uns unterging.
Ich drehte meinen Kopf zu meinem Begleiter. Balancierte wagemutig am Rand der Schlucht, ignorierte das Geräusch der knackenden Sandschicht unter meinen Füßen. Einen Blick in den bodenlosen, schwarzen Abgrund wagte ich nicht.
Er lächelte nun wieder breiter. Doch es war ein verbittertes, trauriges Grinsen. Erneut versuchte er etwas zu sagen, doch seine Stimme wollte die Welten nicht durchdringen.
Dennoch konnte ich seine Worte wieder von seinen Lippen ablesen.
Ich schloss meine Augen. "Ok..."
Vielleicht, vielleicht hatte ich keine Zeit mehr.
Die Ketten die mich an dieses Leben banden begannen, wie das Licht der Sonne, zu verblassen.
'Komm nach Hause' waren seine Worte und als ich meine Augen wieder öffnete, hielt er mir wieder seine Hand entgegen.
Und diesmal griff ich nach ihr. Doch bevor meine Finger seine berührten ließ er sich weiter nach hinten sinken.
Weiter.
Und weiter.
Und ich folgte ihm über den Rand des Abgrunds.
Meine Hand war nur noch wenige Zentimeter von seiner entfernt.
Seine Silhouette verschwand mit dem letzten Strahl der Sonne die sich über die Baumwipfel kämpfte.
Meine Füße verloren ihren Halt. Meine Hand griff ins Leere und ich kippte nach vorne.
Vielleicht, vielleicht war meine Zeit abgelaufen.
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S P I L L
Poetry"•Denn wir schütten unsere zerbrochenen Träume Wie schwarz glitzernden Sternenstaub In die Risse unserer Knochen Die wie ein Labyrinth aus nie gelebten "Was wäre wenn's" In die Unendlichkeit fortbestehen Und blaue Flecken auf unserer Haut hinterl...