20. Der Majestro

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Bevor es weitergeht, möchte ich mich bei euch bedanken. Es ist ein unglaubliches Gefühl in so kurzer Zeit mit lediglich 20 Kapiteln schon recht erfolgreich auf Wattpad zu sein. Doch all das würde es ohne euch nicht geben! Ich hatte nämlich geplant nach dem 20. Kapitel aufzuhören, aber da die Nachfrage doch sehr hoch ist, werde ich meinen kreativen Geist wohl doch noch einmal bemühen müssen. ^^

Meinen besonders großen Dank gilt natürlich meinen mittlerweile 32 engagierten Leser*Innen, sowie SepiaRomulus 0Shadowwalker0 YowaiNara513195 Feuersalamandax   DrHedgehogM Lee211095 Laura1212254 You1dont2know3me4go
Elfentraene TochterXDesXPoseidon TamsinGrimborn und natürlich all denjenigen, die mein Werk zu ihrer Bibliothek oder zu ihren Leselisten hinzugefügt haben. 

Ihr seid phantatastisch!

Enjoy my work! 

Love, Auris <3

Hicks schrak aus dem Schlaf und fand sich allein auf dem Boden wieder, zusammengerollt und mit gesprengten Ketten an den Handgelenken. Er blinzelte und fasste sich stöhnend an den Kopf. Er stützte sich auf seinen Arm und stöhnte noch ein weiteres Mal, als der Schmerz durch seinen geschundenen Rücken zuckte. Als sich sein Kreislauf erholte und der pochend dumpfe Schmerz in seinem Kopf nachließ, richtete er sich langsam auf und balancierte wackelig auf einem nackten Fuß. Seinen Stumpf winkelte er an und hopsend durchquerte er die Hütte, auf der Suche nach Kleidung oder einem Stück Stoff. Er bewegte sich auf Viggos Gemach zu und strich geistesgegenwärtig über die samtenen Laken. Er wusste nicht wie lang es her war, dass er zum letzten Mal in einem Bett geschlafen hatte. Er hatte überlebt, so viel stand fest. Dank Ohnezahn hatte er überlebt, fügte er in seinem Kopf hinzu. Er seufzte seinen Namen und war sich bewusst, dass sein Überlebenswillen durch Ohnezahn's Bild zu Kräften gekommen war und er nur durch ihn die Nacht überstanden hatte. Er war noch irgendwo da draußen, das spürte er. Doch wo, blieb ein gut gehütetes Geheimnis. Zuerst würde er von dieser Insel fliehen müssen. Doch ein Schiff alleine lenken, war unmöglich, die Freundschaft eines Drachen zu missbrauchen, schrecklich. Andererseits würde der Drache auf der Drachenbasis ein zu Hause finden, überlegte er weiter. Vielleicht würde sich ein Gronkel finden lassen, der ihn den beschwerlichen Weg zurückbrachte. Wo auch immer er sich gerade befand. Er wunderte sich, weshalb Viggo nicht schon längst zurückgekommen war. Wenn er ihn so vorfand, würde er sich, vor dem, ihm körperlich überlegenen Mann, nicht mehr retten können. Er hielt inne und lauschte. Er verstand ohnehin nicht, weshalb ihn Viggo nicht einfach hatte töten lassen. Denn Hicks traute ihm kein bisschen Erbarmen zu. Es war allgemein ungewöhnlich still, bemerkte er. Wenn er sich richtig erinnerte dann schrak er immer aus dem Schlaf, wenn eine Wache, in klappernder Rüstung, seine Ketten auf Festigkeit überprüfte. Unterbewusst rieb er sich seine Handgelenke und stieß auf das kalte Metall, dessen Schnallen nach wie vor seine Handgelenke zierten. Die verbliebenen Kettenglieder rasselten anklagend, als er sich bewegte. Er realisierte mit einem Schlag, was in der Zukunft für Gefahren auf ihn warteten und Hicks wusste nicht so recht ob es klüger war sich hier im stillen Lager aufzuhalten, oder in den nahegelegenen Wald zu fliehen. Seine Hand ruhte noch immer auf den Laken und er erschrak als der Wind lautstark den Drachenhautvorhang nach innen drückte und er mit einem Knall gegen die Holzwand schlug. Eine milde Briese wehte herein und trug den beißenden Geruch von verbrannten Holz mit sich. Hicks hüpfte auf den Vorhang zu, schob ihn leicht zur Seite und spähte hindurch. Sonnenstrahlen blendeten kurz seine Sicht und gaben dann den Blick auf zerstörte Erde frei. Hicks überflog mit den Augen die Zerstörung und musterte die Rauchschwaden, die noch immer von den verbrannten Schiffen aufstiegen. Keines, das im Hafen lag, war von dem Feuer verschont geblieben. Gedanklich strich Hicks die Option: "Entkommen per Schiff" von seiner Liste. Er wollte sich gerade abwenden, als ein starker Wind das Gras zu seinen Füßen platt drückte. Verwundert spähte er nach oben und erkannte nussgelbe Bäuche zahlloser Drachen. Er erkannte die Form der Drachen nicht. Doch zu seinem Entsetzen ritten Reiter auf ihren Rücken. Als einer von ihnen anmutig landete, konnte Hicks das Gesicht nicht erkennen. Es war mit einem Stück schwarzen Stoff bedeckt und aus dem Spalt, der für die Augen freigelassen worden war, stierten neugierige Blicke. Der Reiter saß von dem Drachen ab und durchforstete das Camp. Gedanklich strich Hicks den Gedanken: "Hierbleiben", ebenfalls von seiner Liste und erkannte, dass der Reiter ihm wohl nicht wohlgesonnen war, wenn er ihn hier fand. Leise verzog er sich in das innere der Hütte und suchte eilig nach Proviant und Kleidung für seine Flucht. Die Ketten klirrten verräterisch laut und er war sich sicher, dass ihn die unbekannten, maskierten Reiter sicher bald fanden und dann war er verloren. Hastig durchwühlte er die schwere Ledertruhe, die neben Viggos Bett stand und fand seine zerfetzte Rüstung, in dessen Armschutz der Dolch immer noch eingebettet war. Er suchte weiter und fand ein schwarzes Leinenhemd, dass er sich über seinen nackten Oberkörper zog. Er stülpte den Armschutz mit dem Dolch über seinen linken Arm, nahm den Zweiten heraus und stülpte ihn sich über den rechten Unterarm. Er griff nach einer schwarzen Hose und bemerkte, dass sie innen mit Schafwolle gefüttert war, perfekt für kalte Nächte. Er schlüpfte mit seinem Stumpf zuerst hinein und ließ sich anschließend auf das Bett sinken, um auch mit dem anderen Bein in die Hose zu kriechen. Er seufzte schwer. Er hätte gerne zwei gesunde  Beine, auch wenn er die Konstruktion sehr mochte, die er an Ohnezahns Sattel gebaut hatte. Ohne die Prothese hätte er nicht ansatzweise so viel Halt zum Steuern gehabt. Doch jetzt war sein Stumpf mehr als hinderlich. Ohne Prothese konnte er eine Flucht nahezu vergessen. Er richtete sich auf und zog die Hose über seine Hüften. Er schloss den Knopf und sofort rutschte sie wieder nach unten. Mist. Er sah sich prüfend nach einem Strick um, den er sich um seine Hüften wickeln konnte. Und tatsächlich erblickte er ein abgewetztes, beiges Seil, das achtlos über der Lehne eines Stuhls aus Elfenbein hing. Er streckte sich und erreichte unter großer Anstrengung das Ende des Taus, zog es hervor und schlang es sich um die Hüften. Das überschüssige Stück des Seils durchschnitt er mit seinem Dolch, den er geschickt aus seinem Armschutz fingerte. Sein Blick glitt durch den Raum- jetzt auf der Suche nach einer geeigneten Prothese für seinen Stumpf. Seine Augen wanderten zurück zu dem, aus Elfenbein gefertigten Stuhl und wägte ab, wie viel Zeit es ihn kosten würde ein Bein davon abzusägen, entschied sich allerdings dagegen. Von draußen drangen jetzt immer mehr Stimmen zu Hicks herein und er wusste, dass er nicht mehr viel Zeit haben würde, bevor sie ihn finden würden. Sein Blick glitt hastiger durch den Raum und seine Anspannung wuchs, als er Schritte vor dem Drachenhautvorhang wahrnahm. Hicks zögerte nicht lange, steckte den Dolch ein, warf das Seil unter das Bett und kroch darunter. Sorgsam zog er an dem Fell, dass über dem Laken lag und verbarg so, dass ein Mensch am Boden kauerte. Keine Sekunde zu früh, denn in dem Moment wurde der Drachenhautvorhang beiseite gestoßen und eine große schlanke Gestalt, gewickelt in eine sandrote Tunika, betrat Viggo Grimborns Gemach. Hicks zuckte zusammen als er die raspelnde Stimme des unbekannten Mannes hörte. Sein Erscheinungsbild war von keiner schöner Natur. Eine blassrote Narbe erstreckte sich über sein linkes Auge, seine Wangenknochen standen hohl hervor, seine Lippen waren schmal aufeinander gepresst und aus seinen Pupillen schimmerten Hinterlist und Boshaftigkeit. Hicks fürchtete, dass er seine Atemzüge hören würde und presste sich die Hand fest auf den Mund. 

"Wie viele Männer und Drachen habt ihr schon gefangen genommen?" fragte der Fremde an einen maskierten jungen Mann gewandt. 
"Das Camp ist so gut wie ausgestorben, Majestro. Die Feuerspuren sind noch frisch, die meisten Drachen und Menschen geflohen. Ein paar verletzte Drachen liegen noch apathisch in ihren Käfigen- unfähig sich zu verteidigen oder gar zu fliehen."  beendete der junge Mann seinen Bericht. 
Der Mann strich sich nachdenklich über den Bart, nickte kurz und wies den Reiter mit einer Geste hinaus. Er sah sich noch einen Moment im Raum um, als er sich auf das Bett zu bewegte und sich darauf niederließ. Es knarzte unter seinem Gewicht und Hicks hielt die Luft an. Bei Odin, hatte er nicht schon genug gelitten? 
Er stützte den Kopf lautlos in die Hände und beobachtete die Füße des Fremden, die fest auf dem Boden standen. Mühsam dachte er nach, wie er dieser brenzlichen Situation entkommen konnte und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Und als sei sie dort erst eben erschienen, stahl sich Hicks' Prothese in sein Blickfeld. Sie war achtlos auf einen Hocker, nicht weit vom Bett entfernt, gelegt worden. Sie war der erste Schritt in Richtung Freiheit. Hicks schöpfte etwas Hoffnung und blieb geduldig auf dem Boden liegen. Doch der Fremde dachte gar nicht daran, sein neues Quartier zu verlassen. Irgendwann schwang er die Beine auf das Bett und streckte sich lang auf den Laken aus. Bei der Bewegung knarzte das Bett erneut und Staub rieselte von der Decke hinab. Hicks, der bei dem Geräusch nach oben sah, rieselte der Dreck in die Augen und in die Nase und mühsam zwang er sich dazu nicht aufzustöhnen oder gar zu niesen. Er presste sich die Nase in die Ellenbeuge und betete, dass das Brennen in seiner Nase keinen erschreckend lauten Nieser provozierte. Und mit einem Ruck entledigte sich seine Nase, den Staub, der dort nicht hingehörte. Hicks erstarrte. Doch der Unbekannte, der über ihm lag, rührte sich nicht. Er verharrte noch einen Moment in seiner Schockstarre bis er dann langsam ausatmete.
Sein Blick wanderte zu seiner Prothese und Hicks fasste sich ein Herz. Er konnte nicht ewig hier liegen bleiben und seinen Drachen dort draußen zurücklassen. Langsam schob er sich vorwärts, darauf bedacht nicht mehr Geräusche zu machen als nötig waren. Von draußen drangen die Stimmen der Reiter herein, die sich gegenseitig anschrien, wer nach dem Majestro wie viel zu sagen hatte. So hätte der Majestro doch niemanden mit einer Aufgabe betraut. Hicks rollte nur mit den Augen, weshalb sollte man sich ohnehin diesem Gruseltypen anschließen, fragte er sich. Seine Hand lugte bereits unter dem Bett hervor und er musste sich nur ein klein wenig weiter recken, dann hatte er sie erreicht. Seine Fingerspitzen berührten das kalte Metall und die Prothese wackelte bedrohlich hin und her. Hicks zuckte bei dem Geräusch zusammen und schon fiel sie klirrend zu Boden.
Und plötzlich packte eine raue, grobschlächtige Hand seinen Arm und presste ihn zu Boden. Hicks erstarrte. Und schon sprang die Gestalt vom Bett und zog Hicks, der nicht mehr als eine Feder wog, unter dem Bett hervor. Drohend stand er über ihm und Hicks wand sich in Panik unter seinem Griff, wie eine Schlange. Der Unbekannte lachte schadenfroh und betrachtete die Ketten an seinen Handgelenken. "Ich frage mich, was du hier gemacht hast, Bürschchen. Ich mag keine Jungen, die mich belauschen und in meinem Quartier verharren, als sei es ihr eigenes." sagte er mit eiskalter Stimme. Sein Blick wanderte zu Hicks' Stumpf und er schien zu verstehen. "Ah, ich denke du wolltest einfach nur von hier fliehen, nicht wahr? Ich bin kein Unmensch, weißt du." erwähnte er süffisant und mit diesen Worten zwang er Hicks zu Boden, griff sich die Prothese und warf sie in Hicks' Schoß. "Zieh die an." befahl er herrisch und Hicks gehorchte, wenn auch verwundert darüber, dass ein Feind ihm einen Vorteil verschaffte. Aber vielleicht war er auch ein Feind von Viggo und wie ging das Sprichwort? Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Vielleicht hatte Hicks auch einmal Glück. Er nahm sich das Tau und knüpfte geschickt die Prothese an seinen Stumpf. Behutsam stand er auf und belastete zum ersten Mal sein Bein nach einer gefühlten Ewigkeit. Er hatte keine Zeit sich an das Drücken der Prothese zu gewöhnen, als auch schon der Fremde sich auf ihn stürzte und ihn erneut zu Boden rang. "Ich liebe den Kampf! Und ich hatte schon lange keinen neuen Gegner mehr." sagte er lechzend.  Hicks hatte keine Lust zu kämpfen. Er wollte einfach nur weg. Dieser Hölle ein für alle Mal entrinnen.
Er entriss sich der Gestalt drückte sich vom Boden ab. Entwich den Händen, die ihn packen und zu Boden drücken wollten, packte den Hocker, der in seiner Reichweite stand, und schleuderte ihn auf den Fremden, der ächzend auf den Boden schlug und liegen blieb. Hicks verlor keine Zeit, strauchelte durch den Drachenhautvorhang ins Freie und rannte los. Er sah sich nicht um, hörte nicht das Brüllen der Männer und spürte auch nicht den Pfeil, der seinen rechten Oberarm streifte. Er rannte. Rannte blindlings auf den schützenden Wald zu, der ihn verschluckte, wie die Dunkelheit die Schatten.
Irgendwann, als er sich sicher war keine Stimmen und keine schnellen Schritte mehr wahrzunehmen, brach er im feuchtkalten Moos des Waldes zusammen und begann zu weinen. Er war frei, dachte er noch, als die endlose Erschöpfung ihn einholte und seine Lider niederzwang.

~2151 Wörter

SplitterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt