EINS

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"Klar bin ich pünktlich", gab ich von mir und schaute in voller Hektik zur Uhr. Verdammt war ich spät dran. Es war nicht so, dass ich den ersten Schultag verschlafen hatte, ich trödele einfach nur sehr gerne.
Und ehe man es sich versieht, zeigte die Uhr kurz nach 8 und wenn ich jetzt nicht bald losfahren würde, dann käme ich mit Sicherheit zu spät.

"Ich kenne dich Liebling, deswegen rufe ich dich an", hörte ich die Stimme meiner Oma auf der anderen Seite der Leitung.
Ich verdrehte die Augen und griff gleichzeitig zu meiner schwarzen Jacke für den Herbst und meinen Schlüsselbund, der zum Glück auf meinem Tisch parat lag.
Wie oft ich morgens schon nach meinem Schlüssel gesucht hatte. Irgendwann hörte ich auf zu zählen. "Wenn ich jetzt bald nicht auflege, werde ich ganz bestimmt nicht mehr pünktlich kommen, und ich bin dann nicht mehr schuld!".

Das Lachen meiner Oma brachte es fertig, dass sich trotz des morgendlichen Stresses meine Mundwinkel nach oben bewegten. "Gut, du hast recht. Fahr vorsichtig und melde dich bei mir. Ja Jonathan? Vergiss es nicht schon wieder. Ich mache mir sonst Sorgen".

Ein Schauer durchfuhr meinen Körper, als ich meinen vollen Namen hörte. Keiner nannte mich Jonathan, außer meine Oma. Ich hatte ihr bereits öfter gesagt, dass sie mich doch bitte Jace nennen soll, so wie es alle taten. Doch das war ihr egal.
"Deine Eltern haben dir diesen Namen gegeben. Jonathan Greek. Ich darf das, ich bin schließlich deine Oma". Zugegebenermaßen, sie war keine strenge Frau, aber ich habe einen sehr hohen Respekt vor ihr.
Es kam noch nie zu einem Streit, obwohl wir in den letzten Jahren viel aufeinander gehockt haben.

Durch den Tod meiner Eltern, welche ich im Alter von 12 Jahren verloren hatte, hasste ich den Namen Jonathan.
Es erinnerte mich zu sehr an meine Mutter. Der Klang ihrer Stimme hallte durch meinen Kopf. Sie hatte damals ein Lied erfunden, in dem ich der Held der Geschichte war.
Das Lied wurde zu unserem täglichen Abendritual, bis zu jenem schicksalhaften Tag.

Celeste und Arman Greek. Jahrgang 1981. Beide hatten sich auf der Brown University kennengelernt und waren wie füreinander geschaffen. Zumindest sagte das Mom immer.
Als sie 18 waren, kamen sie zusammen und bekamen mich und meine ältere Schwester.
Es war die Liebe auf den ersten Blick, und nur deshalb glaubte ich auch an dieses Phänomen. Meine Eltern waren fantastisch und ich hätte mir keine besseren wünschen können-

"Jonathan alles okay?", hörte ich die Stimme meiner Oma, welche mich aus meinen tiefen Gedanken wieder herauszog.
"Klar, ich habe nur meinen Schlüssel gesucht, aber habe ihn jetzt. Ich melde mich dann später bei dir, okay?".

Keine Ahnung, ob sie mir die gespielt freudige Stimmung abkaufte, jedoch war das Einzige, was sie noch sagte: "Gut, hab viel Spaß und grüß die anderen von mir". Ich versprach, meine Freunde zu grüßen und wir beendeten unser Telefonat.
Mir war heiß und ich strich mir eine meiner braunen Strähnen aus den Augen, die in mein Gesicht gefallen war.
Ich betrachtete mich in dem länglichen Spiegel, der an der Wand über der Eichenkommode meines Wohnzimmers stand und versuchte mich zu entspannen.

Die anderen. Meine Freunde. Sie hielten mich gerade davon ab, zu sehr an meine Eltern zu denken. Na dann los, sprach ich mir selbst Mut zu und nahm meinen Rucksack, um aus der Tür zu gehen. Meine Paranoia übernahm mich und ich musste sichergehen, dass ich alle meine Schlüssel beisammenhatte. Als dies erledigt war, schlug ich mir innerlich selbst gegen den Kopf, als die Türe unten in dem Wohngebäude abgeschlossen war. Das diente zwar zur Sicherheit, aber ich hatte Mrs. Warner schon oft genug darum gebeten, die Türe doch einfach offen zu lassen, doch ihr mangelte das Appartementhaus an Sicherheit und als ältere Dame auf der untersten Etage konnte ich ihr Misstrauen gegenüber New Yorks Einwohnern durchaus verstehen. Nach einigen Sekunden hatte ich dann auch den richtigen Schlüssel gefunden.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 28 ⏰

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