Kapitel 7

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Die Schüler standen geordnet hinter vier Personen, von denen ich vermutete, dass sie die Lehrer waren. Keith sprang von Shuy. Ein Raunen ging durch die Menge. Shuy winkelte ihr Bein an und ich versuchte möglichst elegant herunterzuklettern.
Eine Frau trat vor „Sieh einmal an. Keith. Der Dolch von Arvesiann. Ich hätte nie erwartet, dass du wieder hier aufkreuzen würdest, nach dem, was du das letzte Mal abgezogen hast, als du hier warst." Sie musterte ihn kühl. Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken. Diese Frau war mir jetzt schon unsympathisch.
„Nun, was soll ich sagen, ich bin nun mal immer für eine Überraschung gut", erwiderte dieser genauso kalt. Die Frau sah nun zu mir. Ihr Blick blieb jedoch gleich.
„Entschuldigt, Eure Hoheit, wo bleiben denn meine Manieren. Ich bin Madam Edaline. Ich unterrichte Heilkunde." Ich lächelte gezwungen.
„Freut mich, ich bin Thalia." Verdammt, das war so peinlich. Edaline nickte.
„Gerne, aber nun wieder zu dir Keith. Was im Namen Loriens machst du hier? Du bist hier nicht mehr willkommen." Ich wurde wütend. Was wusste diese Frau über Keith? Ich bezweifelte, dass sie im Krieg gekämpft hatte. Dafür war sie zu jung. Shuy warf mir einen Blick zu, der tausend Worte sagte.
Master Keith ist auf meinen Befehl hier", schaltete ich mich in das Gespräch ein. Edaline sah mich an, als ob mir ein zweiter Kopf gewachsen wäre.
„Er wird mein Mentor sein, so wie mein Vater es gewollt hätte." Ich sah zu Keith. In seinen Augen flackerte... Stolz. Dann drehte er sich zu Edaline um.
„Nun, da das geklärt wäre hätten wir gerne zwei Zimmer. Im Turm der Blackstones. Nebeneinander." Bei jedem seiner Worte sah Edaline immer mehr aus, als ob sie uns beide erwürgen wollte. Vielleich würde auch ich sie vorher umbringen. Ich musste mir ein Lachen verkneifen.
„Natürlich, Eure Hoheit, Keith, einige Schüler werden euer Gepäck in eure Zimmer bringen. Ihr solltet solange eine Besprechung mit Legat Fenrey sprechen. Keith nickte steif, dann ging er in Richtung des Tors. Ich sah noch einmal zu Shuy.
„Ich werde nie außer Reichweite sein, Schwester."
„Danke, bis bald."

Dann flog sie zu den anderen Drachen und ich ging Keith hinterher.

Wir gingen durch das Tor und betraten die innere Burg. Keith bog nach links ein. Wir gingen durch einen lange, steinernen Flur entlang und nahmen eine Wendeltreppe rechts. Es dauerte gefühlt eine Ewigkeit, bis wir oben angelangten. Der Raum war rund, an den Wänden hingen die Wappen der sieben großen Clans. In der Mitte stand ein runder, steinerner Kreis, der mit Runen beschriftet war. Auf den Stühlen saßen elf Personen. Ganz rechts saß Aiden. Dieser starrte mich an, als ob ich eine Art Seuche wäre. Ich unterbrach den Blickkontakt. Neben ihm saßen zwei Frauen und sieben Männer. Ich sah an den anderen Rand und sah dem Mann, der dort saß, direkt in die Augen. Mein Mund wurde trocken. Er war der attraktivste Mann, den ich jemals gesehen hatte.
Er hatte schwarze, kurze Haare, dunkelgrüne Augen, die schon an schwarz grenzten und ein markantes Kinn, das von einem leichten Bartschatten bedeckt war.
Seine muskulösen Oberarme sprengten fast die Ärmel seines kurzen Ledershirts und auf der gebräunten Haut seiner Unterarme zeichneten sich Adern ab. Mein Blick wanderte zu seiner Brust. Unter dem Leder sah man seine Muskeln so deutlich, als ob er gar nichts anhätte.
Verdammt, der Mann war der Inbegriff von einem Geschenk der Götter. Mein Blick wanderte wieder zu seinem Gesicht. Er hatte die vollen Lippen zu einem trägen Grinsen verzogen. Ich stöhnte innerlich auf. Natürlich hatte er bemerkt, wie ich ihn mit meinen Blicken ausgezogen hatte.
„Willkommen an der AWA, Thalia Blackstone." Die Worte kamen vom Mann, der in der Mitte saß. Er hatte braune Auge und Haare, dunkle Haut und war ebenfalls muskulös gebaut.
„Ich bin der Legat der vierten Legion Arvesianns, Fenrey. Dies hier sind die Zenturionen der Legion. Wir haben dich rufen lassen, um dir mitzuteilen, in welche Zenturie du kommst. Falls du dich wunderst, warum wir dich duzen, dann kann ich dir nur eines sagen. Du magst zwar die höchste politische Stellung des Landes haben, aber auf dem Schlachtfeld unterstehst du den Befehlen deines Zenturios und mir."
Ich nickte zum Zeichen, dass ich verstanden hatte.
„Ausgezeichnet, du kommst in die Zenturie von Sacfirico."
„Verstanden", sagte jemand rechts neben ihm mit der tiefsten Stimme, die ich jemals gehört hatte. Ich drehte mich um. Das hatte der Mann gesagt, den ich vorhin angestarrt. Ich sah eine Bewegung im Augenwinkel. Aiden war aufgesprungen.
„Das kannst du doch nicht zulassen, dass sie in deine Zenturie aufgenommen wird!"
„Aid, komm runter, wir haben das schon besprochen, sie kann nichts für ihre Eltern. Du hast doch auch nichts gegen Nathan." Sacfirico sagte dies mit so kalter Stimme, dass mir ein Schauer über den Rücken lief. Aidens Hals färbte sich rot.
„Zieh nicht meinen Offizier in diese Sache hinein!" Nun schrie er.
„Aiden, wir wissen, was damals passiert ist, aber zufällig steht sie immer noch in diesem Raum und hört jedes deiner Worte", mischte sich auch Fenrey in die Diskussion ein. „Überleg dir lieber gut, was du sagst und vor wem du es sagst, denn momentan mag sie zwar noch nichts können, aber wenn sie so ist wie ihre Brüder, dann wird sie dich innerhalb eines Monats umbringen. Und jetzt verlass diesen Raum und besinn dich eines Besseren, oder ich überdenke meine Entscheidung und entlasse dich aus dem Rang des Zenturios."
Ich legte verwirrt den Kopf schief. Ich musste danach unbedingt jemanden finden, der mir alles erklären konnte.
Aiden knirschte mit den Zähnen, stand jedoch auf und verließ den Raum. Er kam bei mir vorbei und warf mir einen hasserfüllten Blick zu. Plötzlich schoss eine Druckwelle auf mich zu. Bevor sie mich erreichen konnte, schoss mein Arm nach oben und ein Fels erschien vor mir. Dann war ich wieder er.
„Wie kannst du es wagen, meine Tochter, meine rechtmäßige Thronfolgerin anzugreifen?!", dröhnte es aus meiner Kehle.
„Mein König! Ich... Sie...", stammelte Aiden.
„Hör zu, du Nichtsnutz, ich weiß genau, was Charlotte im Krieg getan hat, aber es hätte sich nichts geändert, wenn Thalia in Vacarà geblieben wäre und von ihren Onkeln und Tanten so verzogen worden wäre wie ihr Bruder. So weiß sie wenigstens, was es bedeutet, menschlich zu sein. Ach ja, nur damit es klar ist: sollte so etwas noch einmal passieren, werden weder ich noch mein bester Freund so gnädig mit dir sein." Mit diesen Worten verließ er meinen Körper wieder.
Ich sah zu Keith. Dieser hatte einen Dolch in der Hand, mit dem er auf Aiden zielte. Aiden war so blass, als ob er einen Geist gesehen hätte. Seine Auen waren vor Angst geweitet und er zitterte. Innerhalb von Sekunden sprintete er aus dem Raum und schlug die Tür hinter sich zu.
Ich blinzelte überrascht. Das war... unerwartet. Sacfirico war inzwischen aufgestanden. Er berührte den Stein, den ich, oder besser gesagt, mein Vater, herbeigerufen hatte. Er zerfiel unter seiner Berührung. Sacfirico sah zu mir und sagte lediglich: „Interessant. Höchst interessant." Dann ging er durch die Tür, als ob sie nie da gewesen wäre. Ich starrte an die Stelle, an der er verschwunden war.
Keith räusperte sich. „Tja, dann werden wir wohl auch gehen."
Fenrey lächelte. „Gute Nacht. Und bitte versucht, Aiden nicht umzubringen."
Keith zog die Augenbrauen hoch, erwiderte jedoch nichts und ging wortlos aus dem Raum.

Wir verließen den Turm, bogen im Innenhof erst nach rechts, dann nach links ab und gingen auf den vorletzten Turm zu. Wir betraten ihn und stiegen die Treppen bis ganz nach oben. Im obersten Stockwerk befanden sich vier Türen. Davon schwang jetzt eine auf und zwei junge Männer taten heraus. Ich blinzelte. Die beiden waren so unterschiedlich und doch so gleich. Der eine hatte braune Locken, die ihm tief in die Stirn fielen, hellgrüne, strahlende Augen und ein warmes Lächeln auf den Lippen. Der andere hatte sich die blonden, fast weißen Haare aus dem Gesicht gegelt, sodass seine dunkelbraunen, kalten Augen und der verschlossene Gesichtsausdruck noch besser zur Geltung kamen. Beide waren mindestens ein Meter neunzig groß und hatten einen vom Training gestählten Körper, wobei sie beide noch sehr jung wirkten. Die beiden waren wie Tag und Nacht, wobei sich dies nicht auf ihr Äußeres bezog. In einem Moment waren die beiden wie erstarrt, im nächsten war der Dunkelhaarige bei mir und zog mich in eine feste Umarmung.
„Willkommen Schwester, ich bin so froh dich endlich kennenzulernen, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich auf dich gefreut, seit ich weiß, dass es dich gibt! Ich bin Hector und das da drüben ist Nathan!" Besagter trat nun wieder in sein Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu. Mein Blick wanderte wieder zu Hector, dessen Augen nun feucht waren. Ich lächelte. Eine solche Begrüßung hatte ich definitiv nicht erwartet.
„Ich bin auch froh, dich endlich kennenzulernen. Ich bin Thalia, aber du kannst mich gerne Lia nennen."
Hector strahlte mich an. „Gern, dann nenn du mich bitte Hec!" Er drehte sich zu Keith um und verbeugte sich. „Verzeiht, Lord Ethacath. Ich heiße Sie willkommen an der Academy." Ich zog fragend die Augenbrauen hoch.
Lord Ethacath?"
Keith seufzte. „Nicht mehr. Junge, nenn mich bitte Master Keith." Hector richtete sich auf und nickte. Keith sah uns beide eindringlich an. Auf seinen Lippen breitete sich langsam ein Lächeln aus. „Zusammen seht ihr genauso aus wie Duncan", sagte er leise, fast bedächtig. Das... kam jetzt unerwartet. Hector und ich sahen uns an. Hector räusperte sich schließlich. „Bevor ich es vergesse, die Giftschlange hat gesagt, dass ich euch eure Zimmer zeigen sollte."
Ich sah ihn verwirrt an. „Die Giftschlange?"
„Madam Edaline natürlich. Sie unterrichtet Heilkunde und alles, was damit zu tun hat, also auch Gifte. Apropos Unterricht, weißt du schon welches Hauptfach du wählen wirst?"
„Deine Schwester wird von mir Kampfunterricht bekommen, die restlichen Fächer kann sie sich selbst aussuchen." Nun mischte sich auch Keith ein.
Hector nickte. „Das ist vermutlich besser so." Er ging zu den beiden linken Türen.
„Lia, das mittlere Zimmer gehört dir, das äußere Zimmer gehört Ihnen, Master Keith. Das Zimmer rechts neben deinem ist meines. Ich lasse jemanden rufen, der euch etwas zu essen bringt." Er ging zu seiner Tür. Dann würde ich eben morgen alles fragen, was mir auf der Zunge lag. „Gute Nacht." Er umarmte mich noch einmal und auch Keith und ich wünschten ihm noch eine gute Nacht, dann betrat er sein Zimmer und auch wir gingen zu unseren.
Keith sagte: „Ich würde mal sagen, dass Nathan derjenige ist, dem du den Thron unterm Arsch weggestohlen hast. Und wenn ich das richtig interpretiert habe, ist nicht nur Hector froh darüber."
„Was meinen Sie damit?"
„Sagen wir es so: Nathan hat nicht unbedingt den Ruf, besonders fair zu sein."
Er ließ mich nicht weiter nachhaken, sondern ging zu seiner Tür. „Bleib nicht zu lange auf, wir beginnen das Training im Morgengrauen. Ich stieß die Tür auf. Das Zimmer war dunkel und ich konnte nur das Bett erkennen, das in der Mitte stand. Plötzlich wurde ich von der Müdigkeit gepackt. Ich schloss die Tür, zog mir Stiefel und Socken aus, fiel auf das Bett und schlief sofort ein.

Fireshadow - Shattered FlameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt