Ich betrachtete Jakob, wie er sich entspannte, nachdem ich mich bereiterklärt hatte, ihm zu helfen. Ich war eine Schattenwölfin und er das wusste, würden er und alle anderen auf mich Jagd machen, statt mich um Hilfe zu bitten. Schattenwölfe galten als brutale Killer ohne Gewissen, die nur fürs Töten lebten. Wer von uns nicht versklavt werden konnte, wurde niedergemetzelt. Diese Geschichten waren eine Lüge und ich war der Beweis dafür, doch mir würde niemand zuhören. Die anderen Werwölfe fürchteten uns, weil wir stärker und schneller waren, als jeder andere Gestaltwandler. Und die Magier hassten uns, da ihre Magie einem Schattenwolf nichts anhaben konnte. So waren wir fast ausgerottet worden. Das alleine reichte schon, um um mein Leben zu fürchten. Doch ich war eine weiße Schattenwölfin, welche die mächtigsten unter meiner Art waren. Wir waren nicht nur wild und im Kampf überlegen, wir beherrschten Magie. Zumindest in der Theorie, doch meine Magie konzentrierte sich auf Feuer und das Herstellen von Alkohol, um mich zu betrinken. Soweit meine Mutter wusste, war ich die einzige und deswegen versteckte sie mich seit meiner Geburt. Deswegen hatte sie mich vor zehn Jahren verlassen müssen.
„War es das Alter?"
Jakob holte mich aus meinen Gedanken. Der Wagen hatte sich in Bewegung gesetzt und ich beobachtete meine Umgebung, während der Karren über den Weg rumpelte. Zu Fuß wäre ich schneller, aber es würde Jakob misstrauisch machen. Außerdem war es zwar holprig, aber nicht unbequem gefahren zu werden.„So offensichtlich?"
„Nicht die roten Augen, falls du das meinst. Bob ist nicht da und du gehst nirgends ohne ihn hin. Außerdem kenne ich euch schon viele Jahre. Noch, als deine Mutter da war und Bob nur ein Welpe."
Meine Augen brannte, doch ich hielt die Tränen zurück. Jakob ging nicht weiter darauf ein und dafür war ich ihm dankbar. Wir schwiegen die Fahrt über und erst, als die ersten Häuser sichtbar wurden, brach ich das Schweigen.
„Seid wann hast du das Problem?"
„Es fing vor ein paar Tagen an. Der Zaun war zerstört und ein paar Hühner verschwunden. Ich blieb nachts wach, weil es die darauffolgende Nacht noch schlimmer geworden war. Als ich das Vieh gesehen hatte, bin ich direkt zum Rudel. Ich habe, wie immer, einen weitere Tag gewartet und jetzt war ich bei dir."
„Ihr solltet euch wirklich überlegen, euch einen Fernsprecher zu holen. Wenn ihr alle zusammenlegt ..."
Weiter kam ich nicht, denn Jakob winkte ab.
„Die Zahungen an das Rudel sind zu hoch. Wir können uns das nicht leisten. Ich bange schon vor der Zeit, wenn mein Ochse hier es nicht mehr schafft. Wir können uns keinen Ersatz leisten und für einen Antriebsstein ist keiner von uns stark genug. Und Brenner bei Brennern ist der Unterhalt zu hoch."
Das ewige Dilemma der kleineren Siedlungen ausserhalb der Metropole. Entweder die Bewohner waren stark genug, sich selbst zu schützen oder sie brauchten den Schutz eines Rudels. Und wenn man an ein Rudel wie hier geriet, dass einem alles abpresste und nicht half, konnte man nur leiden und trotzdem irgendwie weitermachen. Ein Grund, warum viele Junge in die Stadt gingen. Dort gab es Arbeit und Möglichkeiten, auch wenn man ein Rudel gegen etwas anderes eintauschte, dessen Schutz man bezahlen musste. Für mich war die Metropole nichts, weil es zu viele Augen und Ohren gab. Dort würde ich zu schnell auffallen. Ich hatte hier mein kleines Reich und durch meine Hilfe bei den wenigen Siedlungen in der Nähe konnte ich das eintauschen, was ich nicht selbst herstellen konnte. Ich hatte sogar einen Fernsprecher in meinem Haus. Die Leitung funktionierte, soviel hatte ich überprüft, doch ich hatte ihn noch nie benutzt.„Mittlerweile hat das Biest mein Lager geknackt und frisst das wenige weg, was wir noch haben. Deswegen bin ich zu dir gekommen."
Vor Jakobs Haus, am Rande der Siedlung, blieben wir stehen. Ich kannte mich hier aus und unsere Vereinbarungen waren immer die gleichen, weswegen ich direkt zur Scheune ging. Ich besaß mir das Loch im massiven Holz. Der Bestieneber war so groß, dass ich durch die Öffnung gebückt hindurchkriechen konnte. Er ging mir also etwas höher als meine Hüfte. Ein echt großes Vieh, selbst für diese Art. Ich betrachtete die Verwüstung, sah mit die Bissspuren an und schloss dann die Augen.
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Die weiße Schattenwölfin
WilkołakiRia ist eine Schattenwölfin und diese werden gejagt. Deswegen versteckt sie sich. Doch ein unbedachter Kampf bindet die junge Frau an ein Rudel. Nun muss sie nicht nur dafür sorgen, dass niemand von ihnen erfährt, was sie ist, sondern auch noch hera...