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Sand. Wohin das Auge auch blickte. Die heisse Sonne brannte auf seiner Haut. In unregelmässigen Abständen blies der Wind den trockenen Sand durch die Luft. Doch dieser Wind war weder kühlend noch war er angenehm. Er blies einem den Sand in das Gesicht, in jede Ritze kroch dieser vermaledeite Sand. Kratzte, scheuerte und sammelte sich selbst in den Atemwegen. Nein, dieser Wind war kein Segen. Aracanon, Land des Sandes. Land des ehemaligen Grossfürsten Galihl. Während man hier im Süden von der Sonne verbrannt wurde, herrschte im Norden die Kälte und fand dort die Westlichen Wälder. Rhùk konnte sich beim besten Willen nicht entscheiden wo er jetzt lieber wäre. Hier in dieser Hitze oder im Norden, wo weitaus schlimmeres lauerte als die Sonne. Einerlei. Er war hier und er würde wohl auch noch eine ganze Weile hier bleiben. Der Hengst zwischen seinen Beinen schnaubte und schüttelte sich. Rhùk tätschelte ihm den Hals: „Ich weiss, wir sind gleich da.“ Murmelte er beruhigend und legte die Hand an seine Stirn um die Sonnenstrahlen ab zu schirmen. Kein Mensch kannte sich besser in der Wüste aus als ein Windreiter. 'Ein ausgestossener Windreiter' korrigierte Rhùk sich und grinste. In dem Moment wehte ihm der Wind eine Wolke Sand ins Gesicht und er spuckte aus. Hinter ihm ertönte ein leises Lachen.

„Ja, lach nur.“ Grummelte Rhùk und schnalzte mit der Zunge um sein Pferd wieder an zu treiben. Langsam setzte sich das Tier wieder in Bewegung und sie ritten die Düne weiter hinauf. „Sind wir bald da?“ hörte er die junge Frau fragen und er drehte sich um. Warum wollte sie nur so dringend weg? Weg von Kirin? War es so viel besser bei ihm zu sein, als bei dem grünen Jungen, der offensichtlich sein Herz an sie verloren hatte? Seine Gedanken schweiften zu dem Gespräch zurück, das sie vor zwei Tagen geführt hatten. „Wohin werdet Ihr jetzt gehen?“ hatte er Megan gefragt und sie hatte traumverloren in eine Richtung geblickt. „Ich habe keine Ahnung. Ich könnte in die grosse Bibliothek zurückkehren. Jetzt, wo Limrian tot ist. Aber wenn ich ehrlich bin…“ Ihr Blick wandelte sich und ihre Augen glitzerten bei den Worten die aus ihr heraussprudeln würden, wie Wasser, das einem Quell entsprang: „Ich wollte schon immer die Heilerstätten im Osten besuchen. Vielleicht kann ich das nun.“ Und er hatte geantwortet: „Nach Osten also.“ Und ehe er es verhindern konnte, hatte sein Mund schneller gesprochen als sein Gehirn denken konnte: „Ich hatte auch vor nach Osten zu ziehen, irgendwo ans Meer. Liegen diese Stätten am Meer?“ und Megan hatte gelächelt und ihre Wege waren mit einem Mal verflochten.

„Nur noch über die Düne, dann sollten wir da sein.“ Antwortete er als er wieder im hier und jetzt war. Es waren nur Sekunden vergangen, auch wenn die Rückkehr an diese Erinnerung sich wie Minuten angefühlt hatte. Das kleine dicke Pony auf dem sie sass schnaubte und Rhùk grinste während er den Kopf schüttelte. Dieses zähe kleine Tier hatte wahrhaftig keine Angst vor seiner Reiterin. Warum sollte dann er, ein stolzer Windreiter - 'Ausgestossener Windreiter' - vor Ihr Angst haben? Seine Finger umklammerten die dünnen Zügel fester und das Leder knarzte. Er hatte gesehen was sie konnte. Er hatte gesehen wozu sie fähig war. Er schluckte schwer. Beim Schatten er musste verrückt sein. Aber er war auch neugierig auf sie. Sie hatte ihm vom ersten Moment an gefallen. Megan war nicht auf den Kopf gefallen und hübsch war sie auch. Egal ob sie nun etwas war, das die Menschen Halbblut nannten. Sie war hier. Sie war eine Frau. Mit Kräften, die sich keine Menschenseele ausdenken konnte. Doch wenn dieses verfressene dicke Pony sie duldete, dann konnte er, Rhùk, das ebenfalls. Und damit war die Diskussion in seinem dicken Schädel beendet.

Das Schnauben seines Pferdes riss ihn sowieso wieder zurück ins Hier und Jetzt. Sie hatten die Düne erklommen und wahrlich, der Anblick der sich ihnen bot hätte aus einem fanatischen Traum entsprungen sein können. Vor ihnen lag eine Riesige Oase, mit kleinen und grösseren Teichen, Mit riesigen Palmen, die Schatten boten. Ein Paradies in der Hölle. Die Oase war so gross, das es schien als ob sie bis an den Horizont reichen würde. Doch Rhùk wusste, dass dies nur ein Trugbild war. Das Flimmern verriet die Luftspiegelung. Er hörte wie sie nach Luft schnappte und Grinste dämlich. „Na, hab ich zu viel versprochen Mylady?“ fragte er und streckte den Arm aus um auf die Oase zu deuten. Sie verdrehte schnaubend ihre Augen: „Nenn mich nicht so. Ich bin keine Lady“ grummelte Megan, doch Rhùk machte sich gerne diesen Spass. „Aber ihr seid von grosser Weisheit, gebildet, klug und schön. Ihr könnt nur eine Lady sein.“ Zog er sie auf, obwohl er genau wusste, dass sie es hasste.

Nun war es das Pony das schnaubte und gemächlich weiter trottete. Sie ritt an ihm vorbei und bedachte ihn mit einem Todesblick der Extraklasse, doch Rhùk kümmerte es nicht, er grinste einfach immer noch dämlich weiter bis sie ganz an ihm vorbei geritten war. 'Bloss nicht anmerken lassen wie schön du es findest' sagte Megan sich und schluckte. Ihre Kehle konnte es kaum noch abwarten endlich wieder Wasser zu bekommen. Und auch Bilash schien es kaum erwarten zu können wieder etwas trinken und fressen zu können und sein Schritt wurde nicht nur durch den Hang beschleunigt, den sie nun runter reiten mussten. Hinter ihr hörte sie wie Rhùk sich näherte. Megan versuchte ihren Blick stur nach vorne zu richten. Der Windreiter löste ihn ihr Gefühle aus, die ihr Angst machten. Gefühle, die sie einst für Kirin empfunden hatte. Bevor er herausgefunden hatte WAS sie war. Bevor sie die Angst in seinen Augen gesehen hatte. Bevor das Unheil seinen Lauf genommen hatte.

Oh wie sie sich hasste. Sie hasste es das zu sein, was sie war. Monster. Missgeburt. Halbblut. Und auch in Rhùk's Augen hatte sie die Angst gesehen. Aber sie hatte auch etwas anderes darin gesehen. Respekt und Akzeptanz. Er behandelte sie immer noch wie eine Frau. Er zog sie gelegentlich auf und machte unangemessene Sprüche. Aber er behandelte sie mit Respekt. Und sie sah auch Ehrfurcht. Sie konnte es sich nicht erklären, warum sie sich zu dem Windreiter hingezogen fühlte. Megan wusste nur eines: Mit Rhùkan ihrer Seite, würde ihr keine Gefahr drohen. Und vielleicht war das auch eines der Ausschlaggebenden Dinge, das sie sich für Ihn entschieden hatte und nicht für Kirin.

Unter der glühend heißen SonneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt