Nail Polish// Juliet

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Juliets Hände zitterten, als sie den hellblauen Nagellack auftrug. Sie trug nur selten welchen, doch aus unerfindlichen Gründen hatte sie ihn aus Kanada mitgenommen und heute passte es irgendwie. Als sie mit ihrer linken Hand fertig war, stockte sie. Die andere Seite, die sie mit links lackieren musste, wurde bei ihr immer hässlich. Einen Moment haderte sie mit sich, dann schnappte sie sich das Fläschchen und stieß die Tür des Gästezimmers mit dem Ellbogen auf. Von unten Klang das Geklapper von Pfannen und das leise Dudeln von Musik zu ihr nach oben, woraus sie schloss, dass ihre Mutter ebenfalls schon auf war. Sie huschte die Treppe hinunter und betrat die Küche doch statt dem erdbeerblonden Pferdeschwanz ihrer Mutter, leuchtete ihr ein feuerroter Haarschopf entgegen. Es kostete sie einen Moment, die Frau in der Küche einzuordnen. Dann fiel es ihr ein. Christina. Die Freundin ihrer Mutter. Ihre übergroßen Ohrringe klimperten, als sie sich zu Juliet umdrehte. Juliet hatte sich in den letzten Tagen oft vorgestellt, wie es sein würde, die Freundin ihrer Mutter kennenzulernen, doch damit hatte sie nicht gerechnet. „Hey! Deine Mutter schläft noch glaub ich, aber ich dachte ich fang schonmal an Frühstück zu machen. Willst du auch was?" fragte Christina, mit so viel Normalität, als hätten sie sich bereits hundertmal gesehen. Juliet war so erleichtert, dass sie sich das Grinsen nicht verkneifen konnte. Sie schüttelte den Kopf. „Ich geh nachher esse, aber danke.". „Deshalb der Aufzug?" fragte Christina und deutete auf ihr Outfit. Juliet nickte. Sie lächelte: „Sieht schick aus.". Juliets Grinsen wurde breiter: „Danke!". Christinas Blick wanderte zu dem Nagellackfläschchen in ihrer Hand. „Ah, die rechte Seite. Soll ich sie dir machen?". Sie nickte erneut.

Als ihre Mutter fünf Minuten später die Küche betrat, waren die beiden in ein Gespräch vertieft, während Christina konzentriert Nagellack auf Juliet Nägel pinselte. „Morgen ihr zwei Hübschen!" flötete se, sichtlich erfreut und machte sich daran den Tisch zu decken. „So, fertig." sagte Christina kurz darauf. Juliet erhob sich und fischte mit spitzen Fingern eine Flasche kaltes Wasser aus dem Kühlschrank. Sie kippte einen Teil des Inhalts in eine Schüssel und tunkte ihre Fingerspitzen kurz hinein. Der Nagellack verhärtete sich sofort, ein Trick, den ihr Amy, eine ihrer „Freundinnen" in Kanada gezeigt hatte. Dann schnappte sie sich ihre weiße Umhänge Tasche von der Garderobe, schlüpfte in ihre Sneaker und brüllte ein: „Bis später. „, in Richtung Küche, ehe sie die Haustür hinter sich zuzog. Das Broken Yolk Cafe war gar nicht so weit vom Haus ihrer Mutter entfernt, wie sie mit einer kurzen Recherche auf Google Maps feststellte. 

Hills burn in CaliforniaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt