Kapitel 23

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Täglich machte ich mir Gedanken darüber, wie ich das Gespräch mit Bokuto angehen könnte

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Täglich machte ich mir Gedanken darüber, wie ich das Gespräch mit Bokuto angehen könnte. Die Unsicherheit nagte an mir, während ich mir vorstellte, wie seine Reaktion ausfallen würde. Ich war bereit, ihm eine letzte Chance zu geben, und das wollte ich ihm auch genauso vermitteln. Ich wollte niemandem unendlich viele Chancen geben, nur um dann wieder auf meinen Gefühlen herumtrampeln zu lassen. Darauf verzichtete ich liebend gern.

Evie, die still auf ihrem Ast saß, beobachtete mich aufmerksam mit ihren großen, neugierigen Augen, während ich aufgewühlt durch die Wohnung lief. Am liebsten hätte ich es schnell hinter mich gebracht: An seiner Tür klingeln, ihm sagen, was ich für ihn empfand, und hoffen, dass er mich noch genauso wollte wie ich ihn. Aber es gab Dinge, die geklärt werden mussten, und dieses Gespräch würde sich nicht in einer Minute erledigen lassen.

Das Krächzen meiner Eule ließ mich aufsehen. Evie kam angeflogen und setzte sich sanft auf meine Schulter. Ihre Federn streiften meine Wange, und als sie ihren Kopf an meinen schmiegte, spürte ich einen kurzen Moment der Ruhe. Sie krächzte noch einmal leise - gab erst Ruhe, als ich mich auf die Couch setzte und mein Handy vom Wohnzimmertisch nahm. Welches schwer in meiner Hand lag, während ich überlegte, ihm zu schreiben. Immer wieder löschte ich das Geschriebene, weil es unpassend erschien. Schließlich entschied ich mich, den direkten Weg zu wählen und bei ihm vorbeizugehen.

Die Zwergohreule setzte ich behutsam auf ihren Ast zurück und streichelte sanft über ihre weichen Federn.
»Bis später, Evie«, flüsterte ich, während sie mich aufmerksam beobachtete. Ich hatte es eilig. Schnell schlüpfte ich in meine Schuhe und zog mir meinen Mantel über, wobei meine Hände leicht zitterten. Mein Herz klopfte schneller wie verrückt.
Mit einem letzten Blick zu Evie, eilte ich aus der Wohnung. Die Treppen hinunter stolpernd, fühlte ich, wie die Nervosität meine Beine schwächte. Schließlich erreichte ich die Eingangstür, stieß sie auf und trat ins Freie, wo mir die frische Luft ins Gesicht schlug.

Entschlossen setzte ich meinen Weg fort, stieg in den nächsten Bus, da der Weg zu Fuß zu weit wäre und unnötig Zeit kostete.
Nach fünf Stationen stieg ich aus und ließ die letzten Meter in schnellen Schritten hinter mir. Mein Herz schlug heftig, als ich endlich das Gebäude erreichte, in dem Bokuto zurzeit unterkam. Jetzt hieß es Daumen drücken, dass er überhaupt da war.

»Ist Bokuto da?«, fragte ich, nachdem Kozume mir die Tür öffnete. Er musterte mich kurz, dann ging er einen Schritt zurück, damit ich eintreten konnte. Mit zitternden Händen schloss ich hinter uns die Tür und folgte ihm ins Wohnzimmer.
Dort trafen mich sofort Bokutos goldbraune Augen. Er sah genauso fertig aus, wie ich mich fühlte. Seine Augen waren rot vom Weinen, dunkle Ringe zeichneten sich darunter ab, und seine sonst so lebhaften Züge waren von einer gewissen Blässe überschattet. Man konnte deutlich sehen, dass er die letzten Tage kaum geschlafen hatte.
Nach mehreren verwirrten Blinzeln, als ob er nicht glauben konnte, dass ich wirklich vor ihm stand, erhob er sich langsam vom Sofa und kam mir wackelig entgegen. Keinen Ton brachte er heraus, weshalb ich für ihn übernahm. Nach einem tiefen Atemzug, der meine Nerven beruhigen sollte, fragte ich: »Können wir reden?«

*

Kozume und Kuroo hatten uns im Wohnzimmer alleine gelassen, damit wir unter vier Augen reden konnten. Ich wusste jedoch, dass zwei neugierige Ohren trotzdem lauschen würden. Denn so schätzte ich den besten Freund von Kotaro ein. Ihre Freundschaft war wie gemacht füreinander – beide waren bis aufs Äußerste neugierig.
Aber heute ging es nicht um ihre jahrelange Freundschaft. Meine Nerven lagen blank, und ich wollte es einfach hinter mich bringen. Zögernd griff ich nach seiner Hand, die sich kalt und schlaff anfühlte. Sanft legte ich meine andere Hand auf seinen Handrücken und spürte, wie mein Herzschlag sich beschleunigte.

»Kaashi...«, hauchte er mit einem verletzten Klang in der Stimme. »Ich vermisse dich... kannst du mir nicht noch eine Chance geben? Ich werde vor dir nichts mehr geheim halten! Das wollte ich auch nie, aber ich hatte Angst, dass du mir keine Chance gibst, wenn du von Izumi erfährst«, plapperte er verzweifelt. Diese Worte hatte er schon bei unserem letzten Gespräch geäußert, und ich wusste, dass er es nicht böse meinte. Oder zumindest jetzt wusste ich es zu einhundert Prozent.

Da von ihm nichts Weiteres kam, wollte ich meine Sorgen noch einmal ansprechen, auch wenn er gerade erneut versichert hatte, dass er keine Geheimnisse mehr vor mir hätte. Einige Dinge, die ich nicht unbedingt wissen musste, störten mich nicht. Jeder hatte schließlich seine Geheimnisse. Doch es gab auch Dinge, die mussten angesprochen werden und nicht lange hinausgezögert oder gar verschwiegen bleiben.
»Kotaro, ich bin hier, weil ich viel nachgedacht habe, und wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, dann hätte ich dir sowieso eine letzte Chance gegeben.«
»Eine letzte?«
»Lass mich ausreden. Letzte Chance heißt nicht, dass es nach einem Streit vorbei ist, der gehört dazu. Ich habe einfach Bedenken, dass du mir noch etwas verheimlichst, was ich wissen sollte«, stellte ich klar, worauf er umgehend den Kopf schüttelte. Diese schnelle Verneinung beruhigte mich ein wenig, dennoch blieb die Angst.
»Das mit Izumi, dass ich verheiratet bin, das ist das einzige. Keiji, glaub mir, bitte!«
Mit zitternder Unterlippe wartete er auf eine Reaktion von mir und in diesem kleinen, hoffnungsvollen Schimmer in seinen goldbraunen Augen legte ich all mein Vertrauen. Ich glaubte ihm, er war immerhin kein guter Lügner.

Langsam beugte ich mich weiter zu ihm, nahm seinen natürlichen Duft in mich auf, was auch meine Finger erneut zittern ließ. Obwohl ich mir sicher war, hegte ich kleine Zweifel, aber auch das würde irgendwann vergehen.
»Versprichst du mir was?«
»Alles!«, rief er direkt aus, was mir ein leichtes Lachen entlockte. Wie sehr ich seine Art vermisst hatte. Wie sehr ich ihn vermisst hatte! »Keine Geheimnisse mehr, versprochen! Du bedeutest mir alles, Keiji, ich will-«, stockte er, als ich ihn mit einem Kuss unterbrach. Während unsere Lippen verbunden waren, setzte ich mich auf seinen Schoß und drückte meinen Mund sehnsüchtiger auf seinen. Eine einzelne Träne lief meine Wange hinab – glücklich darüber, dass er umgehend erwiderte und dass ich ihm wieder nahe sein konnte.

Atemlos lösten wir uns voneinander, worauf ich meine Arme um seinen Nacken schlang und ihn in eine innige Umarmung zog. Mein Körper wollte diese Nähe, wollte ihn nicht mehr loslassen.
»Ich liebe dich«, sagte ich und war selbst erstaunt, wie locker diese drei Worte über meine Lippen kamen. Dennoch waren sie ausgesprochen und ich meinte es genauso! Ich liebte diesen verrückten Kerl. Meinen Kotaro! Und nie wieder wollte ich von seiner Seite weichen.

Während wir uns in dieser Umarmung wiegten, spürte ich, wie eine neue Hoffnung in mir aufkeimte. Der Weg vor uns würde nicht einfach sein, das wusste ich. Doch in diesem Moment zählte nur, dass wir bereit waren, ihn gemeinsam zu gehen. Ich würde ihn mit Izumi so gut unterstützen, wie ich konnte, ihm beistehen und für ihn da sein.











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