#1 Kennenlernen

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Westly

»Nachdem sich Lesley von unserem Label getrennt hat, haben wir für Sie einen neuen Schützling. Ruben Monroe. Er benötigt Tag und Nacht Schutz«, teilte mir Mister Donovan mit. Damit er weiterredete, nickte ich ihm zu, da ich nicht den ganzen Tag in dem stickigen Büro verbringen wollte.
»Mister Monroe ist derzeit zuhause, wo Sie nach unserem Gespräch hinfahren werden. Die Adresse habe ich Ihnen notiert«, sprach er, woraufhin er mir eine Karte zuschob.

Noch ein paar Minuten hörte ich ihm mit halbem Ohr zu. Er nannte mir Eckdaten zu dem Mann, den ich beschützen sollte, aber merkte mir nicht viel. Was mich alarmierte, war der Fakt, dass er gar keinen Bodyguard haben wollte, aber das Label sah die Maßnahme als notwendig an, da er einige Drohbriefe erhalten hatte und vor kurzem erst bei ihm eingebrochen wurde. Anstatt zu sagen, dass ich den Job nicht annahm, solange er das selber nicht wollte, nickte ich als Zeichen meines Einverständnisses und unterschrieb brav eine Verschwiegenheitserklärung. Gott, ich hasste diese Formulare. Nach einer knappen Verabschiedung verließ ich das Büro, um mich auf den Weg zu meinem neuen Schützling zu machen. Jahrelang war ich der Bodyguard von Lesley, wodurch es für mich eine Umgewöhnung war, dass ich jemand anderes beschützte. Les kannte ich schließlich in und auswendig, was es mit der Zeit einfacher gemacht hatte, auch wenn ich seine impulsiven Reaktionen nicht voraussehen konnte. Im Auto rief ich ihn über die Freisprechanlage an, um zu hören, wie es ihm sowie dem Rest ging. Wir hatten uns nun seit einer Woche nicht gesehen. Während das regelmäßige Tuten zu hören war, tippte ich die Adresse, die Mister Donovan mir gegeben hatte, ein.

»Und? Wen hast du bekommen?«, waren seine erste Worte, als er den Anruf annahm. Direkt bildete sich ein Schmunzeln auf meinen Lippen.
»Ruben Monroe.«
Er lachte leise, was auf keinen Fall ein gutes Zeichen sein konnte.
»Wenn du mich jemals als schlimm empfunden hast, was du garantiert hast, wird er das übertreffen.«

Na super, das würde dann wohl eine angenehme Zeit werden. Am liebsten wäre ich wieder umgedreht und hätte mit Mister Donovan gesprochen, aber ich tat es nicht. Ich wollte mir von der Person und der dazugehörigen Situation selber ein Bild machen. Wenn es wirklich nicht funktionierte, konnte ich noch immer darum bitten, dass jemand anderes Ruben übernahm. Beim Label waren genügend Bodyguards angestellt, die nichts gegen einen Tausch einzuwenden hatten.

»Ruben ist die Ratte, mit der ich nach einer Woche die Zusammenarbeit beendet habe«, sagte Lesley.
Ah, nun erinnerte ich mich, warum mir sein Name bekannt vorkam.
»Er war derjenige, der dich arbeiten lassen hat, ohne selber etwas zu machen, oder?«
»Genau, aber das ist jetzt Schnee von gestern.«
»Da hast du wohl recht, aber das war trotzdem nicht in Ordnung«, stimmte ich ihm zu.

Wir unterhielten uns noch kurz darüber, bis ich ihn fragte, wie es dem Rest ging. Bei Cade, seinem Sohn, wurde erst vor kurzem Epilepsie diagnostiziert. Glücklicherweise hatte er seit der Diagnose keinen erneuten Anfall gehabt, aber die Medikamente machten ihn sehr müde. Bei einem fünfjährigen war das sehr schade, da er dadurch viel vom Tag verpasste. Lesley kam ziemlich schnell zu Ben, dem Adoptivsohn seines Partners Rico. Er besucht seit kurzem wieder die Schule. Nebenbei nahm er weiterhin am Boxtraining teil. Solange er mit dem Schulstoff zurechtkam, durfte er zum Training.

»Ich muss auflegen, denn ich bin bei Ruben angekommen«, sagte ich, nachdem ich ihm ein paar weitere Minuten zugehört hatte.
Ein leises Kichern ertönte, was mich die Augen verdrehen ließ.
»Berichte mir«, bat Lesley mich, was ich bejahte.

Das Metalltor öffnete sich automatisch, was mich beeindruckt die Augenbrauen anheben ließ. Die Einfahrt bestand aus Kies. Daneben befand sich beidseitig frisch gemähter Rasen. Vor dem großen doppelstöckigen Haus parkte ich und hoffte, dass Ruben nicht alle Räume nutzte. Vom Beifahrersitz nahm ich mir meine Cap und setzte sie mir auf, da ich keine Sonnenbrille dabei hatte. Die Sonne prallte auf mich herab, aber ich wagte es trotzdem einen kurzen Blick auf das Grundstück zu werfen. Anscheinend verlief die niedrige Steinwand einmal komplett herum. Davor befanden sich verschiedene Blumen und ich fragte mich, ob er sich selber darum kümmerte oder Angestellte dafür hatte. Direkt rechts neben dem Haus befand sich ein Baum, aber auf die Entfernung konnte ich nicht einordnen, welcher genau das war. Langsam trat ich die Treppen zur Veranda hinauf und betätigte schließlich die Klingel. Neben der Tür befand sich ein Tastenfeld, wodurch ich vermutete, dass es eine Sicherheitsanlage gab. Nun empfand ich es als übertrieben, dass ich nachts auf ihn aufpassen sollte. Ein genervt aussehender junger Mann machte mir die Tür auf. Wenn ich mich nicht irrte, hatte Mister Donovan vorhin gesagt, dass Ruben siebenundzwanzig sei.

Melodie der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt