#10 Massage

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Ruben

Noch am Abend tat mir mein Rücken von Westlys Aktion weh. Vor wenigen Minuten hatte ich Anthony darüber informiert, aber von ihm hatte ich noch keine Antwort erhalten. Meine Hoffnung war groß, dass das reichte, um ihn loszuwerden. Wenn das funktionierte, war es einfacher gewesen als ich gedacht hatte. Mein blaues Auge schob ich zu seinem Glück nicht auf ihn, denn das war Lesleys Schuld gewesen. Ich hatte nie erwartet, dass so viel Kraft in diesem Mann steckte. Mir entwich ein schmerzerfülltes Stöhnen, als ich von meinem Bett aufstand, da ich mir etwas zu trinken besorgen wollte. Leise schlich ich durch das Haus und hoffte, dass ich nicht dem Bodyguard begegnete. Jede Stufe, die ich herunter ging, schmerzte, aber ich versuchte weitere Geräusche zu vermeiden. Auf der Letzten fiel ich fast hin, da mein Handy in der Hosentasche anfing zu klingeln. Ein Grinsen bildete sich auf meinen Lippen, als ich den Namen meines Managers auf dem Display erkannte.

»Was hast du angestellt, damit Westly so reagiert hat?«, verlangte Anthony zu wissen.
Das konnte nicht sein, dachte ich mir. Er tat direkt so, als ob ich selber daran Schuld gewesen war, dass der Bodyguard mich so brutal auf den Boden gedrückt hatte. Trotzdem erklärte ich ihm, was passiert war, denn das hatte ich bei meiner Nachricht nicht getan.
»Ruben, Westly hat nur seinen Job gemacht. Er hat dich vor Lesley beschützt und vor dir selber.«
»Vor mir selber?«, hakte ich empört nach.
»Ja. Du hast Lesley provoziert. Wenn du auf ihn losgegangen wärst, hättest du dich selber in Gefahr gebracht.«

Für mich war diese Aussage kaum zu fassen. Mein Manager stellte mich als Täter dar, obwohl ich derjenige war, der sozusagen unter Westly begraben gewesen war. Da ich dieses Gespräch nicht mehr fortsetzen wollte, weil wir uns im Kreis drehen würden, legte ich auf und steckte das Handy zurück. Genervt setzte ich meinen Weg in die Küche fort, wo ich auch Westly vorfand. Bevor ich mich unbemerkt aus dem Staub machen konnte, sprach er meinen Namen aus. Anstatt auf ihn zu reagieren, lief ich an ihm vorbei, um mir ein Glas Wasser einzuschenken. Beim trinken würdigte ich ihm keinen Blick, obwohl er mehrfach meinen Namen wiederholte und mich das schon anfing in den Wahnsinn zu treiben. Als ich an ihm vorbei wollte, stellte er sich mir in den Weg. Vorsichtig legte er eine Hand auf meine Schulter. Zu meiner eigenen Verwunderung zuckte ich nicht zurück, sondern schaute ihm in die dunkelgrünen Augen. Bisher hatte ich nur einmal auf seine Augenfarbe geachtet, aber da waren sie braun gewesen, wodurch ich verwundert war. Trotzdem faszinierte mich das Grün und ich konnte meinen Blick kaum davon nehmen.

»Hast du nicht braune Augen?«, rutschte mir die Frage heraus, bevor ich mich davon abhalten konnte.
»Ja. Nein. Ich trage normalerweise farbige Kontaktlinsen, die ich vorhin rausgenommen habe.«

Bei diesem Grün konnte ich nicht nachvollziehen, warum er das tat. Nachfragen wollte ich nicht, denn dann könnte er merken, dass ich fasziniert war. Seine Hand fing an mich zu stören, wodurch ich diese abschütteln wollte, aber er hatte unbemerkt seinen Griff verstärkt. Westly hatte seinen Kopf fragend schief gelegt, was irgendwie niedlich aussah. Mein eigenes Denken über ihn irritierte mich, aber mir fiel auf, dass ich die letzten Tage schon öfter so etwas gedacht hatte. Ich brauchte dringend Abstand, beschloss ich. Leider wusste ich nur nicht, wie ich diesen schaffen sollte, da er mir außerhalb des Hauses überall hin folgte. Leise seufzte ich.

»Was ist los, Ru?« Geschockt riss ich meine Augen auf.
»Nenn mich nicht so.« Ich klang aufgebracht. Er schien das auch zu merken, denn er trat einen Schritt zurück, wofür er mich endlich loslassen musste.
»Tut mir leid.«

Das war das erste Mal, dass er sich bei mir entschuldigte, aber das war mir in dem Moment schlichtweg egal. Ohne weitere Umwege lief ich an ihm vorbei und dann in mein Schlafzimmer. Das schien der einzige Ort zu sein, an dem ich meine Ruhe hatte. Von meinem Nachttisch nahm ich mir meinen Notizblock, um an einem Song zu arbeiten. Es war mal wieder ein Tag, an dem es nicht so lief, wie ich es wollte, aber ich versuchte mir selber keinen Druck zu machen, denn das würde alles verschlimmern. Ich musste noch ein paar weitere schaffen, wodurch ich zumindest froh war, dass ich schon mehrere Anfänge hatte. In dem Block standen komplett fertige, aber die waren nichts für ein Album, da sie sich zum Beispiel mit meinen Ängsten beschäftigten, was meine Fans nichts anging. Vieles teilte ich mit ihnen, aber längst nicht alles, zumal mir genug Privatsphäre durch die Paparazzi abhanden kam. Kräftig zuckte ich zusammen, als rechts neben mir das Fenster zu Bruch ging. Schwer atmend hielt ich mir die Hand an die Brust. Ohne zu klopfen kam Westly hinein gestürmt und schaute sich um. Vom Fußboden hob er einen Stein auf, wo ein Zettel angeklebt war, nachdem er sich scheinbar sicher war, dass sich niemand anderes hier aufhielt. Während er das Schriftstück las, schaute ich mir die Videos von den Überwachungskameras an, aber wie beim letzten Mal war nichts zu erkennen. Die Person war komplett schwarz gekleidet und hatte eine Sturmmaske auf. Ich wollte gar nicht wissen, was Westly gelesen hatte, wodurch ich ihn mit einer einfachen Handbewegung das klarmachte.

Melodie der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt