Das Spiel

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Ich sah mich im überfüllten Vorlesungssaal um, die Köpfe der Studenten waren gesenkt, einige machten Notizen, andere sahen gelangweilt aus. Mein Blick wanderte von Reihe zu Reihe, als ich plötzlich innehielt. Dort, an der gegenüberliegenden Seite des Saales, wo ich Ella erwartet hatte, war ihr Platz leer. Ich will nur ungern zugeben dass ich mir Sorgen macht aber das machte ich mir.
,,Die nächste Vorlesung ist durchaus Klausur relevant, also wäre es durchaus sinnvoll wenn alle anwesend sind." Mein Blick stetig auf Lisa gerichtet, in der Hoffnung dass in der nächsten Vorlesung auch Ella wieder da sein würde. Ich wollte Sie sehen und ihre Präsenz spüren, sehen wie sie verlegen wegschaute wenn sich unsere Blicke trafen.

In der nächsten Vorlesung wurde ich tatsächlich nicht enttäuscht und Blicke geradewegs in Ellas Gesicht.
,,Da ich weiß wie anstrengend die Klausurphasen sind biete ich Stunden, Therapiestunden an in denen Sie mit mir reden können." Mein Blick wandert einmal durch den Hörsaal bevor ich weiter sprach ,,Falls sie jetzt oder demnächst an einem Gespräch Interesse haben, können Sie mich jederzeit nach den Stunden aufsuchen oder mir eine Email schreiben um einen Termin zu vereinbaren. Nun sind sie entlassen." Ich hätte nicht damit gerechnet das der ein oder andere Student tatsächlich nach der Stunde dableibt um einen Termin zu vereinbaren. Als ich dachte ich sei mit der Vergabe der Termine fertig tauchen Lisa plötzlich auf. Ella jedoch stand oben an der Tür des saales und schaute uns an.
Ich schau Lisa Fragen an und fange an meine Tasche zu packen. ,,Haben Sie vielleicht noch einen Termin frei?" Kam von Lisa, ich schaue sie an ,,Freitag um 18 Uhr, in meinem Büro. " Und somit ging ich an den beiden vorbei und verließ den Hörsaal. Ich war verwundert. Wieso wollte Lisa einen Termin und nicht Ella?
Mir ist nicht entgangen das Ella fertig aussah, sie hatte augenringe unter ihren Augen und sah aus als hätte sie Tage kein Auge zugemacht. Bei dem Gedanken an die jüngere schüttel ich meinen Kopf. Wieso interessierte es mich wie es ihr ging?

....

Lisa fiel direkt mit der Tür ins Haus.
,,Ella mag sie, mehr als sie sie mögen dürfte und sie spielen mit ihr, mehr als sie mit ihr spielen dürften", sagt sie, während wir uns tief in die Augen sahen. Ein ungewöhnlicher Moment, in dem ich nicht wusste was ich erwiedern sollte.
,,Ich weiß", erwieder ich ruhig, und fragte mich, was Lisa mit dieser Aktion bezweckte. Versuchte sie, mir ein schlechtes Gewissen zu machen? ,,Wieso spielen sie mit ihr? Das verletzt sie", fragt sie nun nach, und ein kleines Lächeln huschte über meine Lippen, bevor ich fortfuhr. ,,Es macht mir Spaß und Ella auch, sonst würde sie nicht immer auf mich zukommen."

Lisa hatte mich nur mit einem verständnislosen Blick bestraft. ,,Sie verletzen Ella und Ella kann sich nicht dagegen wehren, weil Sie dich liebt." Trotz des plötzlichen Duzens ließ ich mich äußerlich nicht aus der Ruhe bringen, obwohl es normalerweise meine Geduld strapazierte, wenn mich einer meiner Studenten duzte. ,,Ich kann Sie melden", hatte Lisa mit Nachdruck nachgesetzt, als ich keine Anstalten machte, irgendetwas zu erwidern. Doch ich wusste, dass sie mich niemals melden würde. Sie wusste, dass das sofort das Ende für Ella bedeuten würde.

Entschlossen griff ich nach einer meiner Visitenkarten und schrieb meine Nummer darauf. Auch ich wechselte ins Du. ,,Sag Ella, sie soll mich anrufen", sagte ich und drückte ihr die Karte in die Hand. Lisa schüttelte nur den Kopf, bevor sie mein Büro verließ.

Ich hatte das Gespräch mit Lisa nicht geführt, um sie zu erpressen oder einzuschüchtern. Ich wollte einfach mit Ella reden. Ich wollte verstehen, ob sie wirklich so sehr verletzt war, wie Lisa behauptete. Für mich war das Spiel eine Art von Erregung und Ella war meine Mitspielerin. Sie hätte jederzeit das Spiel abbrechen können, aber sie tat es nicht. Sie wollte mitspielen, und sie wusste genau, worauf sie sich einließ.

An diesem Abend und dem darauffolgenden Tag erhielt ich keinen Anruf. Ich wartete geduldig, vielleicht auch ein wenig besorgt, ob ich vielleicht doch zu weit gegangen war. Was hatte Ella überhaupt gedacht? Diese Fragen quälten mich, während ich über meine nächsten Schritte nachdachte.

Die Professorin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt