Che'ira - Die Ruine

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Die Nacht verbrachten Jiskra und ich im Gemeinschaftshaus, obwohl Jiskra sich dafür aussprach, dass wir bereits mit der Gruppe in deren "Lager" schliefen, lies ich mir die Gelegenheit, ein vorerst letztes Mal in einem Bett zu schlafen, nicht entgehen. Am nächsten Morgen trafen wir den Hexenjäger und den Rest der Gruppe am Dorfeingang. Diesmal waren sie alle gerüstet und bewaffnet. Mein Blick schweifte erneut über die Gruppe. Dragan, der uns freundlich zu lächelte, trug eine gut sitzende Lederrüstung und hatte ein großes Schwert an der Seite befestigt. Daichin wirkte mürrisch und musterte Jiskra und mich abfällig, Prina bereits auf seinen Schultern. Amdiriur, der gestern so reserviert und desinteressiert gewirkt hatte, strahlte über das ganze Gesicht und kam mit federnden Schritten auf uns zu. Auch er trug eine lederne Rüstung, an seiner Seite baumelte ein filigraner Degen. "Kiara, Jiskra. Schön euch wieder zu sehen!", rief er uns entgegen. Daichin brummte etwas unverständliches. "Sie heißt Che'ira nicht Kiara, Amdiriur!" Prina warf mir einen entschuldigenden Blick zu, den ich Dankbar auffing. Der Elf war nicht der erste, der meinen Namen falsch aussprach, aber er würde es noch lernen. "Kiara, Che'ira, Kaira,... Ist doch alles das gleiche! Eure menschlichen Namen klingen für mich eh alle seltsam!", flötete Amdiriur. Ich blinzelte verdutzt, schluckte meine Antwort jedoch hinunter. Daichin mischte sich in das Gespräch ein: "Ihr seid sicher, dass ihr mit wollt?" Er runzelte argwöhnisch die Stirn und sein Tonfall war abweisend und herablassend. Jiskra bedachte ihn mit einem forschenden Blick, ihre stechenden grauen Augen, schienen Daichin zu durchbohren. "Wieso wollt ihr unsere Anwesenheit vermeiden?" Daichin grummelte: "Ich kenne euch nicht. Die anderen kenne ich auch nicht lange. Aber mit ihnen habe ich Zombies erschlagen, daher vertraue ich ihnen. Blut vergießen verbindet. Dabei ist es auch egal ob es das eigene oder fremdes Blut ist..." Daichins Blick hellte sich ein wenig auf, während er scheinbar in Gedanken erneut den letzten Kampf durch lebte. Mir schauderte es, trieb diesen Mann denn nichts anderes an, als der Kampf auf Leben und Tod? Wie konnte jemand so versessen auf den Kampf sein. Die Antwort war klar, irgendwo in seiner Vergangenheit war dies sein Weg gewesen, doch wo genau war mir nicht klar. Amidiriur riss mich aus meinen Gedanken: "Vielleicht solltet ihr Blutsbrüderschaft schließen, dann könnt ihr ihnen vertrauen!" Ich lächelte höfflich, auch wenn ich den Witz nicht ganz verstand. Doch mein Lächeln gefror, als ich Amdiriurs ernsten Blick bemerkte und erkannte, dass Daichin lachend seine riesige Axt vom Rücken zog. "Das ist mal eine gute Idee." Sämtliches Interesse an Daichins Denkweise und Vergangenheit schwand und wandelte sich in pure Fassungslosigkeit. Der Mann war Irre, keine Frage! "Pack das Ding wieder weg!" Dragan hatte sich vor Daichin aufgebaut, der tatsächlich auf den dunkelhaarigen hörte. Langsam dämmerte mir, dass von dem Hexenjäger für mich wahrscheinlich weniger Gefahr ausging, als von dem Verrückten mit der Axt. "Aber, wenn wir für euch so schwach wirken, wie ihr es gestern angedeutet habt, dann sollten wir doch keine Gefahr für euch darstellen oder?" Jiskra hatte sich direkt an Daichin gewandt. "Ihr seid vielleicht körperlich unterlegen und es wäre ein leichtes euch im Nahkampf zu besiegen." Erneut lag Verachtung in Daichins Stimme. "Aber ich habe gesehen, was schwächlich wirkende Wesen mit Magie anrichten können." Bewundernd beobachtete ich, wie Jiskra das Gespräch ruhig und sachlich zu schlichten versuchte: "Dann werden wir beide einfach vor gehen, dann können wir euch nicht in den Rücken fallen." Es war ein guter Vorschlag, auch wenn mir der Gedanke nicht gefiel den Mann mit der losen Axt in meinem Rücken zu haben, aber auch er schien etwas dagegen zu haben. "Dann seid ihr diejenigen, die den Feind als erstes sehen und angreifen können." Ich seufzte innerlich und mischte mich schließlich mit meiner freundlichsten Stimme ein: "Ja dann ist der Sachverhalt eindeutig." Freudig strahlend ging ich auf Daichin zu und hakte meinen Arm bei ihm ein und stellte erstaunt fest, dass der Mann, der neben seinen Gefährten klein und gedrungen aussah, dennoch einige Zentimeter größer war als ich. "Wir gehen einfach nebeneinander!" Dragan, der während des gesamten Gesprächs immer wieder in Richtung der Sonne geblickt hatte, setzte zum gehen an. "Dann haben wir ja nun eine Lösung gefunden. Wir sollten aufbrechen. Ich denke wir werden schnell genug an den Punkt kommen, an dem ein Kampf die Bande stärken kann." Also schlenderten wir aus dem Dorf hinaus und gingen auf den Wald zu. Daichins schwankender Gang spiegelte sich bei jedem Schritt in meinem schmerzenden Bein wieder, sodass ich mich bereits nach wenigen Metern wieder von seinem Arm lösen musste. Ich war dankbar für eine plausible Ausrede aus seiner direkten Näher heraus zu kommen, doch er schien nicht einmal zu bemerken, dass ich ihn losgelassen hatte. 

Che'ira - Vom Hofe zur HexeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt