Kapitel 1 - Die Schänderin

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Als Lucia ihren letzten Nylonstrumpf über ihr rechtes Bein zog, schaute sie noch einmal zu ihrer Kapitänin hinüber. In der knapp beleuchteten Kajüte herrschte Dämmerlicht, während man von draußen das leichte Heulen des rauschenden Windes vernahm. Hin und wieder zuckte der unheilvolle Schatten von ihrer guten Freundin, als dieser durch das rapide Flackern der Kerzen hinter ihr an der hölzernen Decke verzerrt wurde. Ihre Kapitänin Amira saß wie jeden Abend im hinteren Bereich der finsteren Kajüte an ihrem schwarzen Schreibtisch. Im hellen Schein von vier roten Kerzen auf einem goldenen Ständer, floss ihr konzentrierter Blick mit Schärfe über einen Siegel Brief. Ohne dieses wertige Dokument überhaupt durchgelesen oder in Augenschein genommen zu haben, wusste die dritte Offizierin sofort von wem er stammte. Das aggresive und beißende Aroma von scharfem Parfüm war selbst bei einer starken Erkältung unverkennbar gewesen. Spürbar aufdringlich und scheinbar unaufhaltsam, drängte sich der wiederlich starke Duft und das bittere Aroma in ihre zarte Nase hinein. Lucia schüttelte bei dieser doch ungewöhnlichen, aber vorallem sehr teuren Geste ihren Kopf, während selbst ihr Speichel bei diesem übertriebenen Geruch anfing bitter zu schmecken, dann setzte sie sich auf die hölzerne Kante des Doppelbettes. Einen so prachtvollen wie sehr gewichtigen und kostspieligen Siegel Brief mit Parfüm einzusprühen, schien ihr als völlig abwegig und unsinnig zu wirken.

"Was für ein hohler Schwachsinn. Das ist wiedermal der typische Adel und seine ach so teuren Spielereien. Wie man es liebt und verachtet", dachte sie angewidert und griff mit ihrer rechten Hand unter die dunkle Bettkante zu ihren schwarzen Lederstiefeln. Amira's knöcherner Zeigefinger aus reinstem Delirium Stahl strich währenddessen über den letzten sehr hoch formulierten Absatz des wertigen Dokuments, dann seufzte sie laut auf und schaute zu ihrer dritten Offizierin, die gerade ihren linken Stiefel angezogen hatte und die erste der silbernen Schnallen unter der dunklen Lederkrempe zu schloss.

,,Ist das zu fassen Lucy? Langsam glaube ich wirklich das dieser reiche Wiederling lebensmüde ist. Der kann bloß froh sein, das ich ihm nicht seinen arroganten Adelsarsch aufreiße", meinte Amira sichtlich verärgert und verwarte das in blauer Tinte verfasste Schriftstück. Die dritte Offizierin musterte ihre wütende Kapitänin neugierig und beobachtete ernüchtert, wie ein weiteres der bekannten Dokumente in der ledergebundenen Mappe verschwand.

,,Ist es schon wieder ein schleimiger Siegel Brief von Edmund Dreska?", fragte Lucia wohlwissend das ihre Vermutung richtig lag zu ihrer verärgerten Freundin hinüber.

Amira grinste kurz abfällig und zuckte knapp mit ihren angespannten Schultern, als ob die offensichtliche Frage ihrer treuen Offizierin nur nach einer einzigen Antwort verlangte.

,,Dieser Mistkerl ist absolut unfassbar. Es ist wohl wirklich so offensichtlich für jeden in Reichweite dieses Briefs nicht wahr?! Aus welcher ekelhaften Feder könnte dieses abartige Dokument denn auch sonst stammen?", meinte ihre Kapitänin sarkastisch und strich sich einmal mit ihrer stählernen Knochenhand über ihr dunkelrotes Kopftuch. Lucia nickte nur bestätigend und wusste, das ihre weibliche Intuition, ihre knappe Vermutung das der Siegel Brief von Dreska stammte wieder einmal ins Schwarze getroffen hatte, dann wandte sie sich ab und zog ihren rechten Lederstiefel über ihr Bein.

,,Das ist jetzt schon der zweite Siegel Brief in dieser Woche. Und zu dem Inhalt von diesem ekelhaften Wiederling. Es ist eher ein großer Arschtritt in sehr hochformulierter Schrift eines stinkenden Liebhabers. Sein abartiges und beschissenes Parfüm Fleurs De La Pureté, kann er sich in seinen fetten Arsch schieben. Ich würde diesem arroganten Stiefellecker sogar sehr gerne dabei unterstützen", entgegnete Amira angewidert, öffnete erneut die dunkelbraune Ledermappe auf ihrem Schreibtisch mit einer knappen Geste und schaute zu ihrer dritten Offizierin hinüber. Lucia musste bei dem Ärger ihrer Kapitänin innerlich kichern, denn obwohl dieses Thema wirklich ernst zu nehmen war, so empfand sie insbesondere die aufbrausende Art wie ihre Kapitänin über Edmund Dreska sprach, immer irgendwie niedlich.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 22 ⏰

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