Kapitel 1: Um Entschuldigung bittet man

67 7 45
                                    

Das internationale Strafrecht ahndet nach den schwersten Verbrechen der Menschheit, Völkermorden und Kriegsverbrechen, und verfolgt Gerechtigkeit über nationale Grenzen hinweg.
Diese Bastion befähigt Interpol dazu, internationale Kriminalität auf allen Kontinenten zu verfolgen und führt zu der Verurteilung in Den Haag,
der Hauptstadt des internationalen Rechts.

Miss Winter,
hören Sie noch zu?

_________________

Ich lebte in einer Ein-Zimmer-Wohnung 30 Minuten mit Bus von der Universität entfernt in einem schlechten Viertel und mit einem großen Verdacht dafür, dass mein Vermieter mir verschwiegen haben könnte, dass die Fensterwand unter der Tapete von Schimmel befallen war.

Im Gegensatz zu meinen glamourösen Antizipationen für die Zukunft fehlte es in meinem Privatleben an jeglichem legeren Luxus. Was ich, wie ich hinzufügen möchte, mit kalter Schulter akzeptieren konnte.
Ich hatte mir nach meinem Schulabschluss ein Jahr Zeit genommen, um Geld für Miete, Lebensunterhalt, Semestergebüren und Studienmaterialien als Barkeeperin zu erarbeiten, denn das deutsche Bildungssystem blieb in seinen Lücken weiterhin ein klassistischer Alptraum für jedes Arbeiterkind.

Nach außen hin war es jedoch eine Kunst für mich, gehoben auszusehen. Mich anzupassen. Besser zu sein.
Ich trug vorzugsweise Mäntel, eine klassische goldene Uhr von Casio und immer hohe Schuhe. Vor allem weil ich es mochte, größer als Männer zu sein. Es gab nichts besseres.
Ich trug nie keinen Schmuck, ich legte es darauf an, in jedem Genre belesen zu sein und abends war meine Lieblingslippenstiftfarbe Rot, Avant Garde von Mac.
Meine Liste war endlos, und selbst wenn andere sie als „oberflächlich" abtun mochten, war mir klar, dass meine Liste ihre Klasse niemals verlieren würde. Sie hatte mir mein Selbstbewusstsein gegeben. Meine Persona war unantastbar.

Fast.

Denn es schien, dass meine Liste nicht die Zeit selbst aufhalten konnte und heute war ich spät dran.
Außerdem: In hohen Schuhen über eine nasse befahrene Straße zu rennen fühlte sich erniedrigender an als man denken würde.

Es war gerade einmal der erste Tag der zweiten Woche meines Studiums, in der die tatsächlichen Vorlesung erst anfingen, und ich kam zu spät zu meiner ersten Vorlesung für die Einweisung in das Bundesgesetzbuch, weil ich einen Moment gebraucht hatte, die Fremden, die in meinem Hauseingang Crack konsumiert haben, zur Seite zu beten.
Stattdessen hatte ich mir erst eine Zigarette angemacht.

Nun war ich, inklusive der Verzögerung der öffentlichen Verkehrsmittel, 10 Minuten zu spät, als ich schnell in die Eingangshalle der Fakultät schritt. Ich war nicht nervös, ich war abgefuckt, weil ich perfektionistisch war, und am besten eine weitere Zigarette bräuchte. Ich massierte tief durchatmend meine Nasenwurzeln.

Nun 11 Minuten zu spät.

12 Minuten als ich rechts abbog.

Ich strich um meine Augen, um sicher zu gehen, dass keine Mascara vom stürmischen Herbstregen abgefärbt hatte.

13 Minuten als ich die erste Treppe hochgegangen war.

Ich zog meinen Rock auf die vernünftige Höhe zurecht und knöpfte meine Lieblingsbluse höher zu, dessen Knöpfe schon kurz vor dem Abfallen waren, bevor ich eine Hand wieder in meiner schwarzen Manteltasche verschwinden ließ und mit der anderen meinen Haaransatz glättete.

Im Schatten des RechtsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt