Kurzgeschichte:

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Regen prasselte auf den durchweichten Untergrund, welcher in der Trostlosigkeit des Waldes nur eine Bestätigung für das Grauen war, das viele Junge Katzen heute erleben würden.

Tot. Sein erster Gedanke. Vermutlich auch sein letzter. Heute. Morgen. Oder doch erst in ein paar Monden. Nur wenn er Glück hätte. Glück.

Was war das schon für eine Sache? Diejenigen, die gierig waren hatten Macht und diejenigen die Gerechtigkeit wollten hatten Pech.

Glück war vergänglich. Pech ebenfalls. Trotzdem war es so viel einfacher Pech zu haben als Glück. Pech, wie er. Wie jeder, der in diese Gruppe von herzlosen Katzen hineingeboren wurde. Keine Chance auf Freiheit.

Wenn er diese Prüfung schaffen würde, dann würde er genau so werden. Kalt. Egoistisch. Empathielos. Er hatte keine Wahl. Es gab nur diesen einen Weg. Einen. Zumindest, wenn man nur die dazu zählte, die ihm ein Leben ermöglichten. Wenn man ein Leben in Gefangenschaft und Unterdrückung überhaupt so nennen konnte. Vermutlich nicht.

Aber an das Sterben zu denken, wollte er sich nicht ausmalen. Einfach nicht mehr zu existieren. Damit aufzuhören. Kein Wort mehr zu sprechen und keine Gedanken mehr zu fühlen.

Jeder einzelne Schmerz war es Wert zu leben. Wieder dieses Leben, dass ihm nie möglich wäre.

Er bohrte seine Krallen in den Schlamm und ließ sie einfach hindurchgleiten. Der Schmerz bohrte sich noch tiefer in ihn als er beschreiben konnte.

Leben oder sterben. Der Gedanke nichts zu sein ließ ihn die Luft anhalten.

Er blinzelte, um die Tropfen des Regens aus seinen Augen zu bekommen. Sie hatten sich wie ein Schleier auf seine Augen gelegt. Wie der Tod, der irgendwo in seiner Nähe wartete. Nicht nur in seiner. Auch in der seiner Freunde.

Doch als er die Augen wieder aufschlug blitzen ihn gelbe, leuchtende Augen entgegen. Das Maul geöffnet und der metallische Geruch von Blut stieg ihm entgegen, als die Katze gegenüber von ihm unheilvoll das Maul öffnete. Sein ganzer Körper zuckte, als er das beschmutzte Blut auf seinen Zähnen sah.

»Dann bist du wohl der nächste« keuchte die Stimme. Doch er hörte nicht wirklich zu. Seine Augen waren zu sehr auf das fokussiert, was ihn erstarren ließ. Was ihn an seinem Glauben zweifeln ließ – und an seinen Augen.

Ein kleines Fellfetzen von silbernem Fell hing an dem einen Zahn. Silber wie kein anderes. Er wünschte sich er hätte es nicht gesehen, oder, dass es ihn nicht mitreißen würde. Doch genau das tat es. Er war leichte Beute.

»Du hast sie getötet.« stammelte er verblüfft. Aus dem Wurf ihrer Geschwister war sie schon immer die stärkste gewesen. Sie hatte gekämpft. Für ihr Leben. Auch wenn es kein richtiges gewesen wäre. Sie war eine kleine Kriegerin. Eine, die jetzt tot war.

»Ja. Zu schade, dass ich nicht mehr Zeit für sie hatte. Findest du nicht auch?« das Krankhafte schmunzeln brannte sich in sein Gesicht.

»Ich hätte gerne noch ein kleines Pläuschchen mit ihr gehalten.« Die Kätzin leckte sich genüsslich über ihr blutverschmiertes Maul. Bevor sie ihre Krallen in seinen Schwanz bohrte, als er den Versuch startete jämmerlich, wie eine Maus, vor ihr zu Flüchten. »Möchtest du ihr vielleicht einen Besuch abstatten« Ihr Maul hatte sie weit geöffnet und der widerwärtige Geruch des Todes breitete sich auch in seinen Lungen aus.

Er starrte in die gelben, funkelnden Augen. Sie verbreiteten Chaos und Unruhe. Es war schon erstaunlich wie viel ein Blick anrichten konnte. Mit seinem Gewissen, Gedanken oder auch seinen Gefühlen.

In den Augen spiegelte sich sein Bild wider. Verängstigt und hilflos. Ohne jegliche Hoffnung. Sie war ihm schon entwichen, als er das silberne Fell seiner Freundin gesehen hatte. Wenn sie es nicht überstanden hatte, wie konnte er es dann tun.

Warrior Cats - Im Netz der LügenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt