Der verstoßene Krieger

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Der Wald lag still und bedrohlich vor ihnen, als Arion, Lyra und Finn sich tiefer in das unbekannte Gebiet wagten. Ihre Schritte waren vorsichtig, die Sinne geschärft. Die Präsenz der Dunkelheit war hier stärker, fast greifbar. Sie alle wussten, dass der Weg zu Kael, dem verbannten Krieger, nicht leicht sein würde.

Kael lebte seit Jahren in der Abgeschiedenheit, verbannt aus den Reihen der Kriegergilde für ein Verbrechen, das er angeblich begangen hatte. Er war bekannt für seine Stärke und seinen unbeugsamen Willen, aber auch für seinen tiefen Groll gegenüber jenen, die ihn verraten hatten. Arion hoffte, dass Kaels Zorn auf die Dunkelheit gelenkt werden konnte.

„Wir müssen vorsichtig sein“, sagte Lyra leise, als sie einen dichten Nebelstreifen durchquerten. „Kael vertraut niemandem. Wenn er uns für eine Bedrohung hält, wird er nicht zögern anzugreifen.“

„Ich habe gehört, dass er tief in den Bergen lebt“, sagte Finn, während er aufmerksam die Umgebung beobachtete. „Die alten Minen sind sein Versteck.“

Arion nickte. „Wir müssen ihn davon überzeugen, dass wir auf der gleichen Seite stehen. Wenn jemand uns helfen kann, dann er.“

Nach mehreren Stunden des Marschierens und Umgehens von dunklen Kreaturen erreichten sie schließlich den Fuß der Berge. Die alten Minen, Überbleibsel einer längst vergessenen Zeit, erstreckten sich wie ein gigantisches Labyrinth vor ihnen. Der Eingang war von wuchernden Pflanzen überwuchert, und der Boden war mit einer dicken Schicht aus Laub und Staub bedeckt.

„Hier sind wir“, murmelte Arion. „Haltet die Augen offen.“

Sie betraten die Mine und wurden sofort von einer kalten, feuchten Luft empfangen. Das Licht ihrer Fackeln warf tanzende Schatten an die Wände, die wie gespenstische Figuren wirkten. Der Weg war eng und die Geräusche ihrer Schritte hallten durch die Gänge.

Plötzlich spürte Arion, wie sich die Atmosphäre um sie herum veränderte. Eine bedrohliche Präsenz schien sie zu umgeben. „Kael muss wissen, dass wir hier sind“, flüsterte er. „Bereitet euch vor.“

Kaum hatten sie die Warnung ausgesprochen, als eine massive Gestalt vor ihnen auftauchte. Kael, mit seinem imposanten Körper und der kampferprobten Rüstung, stand da, sein Schwert in der Hand, bereit zum Angriff.

„Wer wagt es, mein Versteck zu betreten?“ brüllte er, seine Augen funkelten vor Wut.

„Kael, warte! Es sind Arion, Lyra und Finn. Wir brauchen deine Hilfe!“, rief Arion aus, die Hände in einer beschwichtigenden Geste erhoben.

Kael trat einen Schritt näher, die Augen verengt. „Arion? Was machst du hier?“

„Der Schattenwald ist in Gefahr“, sagte Arion ernst. „Dunkle Mächte breiten sich aus und bedrohen alles, was wir lieben. Wir brauchen deine Stärke, um sie aufzuhalten.“

Kael ließ sein Schwert sinken, aber das Misstrauen blieb in seinen Augen. „Warum sollte ich euch helfen? Die Menschen haben mich verraten, warum sollte ich mich jetzt für sie opfern?“

Lyra trat vor. „Weil es nicht nur um die Menschen geht, Kael. Es geht um den gesamten Wald, die Magie, die Kreaturen, alles, was du einst geschworen hast zu beschützen.“

Eine lange Stille folgte. Kael sah jeden von ihnen genau an, als würde er ihre Seelen durchleuchten wollen. Schließlich seufzte er und steckte sein Schwert weg.

„Ich habe keine Liebe mehr für die Menschen, aber ich werde nicht zulassen, dass die Dunkelheit den Wald verschlingt“, sagte er. „Ich werde euch helfen. Aber seid gewarnt – ich mache das auf meine Weise.“

Arion nickte dankbar. „Das ist alles, worum wir bitten.“

Mit Kael an ihrer Seite fühlten sie sich stärker. Der verstoßene Krieger, die Hexe, der Dieb und der Waldläufer machten sich auf den Weg zurück durch die Mine und hinaus in den Wald. Ihre Gruppe war nun vollständig, und ihre Mission klarer denn je: Die Dunkelheit musste aufgehalten werden, koste es, was es wolle.

Die Wächter des SchattenwaldesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt