Wege ins Unbekannte

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Das Geschrei meiner Eltern hallte durch das Haus, als ich in meinem Zimmer saß und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Es war immer das Gleiche: dieselben Vorwürfe, dieselben Tränen, dieselbe bittere Enttäuschung. Mein Vater trank zu viel und hatte meine Mutter betrogen. Seine Schuldgefühle verwandelten sich in Aggressionen, die er an uns allen ausließ. Meine Mutter war verzweifelt und verletzt, unfähig, ihm zu vergeben oder sich von ihm zu lösen. Ich konnte es nicht mehr ertragen. Mit einem entschlossenen Seufzen stand ich auf, packte meinen Rucksack und nahm Max, meinen treuen Hund, an die Leine. Es war Zeit zu gehen.

Max, ein großer, kräftiger Golden Retriever, schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte. Seine treuen Augen fixierten mich, als wollte er sagen: „Ich bin bei dir, egal was passiert.“ Wir verließen das Haus durch die Hintertür und tauchten in die Dunkelheit der Nacht ein.

Die frische Luft tat gut und beruhigte meine aufgewühlten Nerven ein wenig. Während wir durch die stillen Straßen liefen, fühlte ich, wie sich eine Mischung aus Freiheit und Angst in mir breit machte. Max trottete ruhig neben mir her, seine Anwesenheit war wie ein stiller Trost. Die Stadt war still und dunkel, die Straßen schienen endlos. Ich hatte keinen konkreten Plan, nur das Bedürfnis, weg von all dem Lärm und den Schmerzen zu kommen.

Wir liefen stundenlang, bis wir einen kleinen Park am Stadtrand erreichten. Es war ein friedlicher Ort, weit weg von allem, was mich belastete. Ich setzte mich auf eine Parkbank. Max setzte sich neben mich, sein Kopf ruhte auf meinen Knien. Ich konnte das Zittern in meinen Händen nicht unterdrücken, aber Max' beruhigende Anwesenheit half mir, ruhig zu bleiben.

„Ich weiß nicht, wie lange wir hier bleiben können,“ murmelte ich. „Aber es muss besser sein als zu Hause.“

Die Stunden vergingen, und ich dachte über die letzten Jahre nach. Früher war mein Zuhause ein Ort des Lachens und der Liebe gewesen. Jetzt war es nur noch ein Schlachtfeld. Ich wusste, dass ich nicht für immer weglaufen konnte, aber ich brauchte eine Pause. Ich musste herausfinden, wer ich war und was ich wollte, ohne das ständige Chaos um mich herum.

Während ich da saß, dachte ich über die Ursachen des ständigen Streits meiner Eltern nach. Es war nicht nur die Untreue meines Vaters oder sein übermäßiger Alkoholkonsum. Tief im Inneren hatten sie sich gegenseitig verloren, ihre Liebe und Wertschätzung füreinander waren im Alltag verschwunden. Kleine Missverständnisse hatten sich über die Jahre hinweg zu unüberwindbaren Mauern aufgetürmt. Ich fragte mich, ob es jemals anders gewesen war oder ob sie schon immer auf einem Pulverfass lebten, das irgendwann explodieren musste.

„Vielleicht“, dachte ich, „vielleicht geht es nicht nur darum, wohin wir jetzt gehen, Max. Vielleicht müssen wir herausfinden, wie man neu anfängt, ohne die Schatten der Vergangenheit.“

Ich sah Max an und fühlte eine plötzliche Klarheit. „Ich muss herausfinden, wer ich bin und was ich will, Max. Nicht nur weg von allem, sondern auch hin zu etwas Neuem. Etwas, das wirklich zu mir passt.“

Max schnaufte zufrieden, als hätte er meine Gedanken verstanden. Und so saßen wir dort, in der friedlichen Stille der Nacht, bereit für den nächsten Schritt in unser unbekanntes Abenteuer. Egal wohin der Weg führte, ich war entschlossen, herauszufinden, wer ich wirklich bin und was ich in meinem Leben erreichen wollte. Max und ich, zusammen gegen die Welt, auf der Suche nach einem Ort, an dem wir wirklich wir selbst sein konnten.

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