Kapitel 2

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Daniel Smith starrt gedankenverloren aus dem Fenster des zwölften Reviers in New York City. Er weiß nicht genau, wie lange er sich bereits hier befindet, doch die Uhr an der beigen Wand neben dem Fenster zeigt bereits kurz nach sechs Uhr abends. Er hat längst Feierabend, doch er kann jetzt nicht einfach nach Hause gehen. Dort ist er allein, er würde sich an die furchtbaren Geschehnisse erinnern, die ihm so sehr zugesetzt haben, als er den Anruf vom Krankenhaus bekommen hatte.

Jetzt habe ich doch daran gedacht, denkt er und verflucht sich dafür selbst. Tränen steigen ihm in die Augen. Was ist, wenn sie nicht mehr wird? Wenn ihre Erinnerungen nicht mehr zurückkommen?

Vor vielen Tagen hat er einen Anruf vom Krankenhaus bekommen, wo seine Partnerin Detective Elena Parker eingeliefert wurde. Man hatte sie schlimm zugerichtet und ihm erzählt, dass sie ihre Erinnerungen verloren hat. All ihre Erinnerungen. Zwar können diese wiederkommen, doch es braucht Zeit. 

Daniel hatte es nicht übers Herz gebracht, sie zu besuchen. Er will sie nicht in diesem Zustand sehen. Wird sie je wieder die alte sein? Wieder der gute Detective, mit einer atemberaubenden Aufklärungsquote?

Daniel seufzt und wischt sich die Tränen weg. Er will nicht traurig sein, obwohl er jeden Grund dazu hat. Am liebsten würde er sich in seine Arbeit stürzen, aber im Moment gibt es keinen Fall, der ihn ablenken könnte. 

Doch genau in diesem Moment klingelt sein Smartphone. Er zieht es aus seiner Hosentasche, schaut aufs Display. 

Phillip Barlow

Phillip ist ein Police-Officer. Wenn er anruft, muss es etwas Wichtiges sein. 

„Daniel Smith, was gibt's?", fragte er, nachdem er den Anruf angenommen hatte. 

„Hallo Dan, es gibt eine Leiche im Central Park", sagt Phillip. „Ich schicke dir den genauen Standort."

„Verstanden." Eilig notiert sich Daniel den Standort, schnappt sich seine Waffe und zieht sich einen Mantel über. Um diese Uhrzeit ist es doch schon etwas frisch. 

Eilig fährt er mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage, wo sein Ford Crown Victoria Polizeiwagen steht. Hier auf dem Revier haben fast alle einen Ford Crown Viktoria. Daniel liebt diese Automarke. 

Eilig fährt er aus der Garage und fährt mit hohem Tempo durch die belebten New Yorker Straßen. Der Central Park in Manhattan ist zum Glück nicht weit vom Revier entfernt und bereits nach zwanzig Minuten kommt er am Tatort an. 

Eilig verlässt er den Wagen und steigt über die Absperrung, die zwischen einigen Bäumen um den Tatort um zu gespannt ist.

Schon von Weitem erblickt er den Gerichtsmediziner, Malcom Nolan, der neben einer männlichen Leiche kniet und gerade Fingerabdrücke nimmt. 

„Hallo Nolan. Was haben wir?", fragt Dan und stemmt die Hände in die Hüften. 

„Unser Mordopfer heißt Sam Bishop, vierunddreißig, wurde mit einem Kopfschuss aus nächster Nähe erschossen. Er ist Bankangestellter in der City Bank of New York. Todeszeitpunkt schätze ich zwischen siebzehn und siebzehn Uhr dreißig. Ein Jogger hat die Leiche am Ufer des Sees gefunden und sofort die Kollegen verständigt."

„Verstehe. Gibt es Anzeichen auf einen Kampf?", fragt Dan weiter. 

Nolan schüttelt den Kopf. „Das Opfer muss seinen Mörder gekannt haben und hat nicht damit gerechnet, dass dieser ihn erschießt."

Nachdenklich nickt Dan und sieht sich um. Er entdeckt zwei Polizeikollegen, die gerade mit dem Jogger sprechen, der die Leiche gefunden hat. Er sieht verängstigt aus. 

Mit raschen Schritten geht er auf die Drei zu und stellt sich vor. „Guten Tag, Detective Daniel Smith. Ich ermittle in dem Mordfall. Sie haben das Opfer gefunden?"

Der Jogger, er hat braunes Haar und grüne Augen und zudem eine sehr sportliche Figur, nickt. „Das habe ich. Ich war hier joggen, als ich auf etwas Merkwürdiges Aussehendes am Ufer aufmerksam wurde. Ich stoppte und habe nachgesehen, was es war. Da habe ich die Leiche erkannt und sofort die Polizei gerufen."

„Haben Sie etwas anderes bemerkt? Vielleicht jemand, der weggerannt ist? Der Mörder möglicherweise?"

Diesmal schüttelt der junge Mann den Kopf. „Tut mir leid, Detective. Aber als ich hier langgelaufen bin, war hier niemand anderes in der Nähe."

„Verstanden." Dan reicht dem Läufer seine Visitenkarte. „Wenn Ihnen noch etwas einfällt, melden Sie sich bitte bei mir."

Der Jogger nickt und Dan entfernt sich von ihm. Er muss dringend etwas über das Opfer herausfinden. Vielleicht haben seine Kollegen bereits Informationen gesammelt. 

Er tritt zu Phillip Barlow, der mit der Angehörigen des Opfers, die sofort zum Tatort gekommen war, als sie vom Tod ihres Mannes erfahren hatte, spricht.

„Hallo, Detective Daniel Smith. Ich ermittle in dem Mordfall ihres Mannes. Mein herzlichstes Beileid. Es muss schwer für sie sein, aber ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen, wenn das in Ordnung ist."

Die Frau wischt sich ihre Tränen von der blassen Wange und nickte langsam. „Es muss ja sein, nicht?"

Dan nickt und stellt seine erste Frage. „Fällt Ihnen jemand ein, der ihrem Mann schaden wollte? Also Feinde ihres Mannes?"

Die Frau überlegte kurz, bevor sie antwortete: „Eigentlich hat Sam sich kaum Feinde gemacht, nur in der Bank, wo er gearbeitet hat, gab es eine Auseinandersetzung mit seinem Chef Jim Carlyle. Worum es ging, wollte Sam mir nicht sagen, aber nach dem Streit mit seinem Chef wollte Sam sich in eine andere Bank versetzen lassen."

Dan schluckt. Jim Carlyle ist ihm kein fremder Name. Seine Partnerin Elena, die im Moment im Krankenhaus liegt, und er haben vor einer Weile gegen ihn ermittelt, da er vor langer Zeit etwas gestohlen hatte. Außerdem verdächtigen Sie ihn, einen zwielichtigen Geschäftsmann, der wohl in Carlyles illegalen Geschäfte involviert war, umgebracht zu haben. Dan traut es Jim Carlyle also definitiv zu, den Mann umgebracht zu haben. Trotzdem muss er noch nach weiteren Feinden fragen. 

„Wissen Sie noch von weiteren Feinden Ihres Mannes?"

Die Frau nickt. „Unser Nachbar, Mr Annington. Ständig hört er zu laut Musik und Sam hat sich bei ihm beschwert. Das ist bei unserem Nachbarn nicht gut angekommen und er hat Sam damit gedroht, ihn umzubringen, aber Mr Annington ist ein Mann der Worte und nicht der Taten."

Eilig notiert sich Dan die wichtigsten Dinge. „Vielen Dank, das hilft uns sehr weiter. Ich hätte allerdings noch eine Frage. Was könnte Ihr Mann hier im Park gemacht haben? Soweit ich weiß, ist die Bank am anderen Ende des Stadtteils."

„Ich weiß es nicht. Sam arbeitet eigentlich immer bis spät in den Abend herein", sagt die Witwe. 

„Ich danke für die Auskunft, Mrs Bishop. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, melden Sie sich bitte", bedankt sich Dan. 

„Bitte informieren Sie mich, wenn Sie den Mörder von meinem Sam gefunden haben", bittet Mrs Bishop.

„Natürlich." Dan nickt und lächelt der Dame freundlich zu, bevor er sich zu seinem Wagen begibt. Er ist hier fürs Erste fertig am Tatort. Jetzt gilt es, Carlyle und den Nachbarn Mr Annington zu befragen. 

Dass Carlyle anscheinend in diesen Fall involviert ist, gefällt Dan allerdings so gar nicht. Auch wenn er nicht gefährlich wirkt, wenn man ihm gegenübersteht, hat er es faustdick hinter den Ohren. Doch beweisen kann man es nie. Er kann seine Spuren einfach zu gut verwischen.

Daniel seufzt und steigt in den Wagen. Er hat gehofft, nie wieder etwas von Carlyle zu hören, doch dieser Fall hat ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Geschrieben von @Alexandra_Marvelfan

The DARKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt