Neben Einsamkeit und Angst verbirgt sich ein weiteres, dunkles und ebenso schmerzhaftes Gefühl: das Gefühl, nicht genug zu sein. Man gibt sein Bestes, um anderen zu helfen, man tut alles, um ihnen zur Seite zu stehen. Jeden Morgen erwacht man mit dem Gedanken, wie man heute wieder helfen kann. Ein einziger Gedanke kreist unaufhörlich im Kopf: Ich möchte sie glücklich machen. Ich möchte meine Familie, meine Freunde und alle Menschen in meinem Umfeld zufriedenstellen. Ich wünsche mir, dass sie lachen, mich mögen und sich freuen, wenn ich auftauche. Wenn ich spreche, hoffe ich, dass sie gerne zuhören.
Doch egal, wie viel man gibt oder wie viel Zeit man investiert hat – jeder kleinste Fehler katapultiert einen zurück auf den Boden und stellt einen als Versager dar. Es scheint nie genug zu sein, selbst wenn man die ganze Welt auf den Kopf stellen würde. Es wäre niemals genug.
Ich bin ehrlich: Ich glaube nicht an Liebe in dem Sinne, dass ein Mensch dich so sehr lieben könnte, dass er alles für dich tun würde. Selbst Worte wie „Ich habe dich gern" oder „Du bist mir wichtig" sind schön zu hören, aber für mich sind sie nur eine große Hülle des Nichts. Es tut mir leid, dass ich die Liebe anderer nicht akzeptieren kann, aber es ist so. Egal wie sehr ich es versuche, es funktioniert nicht. Man sieht das Lächeln in den Gesichtern der anderen, aber man weiß nie, was sie wirklich denken. Ich fühle mich nicht gut genug, um diese Liebe zu verdienen.
Das mag alles etwas seltsam erscheinen, und ich gebe zu, es ist ziemlich kompliziert. Aber es gibt keine Worte, um das Gefühl vollständig zu beschreiben.
Man strukturiert sein ganzes Leben danach, andere glücklich zu sehen. Man tut, was sie sagen, handelt so, dass sie glücklicher sind – als wäre das eigene Leben, der eigene Körper ein Diener der Bedürfnisse anderer. Doch genau dieses Gefühl der Erfüllung, das Lächeln, das entsteht, das „Danke", das man erhält, ist es, was am Ende des Tages glücklich macht. Ich weiß nicht, ob jemals jemand verstehen wird, wie ich fühle. Momentan denke ich, ich sei die Einzige, die so empfindet. Doch wenn es jemanden gibt, der die Dinge ähnlich sieht, wird er vielleicht eine bessere Erklärung finden und mehr Worte, um das Gefühl zu beschreiben.
Es ist belastend, ja, das ist es auf Dauer. Ich weiß überhaupt nicht, wie es genau dazu kam, aber ich bin mir über den Auslöser bewusst -meine Schwester- ihr Lächeln hat mich mit Freude erfüllt, bis ich realisierte, wie erschöpft ich war. Ich konnte nicht länger so weitermachen, ich wollte etwas ändern. Doch jetzt habe ich das Gefühl verloren und versuche, mich auf mich selbst zu konzentrieren. Seit dieser Änderung fühle ich mich immer unglücklicher, nichts erfüllt mich mehr.
Es ist traurig, miterleben zu müssen, dass man nur glücklich sein kann, wenn man andere zufriedenstellt – und sich dennoch bei jedem Fehler wieder schuldig fühlt.
DU LIEST GERADE
Nur für mich
Short StoryWenn der letzte Tag gekommen ist, fragt man sich: Habe ich alles getan, was ich tun wollte? Konnte ich all meine Träume und Ziele erreichen? Habe ich das Leben wirklich gelebt, oder war ich nur wie eine Puppe, die durch die Tage geführt wurde? Ich g...