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Ich wusste das Luna hier gleich mit ihren Hunden lang kam, also schlang ich meine Arme um meinen Körper und wartete. Die Brandblasen an beiden Händen machten mir zu schaffen, aber es war es definitiv Wert. Ich musste schon dramatischere Shows ablegen, um an mein gewünschtes Objekt zu kommen. Das Messer hatte ich bereits sicher im Garten versteckt, bis ich es benötigen würde.

Luna hatte mir damals verraten wo die toten Blickwinkel lagen, für den Fall das ich meinen Gefühlen freien Lauf lassen müsse. Sie rechnete vermutlich nicht, wofür ich das nutzen könnte. In diesem Moment sah ich sie um die Ecke biegen. Sie begrüßte mich kurz und ich schloss mich ihrer Spazierrunde im Garten an.

"Ich habe gehört, was passiert ist." Erklärte sie darauf. Ich zuckte mir meinen Schultern. "Halb so schlimm." Gut, das war gelogen. Ich hätte den Arzt, den Salvador geschickt hatte, vermutlich nicht direkt weg schicken sollen. Eine Salbe hätte sicher geholfen. "Hat Dario irgendwas erzählt? Irgendwas hat sich verändert. Er benimmt sich total komisch." Sie stieß ihren Atem aus. "Ich würde nicht sagen, dass er sich komisch benimmt. Immerhin mag er dich, auch wenn du ihn nicht leiden kannst. Aber zu deiner Frage. Er hat mir nichts gesagt und ist meinen Fragen ausgewichen. Also ja, sie wissen irgendwas."

Das hatte ich befürchtet. "Aber was?" Murmelte ich mehr zu mir selber, als zu ihr. "Nun, vielleicht haben sie deinen Nachnamen herausgefunden und konnten mehr über dich erfahren." Dass das unmöglich war, musste ich ihr ja nicht auf die Nase binden. Ich hatte damals meinen Namen genannt, den ich im Kreis nutzte. Meinen echten Namen hatte ich schon lange nicht mehr genutzt. Er kam mir beinahe fremd vor.

"Ich denke nicht dass es das ist. Da gibt es nichts, was so auf sein Verhalten wirken könnte." Mir war klar, dass sie gern mehr wüsste, aber das Risiko konnte ich nicht eingehen. "Vielleicht haben sie die Kameras überprüft und gemerkt, dass es dir gar nicht so schlecht geht?" Mehr Frage als Antwort. Aber dann dämmerte es langsam. "Du hast doch das Video letzte Woche gelöscht. Da, wo mir Leonardo entgegenkam.

"Ja habe ich, aber in 20 Minuten lassen sich auch keine Meisterwerke erstellen. Wer genau genug hinschaut, wird Fehler sehen." Es kann nur das gewesen sein. "Dann weiß ich jetzt zumindest, warum er und Dario sich so komisch verhalten." Sie sah jetzt überrascht aus. "Wieso denkst du, Dario verhält sich komisch?" Scheinbar fühlte sich auch sie zu sicher. "Sie wissen, dass ich sowas nicht kann, aber sie wissen, dass du das kannst."

Sie schlug sich selber mit der flachen Hand auf die Stirn. "Wie konnte ich so blind sein! Natürlich hat er mir nichts gesagt. Er weiß, dass ich dir helfe." Und nun ist auch Salvador klar, dass ich ihm etwas vorspiele. Ich muss also zu Plan B übergehen. Definitiv nicht mein Favorit. Mir gehen aber langsam die Optionen aus. Jetzt musste ich zu drastischeren Maßnahmen greifen.

"Was willst du nun tun? Er hat deinen Plan durchschaut." Ja, das hatte er. Ich konnte ihr allerdings den Plan nicht verraten. Sie will mir zwar helfen, würde Salvador aber nie in Gefahr bringen oder mich. "Ich könnte einen Weg finden, dich hier rauszuschaffen. Du müsstest aber untertauchen, sonst wird er die ganze Welt nach dir absuchen." Ich schüttelte den Kopf. "Ich kann nicht mein Leben lang in Angst verbringen, dass er mich findet. Ich will mein altes Leben zurück." Und zwar das, was ich hatte, bevor mich Lucas in den Diebeskreis holte. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie er den Preis für meine Schwester anhebt, wenn ich wieder auftauche.

"Wie willst du das schaffen?" Ich hatte da schon lange diesen Plan, der aber entweder dafür sorgte, dass er mich rausschmiss, oder aber mich tötete. Nun musste ich wohl zu verzweifelteren Plänen greifen. Ich hätte mich mehr anstrengen müssen, dann hätte ich nicht darauf zurückgreifen müssen. "Ich werde mir was einfallen lassen."

Sie wusste, dass ich ihr nun nicht mehr sagen würde. "Sarah und Leo wollen heute Abend mit uns allen essen gehen. Danach wollen sie noch ein letztes Mal zu zweit verreisen für zwei Wochen." Ich stolperte beinahe über einen Stock, weil ich gar nicht darauf geachtet hatte, dass wir nicht mehr auf dem Kiesweg waren. "Essen gehen? In ... in einem Restaurant?"

Sie nickte. "Mit mir?" Wieder nur ein Nicken. "Wie kommt es denn dazu, dass er mich freiwillig hier rauslässt?" Ich hatte ihm ja nicht wirklich Gründe genannt, um mir Vertrauen zu schenken. "Das habe ich mich auch gefragt." Sie schlug den Weg Richtung Anwesen ein und ich folgte ihr stumm.

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Es war komisch zu wissen, dass ich gleich das erste Mal nach Monaten die Stadt sehen würde. Ich zog mir gerade eine Jeans über, als es an die Tür vom Ankleidezimmer klopfte. Ich wusste, wer da stand und zumindest so nett war, nicht reinzuplatzen. "Darf ich rein? Ich muss mich noch umziehen." Meine, ich ignoriere, bis er mich gehen lässt Taktik hatte ich heute Morgen über Bord geworfen, weswegen ich nun auch antworten konnte. "Ja." Die Tür schwang direkt auf und Salvador stand Splitterfaser Nackt im Raum.

Schnell wandte ich meinen Blick ab. "Oh Gott, muss das sein?" Er lachte leise auf. "Du redest wieder mit mir." Wow, tolle Antwort. Ich bekam im Augenwinkel mit, dass er inzwischen eine Anzughose anhatte, weswegen ich mich wieder umdrehte. "Wie hast du es rausgefunden?" Er drehte sich weg, um ein Hemd zu nehmen. "Ich war zu blind es zu sehen. Leo hat es rausgefunden." Ich lehnte mich am Schrank an und beobachtete ihn. "Du weißt schon, dass es ein Restaurant ist, wo man eher ein Kleid trägt?"

"Du kannst gern eins anziehen." Erwiderte ich. "Mir ist scheißegal was man in euren schicki micki Restaurants trägt. Ich hasse Kleider." Er knöpfte gerade sein Hemd weiter zu, als mir bewusst wurde, dass ich ihm vielleicht das erste Mal etwas Wahres über mich verraten hatte. "Das Restaurant gehört sowieso Silvio, also kommen wir rein."

"Ich schätze, darin wascht ich nicht nur dreckiges Geschirr." Meine Anspielung auf die Geldwäsche verstand er sofort. Sein Mundwinkel zuckte leicht nach oben. "Oder wir haben einfach ein nettes Restaurant in unserem Besitz." Ich schüttelte den Kopf und ging an ihm vorbei, um nach unten zu gelangen.

FEAR - Salvador Mendoza II MafiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt