8

37 4 0
                                    


Ich wollte gar nicht hinsehen, aber ich musste einfach sicher sein. Ich rutschte etwas tiefer in meinen Stuhl, als könnte mir das irgendwie Sicherheit schenken. Und dann sah ich ihn. Die Stimme war genauso unverkennbar wie sein Gesicht. Eine kleine Narbe, die sich durch seine Augenbraue zog und eine Lücke verursachte. Lucas. Er war ein gut aussehender Mann, aber das musste er auch sein, um in seinen Geschäften erfolgreich zu sein. Der Diebeskreis war nicht seine einzige Einnahmequelle. Ich konnte mich schon beinahe glücklich schätzen, dass ich in meinem Job so gut war, sonst hätte er mich genauso wie die anderen Mädchen mit 15 oder 16 Jahren in die Bordelle geschickt.

Der Gedanke setzte mir wieder zu. Ich musste schleunigst schauen, dass ich meine Schwester aus seinen Klauen bekam. Er sah sich gerade im Restaurant um. Geistesgegenwärtig stieß ich mit meinem Arm die Gabel vom Tisch und sah zu, dass ich mich schleunigst unterm Tisch versteckte. Wenn er mich hier sah, mit dieser Familie, würde er wer weiß wie reagieren. Was zur Hölle sollte ich bitte nur tun?

Ich versuchte zu erkennen, ob er endlich weiterging, als Salvadors Stimme erklang. "Kann ich dir da unten helfen?" Shit, den hatte ich ja mal ganz vergessen. "Äh nein, ich suche nur die Gabel." Ich konnte mir richtig vorstellen, wie er gerade aussah. Seine Verlobte kroch unter einen Tisch, um eine Gabel zu holen, die scheinbar vom Erdboden verschluckt war. "So weit kann sie ja nicht weg sein. Außerdem kannst du auch einfach eine neue nehmen." Bitte, bitte, sei nicht mehr da. Ich kam langsam wieder unter dem Tisch hervor gekrabbelt und wurde von wirklich allen an diesem Tisch schräg angeschaut.

"Du bist gerade unter den Tisch gesprungen, als hinge dein Leben davon ab." Isabel versuchte sich wirklich das Lachen zu unterdrücken. Indirekt hing davon auch ein Leben ab, nämlich das meiner Schwester. Meine Wangen liefen leicht rot an und ich schaute mich vorsichtig um. Er war nicht mehr am Eingang und zumindest nicht direkt an einem der Nachbartische. Nein, er saß bei dem Russen. Sein melodisches Lachen drang in jede meiner Zellen ein, wie eine Mahnung, dass ich ihm etwas schuldete.

Ich hatte keine Ahnung, was ich nun tun sollte, also versuchte ich mich zu beruhigen. Das war meine Chance, mit ihm zu sprechen, aber ich konnte mich wohl kaum kurz an seinen Tisch setzen. Ich konnte genauso wenig, nichts tun. Er musste wissen, dass ich nicht abgehauen war.

Plötzlich erschienen mehrere Kellner, die unser Essen brachten. Ich lächelte ihn freundlich an und beachtete das Essen nicht weiter. Der Gedanken jetzt auch nur einen Bissen runterzuschlucken sorgte dafür, dass ich mich übergeben wollte.

Ich blickte auf meine zitternden Finger hinunter und versuchte mich endlich wieder unter Kontrolle zu bringen. Bingo. Ich wusste, wie. Den Ring, den ich immer an meinem Zeigefinger trug, war von Lucas. Wenn ich es schaffte, dass er ihn bekam, wüsste er, dass ich hier bin. Mein Kopf ratterte, damit ich meinen Plan weiter ausführte. Okay, die Toilette lag auf seiner Seite. Wenn ich aufs Klo ging, könnte ich es schaffen. Es dürfte mich nur keiner verfolgen.

"Ich müsste auf Toilette." Sagte ich leise zu Salvador. "Hm?" Er schaute zu mir rüber. Genervt schloss ich meine Augen. Er hätte vermutlich nicht mal mitbekommen, wäre ich einfach aufgestanden. "Ich müsste auf Toilette." Wiederholte ich erneut. "Oh. Ja, geh nur, dort sind sowieso keine Fenster." Kurz schaute ich ihn kopfschüttelnd an und stand auf. Ich wusste nicht, ob er mich beobachtete, also musste ich vorsichtig sein.

Langsam, ohne hektisch zu wirken, ging ich los und zog mir den Ring vom Finger. In weniger Schritten wäre ich an seinem Tisch und dann mussten es glattgehen. Ich berührte beinahe seine Schulter mit meiner Hüfte, aber ich musste so nah an ihn, um den Ring auf seine Serviette fallen zu lassen. Ich stieß die Tür zum Flur auf und wartete. Es würde nur Sekunden dauern, bis er nachkam. Lucas war schlau genug zu wissen, dass es ein Zeichen war, dass wir beobachtet wurden, sonst wäre ich zu ihm gekommen.

Die Tür wurde aufgestoßen, es war aber zu meiner Enttäuschung nur eine Frau, die wirklich auf die Toilette ging. Doch er ließ nicht auf sich warten und erschien noch im Türrahmen, bevor sie zufiel.

"Eliana, ich habe mich schon gefragt, wann du zurückkommst." Mein Herz raste, als er mir so nah kam, dass nur noch eine Hand zwischen uns passte. "Ich war nie weg." Er legte den Kopf schief. "Was soll die Geheimnistuerei? Du und ich, wir haben einen Deal, aber du scheinst nicht mehr interessiert zu sein." Schnell schüttelte ich meinen Kopf. "Nein. Als ich mir vor 6 Monaten die Informationen holen wollte, wurde ich entführt." Dass er mir nicht glaubte, zeigte mir sein schallendes Lachen. "Ach ja?"

Ich musste mich beeilen. "Ich lüge nicht, Lucas. Ich hätte Amalia nie zurückgelassen und das weißt du. Überzeug dich selbst, an wessen Tisch ich sitze. Dieser Familie gehört das Restaurant." Er bekam große Augen. "Mendoza? Meine Vögelchen haben mir geflüstert das sie so etwas tun." Zum Glück hatte er überall Augen und Ohren, die für ihn Informationen beschafften. "Ich wurde heute das erste Mal rausgelassen, aber nur mit seiner ganzen Familie, wenn ich fliehe, wird er mich finden." Er schien nachzudenken. "Wie willst du dann deinen Deal einhalten?"

"Ich komme da bald weg, lass das meine Sorge sein." Ein Lächeln zauberte sich auf seine Lippen. "Es wird dich was kosten, dass du mich so lange hast warten lassen." Es war klar, dass er den Preis erhöhte. "Wie viel?" Er drehte eine Haarsträhne um seinen Finger. "Das werde ich mir noch überlegen. Aber jetzt geh zurück zu deiner neuen Familie." Bevor ich mich entziehen konnte, strich er mit dem Daumen über meine Lippe. Ich durfte ihn nicht verärgern, weswegen ich mich keinen Millimeter bewegte. "Okay, jetzt darfst du gehen." Langsam entfernte ich mich von ihm und betrat den Hauptraum des Restaurants.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 19 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

FEAR - Salvador Mendoza II MafiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt