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Ich saß da, die Musik und das Lachen um mich herum wurden zu einem dumpfen Hintergrundrauschen, während meine Gedanken wild umherwirbelten. Meine Hände zitterten noch leicht, und mein Herz wollte sich einfach nicht beruhigen. Die Vorstellung, was da oben hätte passieren können – was vielleicht noch passieren könnte – ließ mich nicht los.

Ich versuchte, mich zu beruhigen. „Atmen, Nora, atmen", flüsterte ich mir selbst zu und schloss die Augen. Doch jedes Mal, wenn ich sie schloss, sah ich wieder Zanes eisigen Blick, hörte seine tiefe, bedrohliche Stimme in meinem Kopf widerhallen. „Du wagst es, dich in meine Angelegenheiten einzumischen?" Seine Worte schnitten durch mich wie ein Messer.

Ich schüttelte den Kopf, versuchte, den Gedanken loszuwerden. Aber ich konnte es nicht. Wie war ich in diese Situation geraten? Ich wollte doch einfach nur frische Luft schnappen, Abstand von der überfüllten Party gewinnen. Stattdessen hatte ich etwas gesehen, was ich niemals hätte sehen sollen.

„Was mache ich jetzt?" murmelte ich leise vor mich hin, mein Blick starr auf die Tanzfläche gerichtet, wo Amy immer noch fröhlich mit ihrem Typen tanzte. Cassy war inzwischen nicht mehr beim Trinkspiel, sie unterhielt sich jetzt mit einer Gruppe von Leuten. Sie sah so unbeschwert aus, so... sicher. Alles, was ich in diesem Moment nicht war.

Ich spielte mit dem Gedanken, einfach zu gehen. Die Party zu verlassen und in mein kleines, sicheres Apartment zurückzukehren. Doch die Vorstellung, allein in der Dunkelheit Londons durch die Straßen zu laufen, ließ meinen Magen sich zusammenziehen. Was, wenn Zane mich sah? Was, wenn er wusste, dass ich gehen wollte, und er das nicht zuließ? Ich war mir sicher, dass er mich jetzt im Blick hatte, auch wenn ich ihn nirgendwo in der Menge entdecken konnte.

Ein tiefer Seufzer entwich mir, und ich ließ mich weiter in das Sofa sinken. Ich konnte Amy und Cassy nicht allein lassen, selbst wenn ich das alles am liebsten vergessen wollte. Was, wenn hier noch mehr passierte? Und was, wenn ich die Einzige war, die wusste, wozu diese Leute fähig waren? Zane und seine Freunde waren gefährlich. Das war mir jetzt mehr als klar.

Ich spürte, wie sich mein Körper langsam entspannte, aber der Druck in meiner Brust blieb. Ich musste eine Entscheidung treffen. Einfach weitermachen und so tun, als wäre nichts passiert? Oder raus hier, bevor noch mehr schieflief? Beide Optionen fühlten sich falsch an.

Ich lehnte den Kopf zurück und starrte zur Decke, suchte nach einem Ausweg aus diesem Schlamassel. Vielleicht sollte ich mit Amy und Cassy reden. Vielleicht konnten wir gemeinsam entscheiden, was das Richtige war. Aber ich wollte sie nicht mit hineinziehen. Was, wenn sie genauso in Gefahr gerieten wie ich? Nein, das konnte ich ihnen nicht antun.

Während ich dort saß und überlegte, spürte ich plötzlich eine Präsenz neben mir. Mein Herz setzte einen Moment aus, und ich drehte mich langsam zur Seite, halb erwartet, Zane vor mir stehen zu sehen. Doch es war nur ein fremder Partygast, der sich auf das Sofa fallen ließ und gedankenverloren an seinem Bier nippte. Er schenkte mir keine Beachtung, was mir nur zeigte, wie sehr die Party im vollen Gange war und ich mich fast unsichtbar darin verlor.

Ich atmete erleichtert auf, aber das Gefühl, beobachtet zu werden, blieb. Es war, als ob Zanes kalte Augen mich immer noch aus der Ferne verfolgten. Ich konnte ihn nicht sehen, aber ich wusste, dass er irgendwo da draußen war.

„Ich muss hier raus," dachte ich kurz, aber dann fiel mir wieder ein, dass ich das Auto fuhr. Ich konnte Amy und Cassy nicht einfach hierlassen. Wie würden sie sonst nach Hause kommen? Ich konnte sie unmöglich in diesem Haus mit diesen Leuten zurücklassen. Aber gleichzeitig konnte ich auch nicht einfach so weitermachen, als wäre nichts geschehen. Diese Zwickmühle drückte wie ein Stein auf meiner Brust.

„Vielleicht sollte ich mit Amy und Cassy reden," überlegte ich erneut, aber dann schüttelte ich den Kopf. Was sollte ich ihnen sagen? Dass ich Zane dabei gesehen hatte, wie er einen anderen Jungen bedrohte, fast zu Tode geprügelt hätte? Sie würden mich für verrückt halten.

Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich zuckte erschrocken zusammen, mein Herz raste, und für einen Moment war ich sicher, dass es Zane war. Doch als ich den Kopf ruckartig drehte, blickte ich in Amys besorgtes Gesicht. Sie beugte sich zu mir herunter, ihre Augen waren vor Sorge geweitet, und sie rief mir über die laute Musik hinweg zu: „Alles okay bei dir?!"

Ich wollte antworten, doch meine Kehle fühlte sich wie zugeschnürt an, ein dicker Kloß verhinderte, dass ich ein einziges Wort herausbrachte. Meine Augen brannten, und ich spürte, wie sich Tränen darin sammelten, bevor ich sie zurückhalten konnte. Es war einfach alles zu viel. Amy bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Ohne zu zögern, griff sie nach meiner Hand und sagte fest: „Oh Gott, komm, steh auf. Wir gehen."

Sie zog mich sanft vom Sofa hoch, und obwohl meine Beine wie Wackelpudding waren, ließ ich mich von ihr führen. Amy bahnte uns den Weg durch die Menge, und als wir bei Cassy ankamen, hielt sie kurz inne und rief: „Wir gehen!"

Cassy blickte erst verwirrt auf, doch als sie meinen Gesichtsausdruck sah, wich die Verwirrung aus ihren Augen und machte einem tiefen Verständnis Platz. Sie nickte, sagte kein Wort, sondern schloss sich uns wortlos an. Zusammen kämpften wir uns durch die Party und hinaus in die kühle Nacht.

Gerade als wir zur Tür hinaustraten, spürte ich wieder diesen Blick. Ich drehte mich instinktiv um und entdeckte Zane, der uns aus dem Schatten der Tür beobachtete. Sein Blick brannte sich in meinen Rücken, und ich fröstelte unwillkürlich. Mein Herz raste, doch ich versuchte, mich zusammenzureißen und nicht zurückzublicken.

Als wir endlich beim Auto ankamen, sagte Amy leise, aber bestimmt: „Ich fahre. Ich hab nicht viel getrunken." Sie warf mir einen schnellen Blick zu, und ich wusste, dass sie sah, wie meine Hände noch immer leicht zitterten. Ich war viel zu aufgewühlt, um sicher zu fahren, also gab ich ihr ohne Widerrede die Schlüssel.

Die Fahrt war still, abgesehen von dem leisen Brummen des Motors. Cassy saß auf dem Beifahrersitz und blickte immer wieder besorgt in den Rückspiegel, während ich auf der Rückbank versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Meine Brust zog sich immer noch schmerzhaft zusammen, und es fühlte sich an, als würde der Druck in mir nie verschwinden.

Als wir schließlich bei mir ankamen, stiegen wir wortlos aus dem Auto und gingen gemeinsam in meine kleine Wohnung. Erst als wir alle im Wohnzimmer auf dem Sofa saßen, brach die Stille. Amy sah mich mitfühlend an und fragte leise: „Was ist passiert, Nora?"

Ich atmete tief ein, dann begann ich zu erzählen. Von dem, was ich oben gesehen hatte, von Zane und seiner brutalen Art. Ich konnte meine Stimme kaum kontrollieren, während die Worte hervorsprudelten, doch Amy und Cassy hörten aufmerksam zu, ohne mich zu unterbrechen. Als ich fertig war, herrschte einen Moment lang Schweigen.

Cassy war die Erste, die sprach. „Das ist krass... Also war das die Party von Zane und James? Hätten wir das gewusst..." Sie ließ den Satz unvollendet, als hätte sie Angst, die Wahrheit auszusprechen.

Amy legte tröstend eine Hand auf meine Schulter. „Es tut uns so leid, Nora. Wir hätten dich niemals zwingen sollen, mitzukommen."

Ich schüttelte den Kopf und wischte mir eine Träne von der Wange. „Es ist nicht eure Schuld," murmelte ich. „Ich hätte ja auch Nein sagen können. Ich will einfach nur, dass wir das vergessen, okay?"

Wir umarmten uns, eine wortlose Vereinbarung, dass wir das hinter uns lassen würden. Amy und Cassy blieben die Nacht über bei mir. Es war eng, aber in dem Moment fühlte es sich sicher an, gemeinsam in einem Raum zu sein. Schließlich fielen wir erschöpft und still in den Schlaf, alle drei eng zusammengerückt, als könnten wir uns gegenseitig vor der Dunkelheit draußen beschützen.

Zwischen Licht & Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt