Gullfaxi war so abgefahren schnell, dass ich beinahe von seinem Rücken gerutscht wäre. Es kostete mich einiges an Kraft, mich ordentlich auf dem Hengst festzuhalten. Bei unserem ersten Ritt war er bei Weitem nicht so schnell gelaufen wie eben.
"Wir können Modi doch nicht alleine lassen!", schrie ich Gullfaxi gegen den Wind an, doch es half nichts. Der Hengst zeigte keine einzige Reaktion, er galoppierte auf Befehl seines Besitzers, als hinge sein Leben davon ab.
Gott, Modi war mit dem Lindwurm alleine! Auch Magni war einst mit einem Lindwurm alleine gewesen und hätte sein Bruder ihn nicht gefunden, hätte mein Lieblingsschwager vermutlich ins Gras gebissen. Wortwörtlich.
Verdammt, und dann auch noch dieses Mädchen. Sie war von diesem Lindwurm getötet worden, ich war sicher. Wie viele goldene Lindwürmer sollte es denn ansonsten schon geben?
Dieses goldene Drachentier hatte gefährlich ausgesehen. Und wie! Meine Finger krallten sich fester in Gullfaxis Mähne, da ich kurz aus dem Gleichgewicht geriet. Mist, ich wollte umdrehen, Modi beiseite stehen, ihn dazu animieren, ebenfalls zu fliehen, aber tief in mir drinnen wusste ich, dass ich ihm ziemlich sicher nur ein Hindernis wäre. Was sollte ich überhaupt gegen einen Lindwurm anrichten können, wenn es nicht einmal Magni geschafft hatte?
Schneller als mir lieb war, befanden wir uns im Vorgarten vom Bilskirnir. Gullfaxi legte natürlich wieder einen Slide sondergleichen hin, bei dem ich dieses Mal zwar darauf vorbereitet war, trotzdem klammerte ich mich letzten Endes an seinen Hals, weil ich beinahe kopfüber seinen Schopf gefallen wäre.
"Ist etwas passiert?" Eine junggebliebene Asin kam besorgt auf mich zu, ihre Klamotten mit Blättern und Gräsern übersät, ebenso wie ihr dunkelbraunes Haar. Sie kümmerte sich wohl um den Garten.
"Der Lindwurm", stammelte ich. "Modi ist noch dort. Er wird Verstärkung brauchen!" Ich hangelte mich von Gullfaxis Hals, spürte den Boden unter meinen Füßen, schwankte jedoch kurz, woraufhin mich die Gärtnerin am Ellbogen fasste.
"Der Lindwurm ist nicht weit von uns, sagst du?" Ihre Augen vor Schreck geweitet. "Unser Herr braucht Hilfe!", rief sie den umliegenden Männern und Frauen zu. Sie waren sofort Ohr und kamen zu uns. Dann erzählte ich in knappen Worten, was geschehen war.
Schneller als ich schauen konnte, standen die Männer alle marschbereit und mit Waffen gerüstet vor dem riesigen Eingangstor Bilskirnirs. Sie wollten eben aufbrechen, als einer der Männer den anderen etwas entgegen rief, woraufhin sie alle still standen und in die Ferne blickten.
Hastig gesellte ich mich zu ihnen, konnte meinen Augen kaum trauen, war aber so unglaublich erleichtert, als ich Sleipnir mit seiner enormen Geschwindigkeit ausmachen konnte. Ich blinzelte nur ein einziges Mal, und schon stand der Grauschimmel zwischen uns allen. Er blähte die Nüstern, sein Brustkorb hob und senkte sich schnell.
"Du kannst doch nicht einfach zurückbleiben! Weißt du, was für Sorgen ich mir gemacht habe?", rutschte es mir über die Lippen, gönnte den beiden keine Verschnaufpause.
Modi wirkte erschöpft, obwohl das bei den Kriegern Asgards so gut wie kaum vorkam. Doch dieses kleine Detail übersprang mein Gehirn im ersten Moment einfach. Ich war einfach zu aufgebracht vor Sorge, wollte den Asen auf dem Pferderücken zur gleichen Zeit schlagen, ebenso wie ich ihn erleichtert in meine Arme ziehen wollte.
"Wir wollten gerade losziehen", sprach einer seiner Bediensteten aus dem Palast und hob zur Bestätigung sein Schwert.
"Das weiß ich zu schätzen", erwiderte Modi erledigt. Er rutschte seitlich von Sleipnirs Rücken, hielt sich aber noch kurz an seiner langen Mähne fest. Von Modis kriegerischer Seite war im Moment nicht viel zu erkennen, dafür wirkte er mit einem Mal so kraftlos wie ein beinahe hundertjähriger Mensch auf mich.
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Geliebt von einem Gott
RomanceDahlia hätte nie gedacht, tatsächlich nach Asgard zu reisen. Doch genau da ist sie nun: In der Baumkrone der Weltenesche Yggdrasil. Für sie geht ein Traum in Erfüllung, vor allem, seitdem ihre Schwester wieder zurück aus der Vergangenheit ist. Denn...