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Keine Minute später sagte Sedat, dass seine Freundin Melinda angekommen sei und gerade an der Tür stehe. Er lief zur Eingangstür und bat Melinda herein. Ich hörte ihre Schritte, die immer näher ins Wohnzimmer kamen. Die meisten meiner Freunde waren in eigene Gespräche vertieft und bemerkten gar nicht, dass Sedat kurz weg war.

Sedat kam zuerst ins Wohnzimmer, und hinter ihm stand Melinda. Wegen ihrer geringen Körpergröße fiel sie mir erst später auf. Sie schaute direkt zu mir, als wüsste sie genau, wer ich bin. Ihr Blick wanderte dann zu meinem Bruder, den sie offenbar auch wiedererkannte. Als ich Melinda länger ansah, erinnerte ich mich plötzlich, wer da vor mir stand.

Rückblick
Alban sieht Melinda als Kind, als sie etwa sieben und er zehn Jahre alt war. Er erinnert sich an einen Tag auf der Kirmes, wo sie gemeinsam auf einem Kinderkarussell lachten und sich beim Drehen immer wieder anblickten.

Melinda Demaj ist also die Freundin von Sedat? Ich habe sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Es ist unglaublich, wie klein die Welt ist. Ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet sie und Sedat zusammenkommen würden. Ich war genauso schockiert wie mein Bruder Leonit, der sie die ganze Zeit anstarrte und immer wieder zu mir blickte, als wollte er mir bestätigen, dass das wirklich die Melinda ist, mit der wir aufgewachsen sind.

Melinda schaute zwischen uns hin und her und schien unsicher, wie sie reagieren sollte. Sie wusste wohl nicht, wie sie Sedat erklären könnte, dass sie mich und meinen Bruder Leonit schon lange kennt. Trotzdem versuchte sie, sich nichts anmerken zu lassen. Sie lächelte und begrüßte alle im Raum, auch meinen Bruder, und kam dann auf mich zu.

„Hey ... ich bin Melinda", sagte sie und streckte mir die Hand hin, als würde sie mich nicht kennen. Wahrscheinlich wollte sie nicht, dass Sedat von unserer gemeinsamen Vergangenheit erfährt. Ich spielte mit und nahm ihre Hand für einen kurzen Handschlag, bei dem wir uns in die Augen sahen, bevor sie meine Hand losließ.

„Alban", sagte ich noch, als sie meine Hand losließ, und sah zu, wie sie die anderen begrüßte. Sedat kam zu mir, legte den Arm um mich und fragte, wie mir die Party gefalle.

„Gut", antwortete ich und warf einen kurzen Blick zu Melinda, die sich gerade mit meinem Bruder unterhielt. Es war ein seltsames Gefühl, Melinda nach so vielen Jahren wiederzusehen. Ich hätte nie gedacht, dass unser Umzug uns wieder zusammenbringen würde.

Sedat trank auch ein wenig, war schon leicht angetrunken und sprach mit anderen Gästen auf der Party. Als ich wieder zu Leonit hinüber sah, stand er nicht mehr bei Melinda. Ich ging in die Küche, um mir etwas zu trinken zu holen, und traf dort auf Melinda, die sich gerade Wasser einschenken wollte. Sie zuckte zusammen, als sie mich bemerkte.

„Hey", sagte ich nur, um die Situation nicht komisch wirken zu lassen – immerhin kennen wir uns ja noch von früher, wir sind uns nicht völlig fremd.

„Hey", lächelte sie kurz, wandte ihren Blick aber schnell wieder ab. Ich nahm mein Glas und sah sie an.

„Geht's dir gut? Es ist lange her, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe. Wie geht es deinem Bruder Agon?" Ich wollte die seltsame Stimmung etwas auflockern und hoffte, mit ihr ein lockeres Gespräch zu beginnen. Immerhin ist sie Sedats Freundin, und da sollten wir uns irgendwie wieder verstehen.

„Danke, ja, ihm geht's gut. Danke der Nachfrage. Und deiner Familie? Ich habe gesehen, dass Leonit auch da ist, er sieht schon so erwachsen aus." Melinda lächelte leicht, doch ihr Gesichtsausdruck wurde wieder ernst, als sie den Satz beendete und mich dabei ansah. Ich erwiderte ihren Blick und stimmte zu, dass Leonit erwachsen geworden ist. Ich erzählte ihr, dass er seit Jahren versucht, sich einen Bart wachsen zu lassen.

„Stimmt. Er war der einzige in der Familie, der nie wirklich einen Bart hatte – als Jüngster eben." Ich lachte kurz, verstummte dann aber, weil mir die Situation unangenehm wurde. Es war merkwürdig, mit ihr zu sprechen, vor allem, weil wir so lange keinen Kontakt hatten und ich noch eine besondere Geschichte mit ihr teile.

„Ich gehe mal sehen, wo Sedat ist. Bis dann." Ich lächelte leicht und verließ die Küche. Ein Gespräch mit ihr zu führen, war nicht einfach, und ich wusste nicht, worüber ich mit ihr noch reden sollte. Flucht schien die einfachste Lösung.

Sedat befand sich im Wohnzimmer und unterhielt sich mit den anderen. Nach einer Weile meinte eine Freundin, dass sie nun die Geschenke überreichen wolle. Melinda kam ebenfalls ins Wohnzimmer, während die anderen nach und nach ihre Geschenke übergaben.

Auch Sedat überreichte mir ein Geschenk, und schließlich war Melinda an der Reihe. Langsam kam sie auf mich zu, um mir ihr Geschenk zu geben, und ich streckte die Hand aus, um es entgegenzunehmen. Unsere Finger berührten sich kurz, und wir hielten für einen Moment Augenkontakt, bevor sie sich abwandte und zu Sedat zurückging.

Ich hoffe, dass diese unangenehme Spannung zwischen uns nicht bleibt. Es fühlt sich seltsam an, als wäre sie mir fremd, obwohl ich sie eigentlich mein Leben lang kenne.

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⏰ Letzte Aktualisierung: 4 days ago ⏰

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