Taking the second Chance

Kapitel 1

»Ich kann nicht fassen, dass es endlich so weit ist.« Nala drängelt sich an mir vorbei, um sich unter die Leiter zu legen, während ich mir einen weiteren Schluck Kaffee genehmige und zu Mister Cameron nach oben sehe.

Meine zweijährige Australien Stepherd-Hündin macht es sich auf der neu gestrichenen Veranda gemütlich und beobachtet genau wie ich die gekonnten Handgriffe des alten Mannes, der heute nur noch einige Glühbirnen eindrehen und das Geländer der Veranda streichen muss, bewundere.

Ein heiseres Lachen, was von einem heftigen Husten abgelöst wird, lässt mich wieder zu Mister Cameron sehen. »Meine Kleine, du hast das gesamte Haus renovieren lassen und das in gerade mal zwei Jahren, das ist nicht lang, auch wenn es dir so vorgekommen ist. Für euch junge Menschen kann es niemals schnell genug gehen. Denk mal darüber nach, wie viel Arbeit getan wurde und nun strahlt das Haus wie noch niemals zuvor und hat trotzdem nicht den alten Charme des Landhauses verloren, das seit Generationen im Besitz deiner Familie ist.«

Das stimmt natürlich. Am Anfang, als ich hierher zurückgekommen bin, wusste ich nicht genau, wie lange und ob ich bleiben werde. Doch dann kamen die Arbeit, meine alten Freunde und dann auch irgendwann Nala in mein Leben. Nala wurde zusammen mit zwei Geschwistern von Mister Cameron auf einem seiner Felder in einem alten Weidenkorb gefunden. Ausgesetzt und viel zu klein, um ohne Mutter eine Chance zu haben. Doch wir haben sie und ihre Geschwister durchbekommen. Die anderen beiden leben bei einem Bauern in der nächsten Stadt, Nala ist bei mir geblieben und ich kann mir ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellen. Wir gehen alle paar Wochen ihre Geschwister besuchen.

Das alles hat mich am Ende dazu gebracht, hier zu bleiben. Hier, in meiner Heimatstadt, in der ich quasi mein ganzes Leben verbracht habe. Auf dem Land in Cape Cod, Massachusetts. Unsere kleine Gemeinde nennt sich Provincetown und wenn ich jetzt auf die vielen blühenden Felder vor meiner Terrasse sehe, auf diese wunderschöne Landschaft hier draußen, weiß ich, dass ich mich richtig entschieden habe. Hier habe ich eine innere Ruhe, die ich nirgends woanders gefunden habe.

Das Haus meiner Familie liegt mitten auf dem Land, einige Minuten von der tatsächlichen Stadt entfernt. Mister Cameron und seine Frau sind meine Nachbarn, doch auch zu ihnen dauert es einige Minuten zu Fuß. Miss Stevens' Haus liegt auf der anderen Seite, sie ist die Besitzerin des kleinen Seifenladens in der Stadt und fährt in diesem Moment hupend an uns vorbei.

Wir beide heben unsere Hände, auch Nala streckt ihren flauschigen Kopf mit den eisblauen Augen in die Höhe, schüttelt sich und legt sich wieder hin. Sie hat faszinierendes Fell, einen flauschigen weißen Pelz am Hals und an der Schnauze, braune Fellfarbe um die Augenpartie und die Beine und am Rücken ein grau-schwarz geflecktes Fell. Die schwarzen Flecken ziehen sich an ihren Augen vorbei zur Nase, sehr edel. Ich habe mich vom ersten Moment an unsterblich in sie verliebt.

Ein Schmetterling flattert um ihre Nase und erinnert mich daran, dass ich losmuss. »Du hast recht, außerdem bin ich mir sicher, dass es immer wieder etwas Neues zu tun gibt. Ich muss zur Schule, ich habe dir ein paar Sandwiches und Limonade hingestellt, aber schön daran denken, nicht zu viel, sonst bringt Helen mich um, du sollst auf deine Zuckerwerte achten.«

Mister Cameron hustet wieder und winkt ab. »Du weißt doch, dass sie sich viel zu viele Gedanken macht. Ich habe im Auto noch einen Korb Gemüse für dich, den stelle ich dir in die Küche.«

Mr. und Mrs. Cameron achten immer sehr auf mich. Sie waren schon unsere Nachbarn, als ich hier aufgewachsen bin. Sie kannten meine Eltern und helfen mir, wo sie können. Auch wenn eine Baufirma aus der Nachbarstadt die meisten Reparaturen erledigt hat, hat es sich Mister Cameron nicht nehmen lassen, immer wieder Hand anzulegen. Eigentlich soll ich ihn Jake nennen, aber aus meiner Kindheit ist Mister Cameron so tief verankert, dass ich mir das nie ganz abgewöhnen kann.