Prolog

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Während ich noch darüber nachdachte, wen Dean mit dem „alten Freund" gemeint haben könnte, saß Andy immer noch stark verkrampft neben mir auf der Rückbank. Die Brüder dagegen tauschten vielsagende Blicke aus, als würden sie in Gedanken miteinander reden. Was verständlich war. Ich war jemand von draußen, jemand, der nicht Teil ihrer Jägerwelt war und somit keine Ahnung haben sollte, was gerade los war. Hin und wieder sah Sam auch zu mir, unsicher, wie er mir die Situation nun am besten erklären könnte; wieder tat er mir leid. Am liebsten würde ich ihm sagen, dass er ruhig offen sein kann, aber das kann ich nicht. Denn dann müsste ich ihnen erklären, warum ich so viel über sie weiß, obwohl wir uns erst am Vortag getroffen hatten und das würden sie mir nie glauben. Oder nie wirklich verarbeiten. Wie auch immer, irgendwie hoffe ich, dass wir in eine Situation kommen würden, in der sie mir die Wahrheit sagen mussten, damit es endlich eine offene Kommunikation zwischen uns geben könnte. Bis dahin würde ich meine Rolle weiterspielen und sehen, was die Zukunft bringt.

„Hey, keine Angst, wir fahren einfach zu einem anderen Ort", sagte Sam, nachdem er sich nun zum gefühlt hundertsten Mal in meine Richtung umgedreht hatte. Vermutlich dachte er, ich würde vielleicht in Panik ausbrechen oder in Tränen, oder paranoid herumfragen, was eigentlich los sei. Aber ich fühlte nichts davon, ich vertraute den Jungs, weil ich wusste, dass ich das konnte und so blieb ich ruhig. Was ihn wohl auch ein wenig irritierte.

„Alles ok? Du kannst es ruhig sagen, wenn du Angst hast. Ich meine, klar, ich wollte dich gerade in die Klinik begleiten, aber wir haben dann entschieden, dass es doch besser ist, wenn wir die nicht nehmen."

„Ja, der Arzt, den wir da gesehen habe, der alte Freund", mischte sich Dean ein und kassierte dafür wieder einen strengen Blick seines jüngeren Bruders. „Den kennen wir, der hat mal in einer anderen Klinik gearbeitet, in der ich mal Patient war. Ziemlicher Scharlatan, muss ich dir sagen. Der sollte mir nur eine Spritze verpassen, aber der hat mich fast aufgespießt mit dem Teil. Wochenlang hatte ich einen blauen Fleck! Hat auch echt wehgetan, wie der mit der Nadel am Knochen rumgeschabt hat, so quiek, quiek ...", erzählte er seine Lüge, als er von seinem Bruder gestoppt wurde.

„Ich denke, Kira kann sich nun ein sehr gutes Bild von der Lage machen", sagte er und sah mich nun mit einer Miene an, als wollte er mich beruhigen. Und ich musste zugeben, Deans Beschreibungen haben meine Angst vor Spritzen getriggert. Zwar wusste ich, dass das alles nur eine Lüge war, dass Dean übertrieb, damit es einen realistischen Grund für ihr Verhalten gibt, dennoch gefiel mir das Kopfkino nicht, das mir die Beschreibungen verpasst hatten. Sofort legte ich meine rechte Hand an die Stelle, an welche ich oft geimpft werde und sah Sam an, nun nicht mehr ganz so ruhig. Dies schien er bemerkt zu haben, denn er sagte: „Keine Angst, wir werden nicht zusehen, dass du in die Hände dieses unfähigen Mediziners kommst."

Was mich doch ein wenig beruhigte. Ich wusste, dass das, was Dean sagte, für einen Code stand, aber wenn die Jungs auf mich aufpassen würden, dann würde ich in Sicherheit sein. Und Andy sowieso. Ich wollte Sam einfach glauben, ich musste es. Für mein Seelenheil.

Sam räusperte sich, überlegte ein paar Momente und drehte sich dann wieder zu seinem Bruder um.

„Gut, wohin fahren wir dann am besten? Kennst du noch einen guten Ort, am besten weiter weg, falls der Arzt ... wieder seine Arbeitsstelle wechseln sollte?", wollte er von Dean wissen, doch dieser schüttelte nur den Kopf. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich keine Ahnung hatte, in welchem Bundesstaat wir uns befanden. Somit hatte ich keine Ahnung, welcher Staat denn weit genug weg wäre.

„Wo sind wir denn im Moment, ich hab grad nicht aufgepasst?", fragte ich vorsichtig und Sam drehte sich wieder zu mir um.

„In dieser Gegend hier kenne ich mich noch nicht so gut aus, und vielleicht, wenn ich wüsste, wo wir sind, dann könnte ich vielleicht helfen, einen passenden Ort zu finden. Einen, der weit weg ist. Ich meine, wenn ich schon so einen Umstand mache, dann kann ich auch ein bisschen mithelfen. Denke ich."

Wir, am StrandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt