3 » Süßes Verderben

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S I E   ließ das bodenlange, dunkelgrüne und zweifellos teure Abendkleid mit einer fließenden Bewegung von ihren Schultern gleiten und als ich meinen Blick auf den fallenden Stoff richtete, wusste ich, dass das hier der fatalste Fehler meines Lebens sein würde. Trotzdem rührte ich mich nicht von der Stelle und beobachtete sie ungeniert, während sie einer Raubkatze gleich auf mich zuschritt und sich über die vollen Lippen leckte. Nur Sekunden später drückte sie mich auf das große Doppelbett, vor dem ich gestanden und auf sie gewartet hatte. Währenddessen hatte sie sich seelenruhig ihre hohen Schuhe ausgezogen und alleine damit in mir die wildesten Fantasien angeregt.

»Wir sollten das nicht tun«, hauchte ich mit kratziger Stimme, als sie langsam mein Hemd aufknöpfte und ihre Finger über meinen Oberkörper wandern ließ, weshalb ich stockte. Kurz darauf fiel auch mein Hemd zu Boden und sie verzog ihre Lippen zu einem Lächeln, das mehr aussagte als tausend Worte. Ja, wir sollten das nicht tun - aber wir würden.

»Es ist doch nur Sex, Vincent, nichts weiter«, antwortete sie, drückte mich tiefer in die Matratze und legte ihre Lippen fordernd auf meine. »Lass einfach los«, flüsterte sie in mein Ohr und fing anschließend an, ihren Mund küssend über mein Kinn, später meine Brust, in Richtung Hosenbund wandern zu lassen. Dabei strichen ihre langen, blonden Haare immer wieder kitzelnd auf meine Haut, was mir eine Gänsehaut bescherte und erst aufhörte, als ihre Küsse wieder meine Lippen trafen und unsere Zungen einen aussichtslosen Kampf begannen. Sie würde nicht nachgeben, genauso wenig wie ich.

»Du sahst übrigens zum Anbeißen aus, in diesem verfluchten Teufelskleid«, raunte ich leise, nachdem wir unseren Kuss keuchend beendet und uns tief in die Augen gesehen hatten. »Ich weiß«, murmelte sie nur, beinahe unverständlich, weil ihre Lippen sich wieder mit meinen vereinten und es ziemlich schwer war, dabei zu reden. Das – oder sie war schlichtweg arrogant, was mich zurück zu dem Gedanken führte, dass das hier ein gewaltiger Fehler war.

Ich hätte sie von mir schieben und gehen müssen, aber ich tat es nicht. Stattdessen ließ ich mich weiter von ihren Küssen benebeln und von ihren Fingern berühren, die mittlerweile an der Schnalle meines Gürtels nestelten. Als ich meine Hände auf ihre legte und wir gemeinsam endlich das kühle Metall öffnen konnten, hatten sich meine Zweifel bereits in Luft aufgelöst und ich sah ein, dass sie recht hatte. Das hier war nichts Besonderes. Nur Sex mit einer völlig Fremden.

Ohne Zurückhaltung fielen wir wie zwei ausgehungerte Tiere übereinander her und vereinten stöhnend unsere Körper miteinander. Von ihrer Stirn tropfte ein wenig Schweiß auf meine Lippen, während sie mir tief in die Augen sah, als die höchsten Wellen der Lust uns überrollten und ein unbeschreibliches Glücksgefühl in meinem Inneren zurückließen. Selten hatte ich so empfunden, wie jetzt gerade, in diesem Moment, als wir uns schweratmend ansahen, anlächelten und sie sich eng an mich schmiegte.

Deshalb war der nächste Morgen wie ein Tritt in die Magengrube für mich, als ich alleine aufwachte. Sie war verschwunden, hatte ihre Sachen mitgenommen und nichts als ihren Duft in meinen Laken hinterlassen.

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