„Einen Cosmopolitan, bitte." Pascale lässt die Getränkekarte dramatisch zuschnappen – als ob sie nicht ohnehin jedes Mal das gleiche bestellen würde. Nicole verdreht die Augen und bestellt sich einen Whiskey Sour. Pascale verzieht angewidert das Gesicht. Ich unterdrücke ein Seufzen. Die zwei sind wirklich wie füreinander geschaffen. Ich entscheide mich für einen alkoholfreien Strawberry Margarita und kassiere dafür einen missbilligenden Blick von Pascale.
Während wir auf unsere Drinks warten, wendet sich Pascale scheinbar beiläufig an meine Schwester: „Du fängst also in dem Krankenhaus an, wo Lenas Fuß operiert wurde?" Pascales perfekt gezupften Augenbrauen wandern leicht nach oben – als ob sie nicht schon seit Wochen alles darüber wüsste. Aber hey, immerhin bemüht sie sich, freundlich zu sein, und zeigt Interesse an Nicoles Leben. Etwas, das ich selbst in den letzten Jahren versäumt habe...
Nicole nickt. „Ja, im Marienhospital. Übernächsten Montag geht's los."
„Dann viel Glück." Pascale lächelt kühl. „Hoffentlich gibt's diesmal keine... Komplikationen." Klar, dass sie auf den Penner anspielt. Ich werfe ihr einen warnenden Blick zu. Nicole scheint den Seitenhieb nicht bemerkt zu haben – oder sie entscheidet sich bewusst, ihn zu ignorieren.
„Ich hab da nächste Woche meinen letzten Termin," schalte ich mich schnell ein, um das Thema zu wechseln. „Die Drähte kommen endlich raus."
„Sag mir bitte, dass du dann auch endlich diesen schrecklichen Klotz am Bein los bist." Pascale hebt eine Augenbraue und schüttelt leicht den Kopf.
Ich zucke mit den Schultern. „Hoffentlich. Ich will einfach nur wieder in meine normalen Schuhe passen."
„Normalerweise nach sechs Wochen," bestätigt Nicole fachmännisch.
„Girl, darauf müssen wir anstoßen! Ab jetzt gibt's keine Ausreden mehr – Festivals, Clubs, Partys bis zum Umfallen!" Pascale grinst begeistert.
Ich beiße mir nervös auf die Unterlippe. Seitdem ich Pascale kenne, lasse ich mich (mehr oder weniger bereitwillig) von ihr mitziehen. Ich bin nicht gerade stolz darauf, aber es war eindeutig die bessere Option, als seine Mittzwanziger allein auf der Couch zu verbringen. Doch vor Nicole ist mir dieses „Party-Girl-Ding" irgendwie peinlich. Als würden zwei Versionen von mir aufeinanderprallen: die alte Lena und die neue, draufgängerische Lena. Naja, zumindest die Lena, die so tut, als wäre sie draufgängerisch. Vielleicht hat Nicole doch recht?Verstelle ich mich vor Pascale? Ich schiele unauffällig zu Nicole hinüber. Sie hebt skeptisch die Augenbrauen.
Zum Glück taucht da der Kellner mit unseren Drinks auf. Pascale räuspert sich und hebt ihr Glas. „Auf Nimmerwiedersehen, Gipsfuß! Möge Lena bald wieder normal laufen und nicht mehr wie ein torkelnder Flamingo umherhopsen!"
Ich verdrehe die Augen und sage dann an Nicole gewandt: „Auf deine neue Heimat." Ich schenke ihr ein zögerliches Lächeln. Zu meiner Überraschung erwidert sie es, und ich spüre eine ungewohnte Wärme in mir aufsteigen.
Der süße Geschmack von Erdbeere vertreibt die letzten Reste des gestrigen Gin Tonic, dessen Nachgeschmack ich immer noch auf der Zunge spüre. Sofort fühle ich mich etwas besser und beginne, durch die Speisekarte zu blättern – eine Prozedur, die bei mir immer ewig dauert. Entscheidungen sind einfach nicht mein Ding. Ach nee. Nicole hingegen weiß schon auf den ersten Blick, was sie will.
„Falls der Kellner kommt, sagt ihm bitte, dass ich das Dreierlei Enchiladas nehme. Ich gehe mal kurz auf die Toilette," sagt Nicole und entschuldigt sich.
Kaum ist sie außer Hörweite, stößt Pascale mir in die Seite. „Okay, Lena, Zeit für Girlstalk: Wie heiß war der Typ gestern auf der Party?! Schade, dass er erst so spät kam. Ich hätte ihn fast gegen Lukas eingetauscht!" Sie grinst breit.
Ich verschlucke mich fast an meinem Cocktail und unterdrücke ein Hüsteln, während ich etwas Zustimmendes murmele. Wirklich wahnsinnig unauffällig, Lena. Pascale weiß zwar schon seit Wochen, was damals im Krankenhaus mit einem gewissen Assistenzarzt passiert ist. Aber dass genau er gestern vor uns stand, habe ich ihr bisher verschwiegen. Und nach dem, wie der gestrige Abend verlaufen ist, habe ich auch absolut keine Lust, das zu ändern. Erst recht nicht, wenn sie sich auch noch für ihn interessiert. Ich komme mir sowieso schon blöd genug vor, dass ich geglaubt habe, er könnte tatsächlich Interesse an mir haben.
„Es ist wohl mein Schicksal, immer die Falschen auszuwählen," seufzt Pascale dramatisch. „Apropos falsche Entscheidungen... Weißt du, wer sich letzte Nacht bei mir gemeldet hat?" Sie schaut mich erwartungsvoll an.
Ich schüttle den Kopf. Mein Gehirn ist zu matschig, um Pascales Liste an verflossenen Affären durchzugehen.
„Tom!" Sie grinst triumphierend. „Hab ich's nicht gesagt? Es war nur eine Frage der Zeit."
Ich halte inne. „Du wirst ihn doch hoffentlich abblitzen lassen, oder?" Ich werfe ihr einen strengen Blick zu. „Oder?"
Als keine Antwort kommt, seufze ich. Das Beziehungsdrama geht dann wohl in die nächste Runde.
„Du kennst mich doch, Girl. Ich kann einfach nicht anders." Sie zuckt mit den Schultern und nimmt einen großen Schluck von ihrem Cosmopolitan.
Als Nicole zurückkommt, wechseln wir schnell das Thema. Wir sprechen über das Leben in München. Ich empfehle ihr meine Lieblingscafés und kleine Buchläden, in denen man stundenlang stöbern kann. Pascale packt ihr Repertoire an hippen Rooftopbars aus, in denen man heiße Bänker und Anwälte aufgabeln kann. Nicole verdreht daraufhin nur die Augen. Dann erzählt sie stolz, dass sie morgen eine Hop-On-Hop-Off-Bustour machen will, was Pascale einen schrägen Seitenblick entlockt. Alles in allem verläuft der Abend besser als erwartet.
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Between Heartbeats
Romance***Band 1 abgeschlossen*** Lena dachte, mit 25 hätte sie ihr Leben im Griff - falsch gedacht. Ein Jogging-Unfall bringt sie nicht nur ins Krankenhaus, sondern mitten in eine Achterbahn der Gefühle. Elias, der arrogante, aber faszinierende Assistenza...