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Warnung: Mentaler Zusammenbruch

F̲̅e̲̅l̲̅i̲̅x̲̅ P̲̅o̲̅v̲̅:

Mit einem mulmigen Gefühl steige ich träge aus meinem Bett, schleife meinen Körper erschöpft in das Badezimmer. Binnie hatte mir gestern Abend ausgelaugt per Videoanruf erklärt, dass er in der ersten Stunde leider nicht anwesend sein wird, weil seine Eltern den knappen Termin für einen jährlichen Kontrollcheck vereinbart hatten. Dabei unterdrückten sie unter keinen Umständen die respektlose Anmerkung, mein Freund könne sich doch mit dem Privatarzt über den Ausbildungsweg und seine Karriere unterhalten wegen dem Familienimage und so einer Scheiße. Der Ältere ignorierte es schlichtweg, als hätte er nichts gehört, worauf ich ihn angepisst fragte, wieso seine Erziehungsberechtigten ihn in solch einen immensen Stress aufdrücken. Die Schule ist bereits fordernd genug. Der 17-jährige zuckte daraufhin traurig mit den Schultern, weswegen ich augenblicklich bemerkte, wie sehr ihn das Ganze mitnimmt. 

Warum ich mich so komisch fühle, weiß ich selbst nicht, jedoch werde ich bald in die brutale Realität blicken müssen.

Angezogen und fertig für den kommenden Tag verlasse ich müde das Haus, dackle schleifend zur Haltestelle, um ein paar Minuten später geistesabwesend aus dem, mit Fingerabdrücken beschmierten, Fenster zu blicken, während sich ein merkwürdiges Empfinden in meinem sensiblen Inneren breitmacht, ich es jedoch mit lauter Musik, welche von meinen Kopfhörern gespielt wird, vergebens unterdrücke, weswegen ich die Schultern nervös anziehe, ziemlich in mich gekehrt zu meinem schlichten Spind gehe, um meine wärmende Jacke quälend langsam achtsam darin zu verstauen, diesmal in meine positiven Gedanken verschwinde. Stolze drei Monate ist es her, seitdem Changbin und ich in einer bereichernden Beziehung sind, wobei der Kleinere, der mit großem Abstand beste Partner ist, den man sich nur vorstellen kann. Fürsorglich, süß, liebevoll, respektiert meine Grenzen und akzeptiert ebenso ein „Nein", er zeigt mir jedes Mal aufs Neue, dass ich etwas Besonderes für ihn bin, weswegen ich immer ein breites Lächeln trage, sobald meine Augen den Teenager sehen. Mein Herz schlägt alleinig wegen ihm so unfassbar hoch, während die aufgeregten Schmetterlinge in meinem Bauch stärker und intensiver werden.

Natürlich hatte der Koreaner eine notdürftige Zeit, welche sich auf Grund der mehrtägigen Ferien unglücklicherweise verschlimmerte, dennoch schaffte er es, meine Hilfe, Unterstützung und Zuneigung anzunehmen. Binnie war erfreulicherweise häufig bei mir, da mein Partner sich in dem großen Anwesen seiner Eltern keineswegs wohl fühlte. Oft kuschelten wir uns in mein Bett, weil dem Kleineren für sonstige, ausgefallene Aktivitäten die Kraft fehlte. Manchmal spielte ich mit dem empfindlichen Gedanken, ihn zu fragen, ob Therapie eine nahegelegene Lösung wäre, aber dann lag er so knuffig in meinen Armen, dass ich es nicht über das Herz brachte, ihn nach irgendetwas zu fragen.

„Ich hoffe, ihm geht es bald besser", flüstere ich seufzend zu mir selbst, schließe vorsichtig meinen Spind ab, mache mich erschöpft auf den unspektakulären Weg zum Klassenzimmer. Bereits in den Fluren höre ich auffälliges Getuschel, weshalb sich meine Hände leicht anspannen. Was braten die denn für Blödsinn in der Gerüchteküche?

Verwirrt betrete ich schwungvoll den Raum, damit ich meinen Rucksack auf einen der freien Tische legen kann, um danach die restlichen 15 Minuten erfolgreich zu überbrücken, indem ich grinsend meinem Liebhaber schreibe. Zu meinem Bedauern erhalte ich aber keine Antwort, weshalb ich die anderen Schüler beim Lästern belausche, etwas höre, was mir das Blut in den Adern gefrieren lässt.

„Ey, hast du schon die Sache mit dem schwulen Felix mitbekommen?", quatscht ein Mädchen angeekelt einen Typen an, der wiederum ein knappes Würgegeräusch von sich gibt, ihr mit deutlichem Hass in der Stimme zustimmt. Mein gesamter Körper verkrampft sich panisch, wobei meine Hände beginnen, unkontrolliert zu zittern, weshalb ich sie schnell in den Seitentaschen meiner schwarzen, lockeren Jeans verstecke. Von wem wissen sie es? Warum redet plötzlich jede Menschenseele über mich? Was ist passiert?

„Hey, Felix! Wie fühlt es sich an, jemanden zu vergewaltigen?", ruft nach ein paar Minuten des hinterfotzigen Geredes ein Junge hinter mir selbstbewusst, während man das gruselige, fette Aufzucken seiner Mundwinkel deutlich heraushört. Eine abscheuliche Gänsehaut breitet sich rasend schnell auf meiner verspannten Haut aus. Tausende hyperbolische Gedanken kreisen in der Geschwindigkeit des Merkurs in meinem Kopf herum, stechen pulsierend wie Blitze in jede Ader, bringen meinen Magen dazu, sich schmerzhaft zusammenzupressen, weswegen ich für einen Bruchteil einer Sekunde schwarz vor meinen Augen sehe.

Meine Haare fallen mir deckend ins Gesicht, als ich selbstvergessen meinen Blick auf den Tisch vor mir wende, versuche die übergriffigen Kommentare zu meiner sexuellen Orientierung zu ignorieren, jedoch scheint dies erfolglos auszufallen und die beschissene Situation nur noch zu verschlimmern. Es ist unmöglich, Changbin als unschuldig zu betiteln, denn meine benebelte Intuition redet mir zwanghaft ein, er sei es unter keinen Umständen, ansonsten würden die Schüler keineswegs bösartig über mich lachen, seit dem Zeitpunkt, an dem ich das große Gebäude betrat, jede freie Minute damit verbringen, zu spotten, zu urteilen und zu lästern.

Fünf Minuten vor Stundenbeginn halte ich es nicht im Entferntesten aus, den restlichen Tag diesen Rückschlag an furchtbaren Erinnerungen zu überleben. Schwungvoll, mit tief gesenktem Kopf und den stechenden Tränen am Rande, verlasse ich schnellstmöglich den beinahe vollen Raum, um mich komfortsuchend auf den Toiletten einzuschließen.

„Na, von wie vielen Männern hast du dich bereits flachlegen lassen?", blockiert ein gleichgroßer Junge schadenfreudig den Flur, jedoch bekomme ich davon nichts mit, zu präsent sind meine verletzten Gefühle, mein zerrissenes und gebrochenes Herz, meine konstanten, hämmernden Gedanken. Ich will niemanden mehr sehen. Weder die empathielosen Jugendlichen aus der Klasse, die nutzlosen Lehrer, jene es sowieso am Arsch vorbeigeht, was sie mir antun, noch einen aus meinem Freundeskreis. Trotzdem gibt es jemanden, den ich am liebsten sein verzaubernd schönes Gesicht brutal polieren möchte. Changbin. Mittlerweile bin ich mir zu 100% sicher, dass der Ältere etwas damit zu tun haben muss. Anders ist es absolut unerklärlich für mich.

Mein Freund kontaktierte höchstwahrscheinlich Jongnim, erzählte ihm alle Details, wusste, wie schwer mir das Thema „Vertrauen" im Magen liegt und meine Vertrauensprobleme stets ein Teil meiner Selbst sind, ich in der Zwischenzeit gelernt hatte, damit umzugehen, wobei der Dunkelbraunhaarige sie bis zu einem gewissen Grad aus meinem Gehirn erfolgreich verbannte. Zumindest bis zum heutigen Tag. Vielleicht mag es zusammenhanglos klingen, für mich ist es dennoch die bestmögliche Erklärung, welche mein irrationales Denken frühestmöglich zusammenfügt.

Aggressiv stoße ich den Typen vor meinem Gesicht weg, verschwinde erledigt in eine freie Kabine, schließe diese zitternd ab, setze mich zusammengekauert auf den weißen Klodeckel, während ich einfach im Erdboden versinken will. Meine Tasche findet langsam ihren Weg in die vordere, rechte Ecke.

Es schmerzt so unfassbar sehr. Obwohl ich meine körperliche Verzweiflung vorhin halbwegs erfolgreich unterdrücken konnte, holt mich nun die bittere, eisige Realität ein.

Hilflos raufen sich meine Hände an den dunklen Haaren, ziehen kräftig an ihnen. „Bitte, es soll aufhören!", zische ich voller Leid, wobei die salzige Flüssigkeit unaufhaltsam meine Sicht verschlimmert. Die schrecklichen Erinnerungen spielen sich automatisch vor meinem inneren Auge, wie ein detaillierter Film, ab. Ich kann es nicht stoppen, es chancenlos.

Jedes einzelne Gespräch, alle Aussagen und vor allem, der gesamte Schmerz der letzten Jahre brodelt pochend in meinem Körper, raubt mir qualvoll die Luft zum Atmen, weswegen ich im selben Moment unter Schnappatmungen verkrampft um das Überleben kämpfe, mich eigentlich mehr hineinsteigere. Die unerträglichen Gedanken, welche mich fest in ihrem Griff haben, enden keinesfalls. Nein, stattdessen scheinen sie schlimmer, anwesender zu werden. „Es i-ist z...zu viel. Geht weg!", schlage ich kräftig gegen meinen Schädel, in der Hoffnung, die aufgeplatzten Narben an meinem Herzen wieder zuziehen zu können.

Ich will dich nie wieder sehen, Changbin!

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Mal sehen, wie es weitergeht 👀

Falls jemand Feedback, Kritik oder sonstiges hat, immer raus hauen, ich freue mich, Tipps zu bekommen!

Have a nice one!

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⏰ Letzte Aktualisierung: 14 hours ago ⏰

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Don't hurt me \\ Changlix Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt