Anna stand in der pechschwarzen Dunkelheit, ihr Herzschlag donnerte in ihren Ohren. Die Stille, die nach dem Kichern folgte, war bedrückend, und die Luft fühlte sich schwerer an, wie eine dichte, unsichtbare Masse, die sich auf sie legte. Langsam hob sie eine Hand und tastete die Wände ab. Die Wand war feucht und kalt, und ihre Finger glitten über eine glatte, klebrige Substanz. Sie versuchte die Taschenlampe wieder anzuschalten, aber sie blieb dunkel. Nervös und atemlos stand sie in der Dunkelheit, als sich ein weiteres Geräusch an ihre Ohren drängte. Es war ein leises Tropfen, irgendwo in der Ferne, wie das Echo einer anderen Welt. Sie spürte, wie die Haare in ihrem Nacken sich aufstellten. Sie wusste, dass sie nicht allein war – dass das Haus sie beobachtete, auf sie wartete.Anna atmete tief durch und zwang sich zur Ruhe. „Bleib ruhig... bleib ruhig", flüsterte sie. Doch das Flüstern war kaum mehr als ein Zittern, das sich durch die Dunkelheit verlor. Das Tropfen verstummte, und es folgte ein neuer Laut: schwere, langsame Schritte, die sich aus der Dunkelheit näherten. Anna spürte, wie Panik in ihr aufstieg. Die Schritte waren bedächtig, fast genüsslich, als hätte das Wesen, das sie verursachte, keinerlei Eile. Sie bewegten sich unaufhaltsam auf sie zu. Anna drehte sich langsam um, ihr Herzschlag schnellte in die Höhe. Sie konnte nichts sehen, aber sie spürte es – die Anwesenheit, die sie aus der Dunkelheit heraus anstarrte.Dann vernahm sie ein leises, wisperndes Murmeln. „Anna... wir warten auf dich... komm näher." Die Stimme war dumpf und hohl, und ein Schauder lief ihr über den Rücken. Sie konnte nicht sagen, ob die Worte aus dem Haus selbst kamen oder ob die Stimmen bereits in ihrem Kopf waren.Langsam tastete Anna sich in die Richtung, aus der sie gekommen war, und fand die Tür des Zimmers. Sie stieß sie auf und stolperte zurück in den Flur. Das Kichern, das sie vorhin gehört hatte, hallte ihr nach. Doch diesmal kam es aus allen Richtungen, wie ein grausames Echo, das die Wände des Hauses durchdrang. Anna rannte. Der Flur schien endlos lang, das Licht an den Wänden flackerte und erlosch immer wieder. Sie stolperte, fing sich, drängte sich weiter, vorbei an Türen, die sie offen stehen sah – Türen, die zuvor verschlossen waren. Die Räume schienen zu atmen, ein leises Rascheln, als ob das Haus selbst Leben eingehaucht worden wäre.Ein dunkler Schatten schoss an ihr vorbei und verschwand in einem der Zimmer. Anna schrie, verlor die Kontrolle und brach beinahe zusammen, aber ihre Beine trugen sie weiter. Das Kichern wurde lauter, intensiver, bis es ein einziges Crescendo aus Wahnsinn und Grauen war.Dann, plötzlich, kehrte Stille ein. Anna blieb stehen, ihr Atem stockte. Der Flur war leer, und sie war allein.Langsam drehte sie sich um, ihr Rücken zitterte vor Anspannung. Der Flur schien nun kleiner, enger, als würde er sie einhüllen. Die Luft war so schwer, dass sie kaum atmen konnte. Als sie einen Schritt zurücksetzte, ertönte ein leises Knarren – und ein kalter, stählerner Griff packte ihre Handgelenke.Sie konnte sich nicht bewegen. Panik durchzuckte sie wie ein Blitzschlag, ihre Augen weit aufgerissen, während sie versuchte, sich aus dem unsichtbaren Griff zu befreien. Sie konnte die Finger nicht sehen, die sich um ihre Arme legten, aber der Druck war real, als hätte sich das Haus selbst an sie geklammert, sie wie eine Beute festgehalten.„Du wirst uns nicht verlassen", flüsterte die Stimme in ihrem Kopf, und ihre Knie gaben nach. Anna sank zu Boden, unfähig zu atmen, während die Dunkelheit sich dichter um sie zog. Der Griff an ihren Handgelenken verstärkte sich, und für einen Moment spürte sie, wie ihr Körper gegen das Holz des Bodens gepresst wurde, als ob das Haus sie tief in seine Mauern hineinziehen wollte.„Lass mich... geh", brachte sie hervor, ihre Stimme schwach und brüchig. Ein eisiger Atemzug strich über ihre Wange, und sie spürte das Kratzen von etwas Kaltem und Nassem an ihrer Haut. Es fühlte sich an, als würden winzige, kalte Finger über ihre Wange kriechen, bis zu ihren Lippen. Sie presste die Lippen zusammen, doch die Dunkelheit zog weiter an ihr, bis sie das Gefühl hatte, selbst ein Teil von ihr zu werden.Gerade, als sie dachte, sie würde ohnmächtig werden, ließ der Druck nach. Sie konnte wieder atmen. Die Dunkelheit löste sich, und der Griff verschwand.Anna öffnete ihre Augen und stellte fest, dass sie wieder allein war. Zitternd stand sie auf, ihre Knie fühlten sich wie Gummi an. Das Haus war still – zu still. Die Luft war wie eingefroren, und das leise Kichern schien nun in weiter Ferne zu verblassen. Doch sie wusste, dass es nur auf sie wartete, darauf, dass sie einen weiteren Schritt wagte.Mit einem letzten Blick auf die dunklen Wände um sie herum schwor Anna sich, dass sie nie wieder hierher zurückkehren würde – dass sie das Haus endgültig verlassen und den Fluch hinter sich lassen würde.Doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass das Haus nicht so leicht aufgeben würde.
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Das Erwachen des Terrors
TerrorEin Jahr ist vergangen, seit Anna dem Fluch der Ashwood Villa entkommen konnte. Doch die Albträume, die Schatten und die geisterhaften Stimmen verfolgen sie noch immer. Die Dunkelheit, die sie damals zurückließ, hat sich weiter ausgebreitet - und nu...