1. Logbuch - März 2002

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A/N: Lieber Leser, dies ist die Fortsetzung eines Kapitels, welches ich schon geschrieben habe. Falls dir das erste Kapitel (Die Traum Seuche - Februar 2002) fremd ist, kannst du es auf meinem Profil finden und nachlesen. Im nächsten Absatz beginnt die Geschichte. Viel Spaß beim Durchlesen!


Im ersten Eintrag habe ich erwähnt, dass meine Frau das begabte Talent besitzt, Geschichten zu schreiben und zu erzählen.

Als Espen in dieser Nacht entkommen war und Agnes sich auf den Weg begeben hat, ihn ausfindig zu machen, hat sie zum ersten Mal wieder richtig wahrgenommen, wie viel sich draußen verändert hatte. Es ist nicht so, dass sie wenig ans Sonnenlicht kommt. Im Gegensatz zu mir hat sie sogar zehnmal mehr Draußenluft regelmäßig als ich. Jeden Freitag geht sie in die Stadt, um Lebensmittel, Kaffeebeutel und mehr überlebenswichtige Mittel zu holen. Aber seit sie hier jetzt schon seit ein paar Jahren arbeitet, verliert sie den Überblick über die Landschaft. Es ist wie ein großes Bild für sie, das an ihr vorbeizieht, wie ein uraltes Gemälde von großer Bedeutung, bei dem sich niemand mehr traut auch nur einen Pinselstrich zu verändern.

Jedoch, als sie auf die Suche nach diesem Ausreißer war, als sie mehrere Male vom Weg abkam und die Fußspuren durch Büsche und zwischen Bäumen hindurch folgte, stellte sie fest, dass sich, seit sie hier lebt, einiges verändert hatte. Die alte Bank, die am Wegrand des Weges, welcher zur Stadt führt, steht, war mit Moos überwuchert und auch der Müllbehälter daneben wurde seit einigen Monaten nicht mehr geleert. Auch das Wegschild, das an der Wegkreuzung steht, ist verwittert und man muss die Buchstaben darauf auswendig können, wenn man wissen will welches Schild zur Hafenstadt Sjøsol führt. Erstaunt hatte sie mir dies Alles erzählt, ich bin fast nicht mehr mitgekommen.

Die Stadt liegt umringt von einer Erderhebung, auf der unendlich scheinender Wald wuchert und dazwischen auch die Klinik. Und wie bereits erwähnt, die Stadt liegt am Hafen der Nordsee. Deshalb der Name Sjøsol. Obwohl ich mir nicht sicher bin, denke ich, dass in der Nähe des Weges, der aus dem Wald rausführt, auch eine abgesperrte Mine liegt. Jedoch liegt sie dort schon bereits seit Jahrzehnten.

Kehren wir wieder dort zurück, wo ich eigentlich anfangen will. Meine Frau, Agnes, hat das Talent, großartige Geschichten zu schreiben. Krimis, Drama, Horror, Slice of Life, etwas von Allem. Viele Papiere mit angefangenen Ideen, halbfertigen Werken und inspirierende Plots liegen in ihrer Schublade. Nur manchmal nimmt sie sie heraus und liest sie den Kindern vor, auch wenn keinen von ihnen sie richtig versteht. Jedoch schafft sie es trotzdem, dass einige der Kinder dasitzen und ihr aufmerksam zuhören. Aber langsam gehen ihr die Geschichten aus, die sie erzählen kann – insbesondere die Horror Geschichten, die sie auch nur nie in die Nähe dieser Kinder zu bringen traut – und die Schublade öffnet sich immer seltener.

Irgendwann, da habe ich bemerkt, dass die Schublade sich seit mehreren Wochen kaum mehr geöffnet hatte.

Diesen Morgen, der Tag nachdem der Ausreißer auf Flucht gewesen war, war ich wie aus dem Häuschen, als ich Agnes nirgendwo auffinden konnte. Ich bin die Treppen runter zum Betreuungssaal gekommen und sehe zwei, drei Kinder ungeduldig im Gang stehen, direkt bei der Küchentür. Ein anderer Junge läuft an mir geradewegs vorbei. Es ist schon seit langer Zeit die Zeit fürs Frühstück, aber die Küchentür ist noch verschlossen. Und die Person, die den Schlüssel zur Küchentür besitzt, war neben mir nur Agnes.

Sofort stolpere ich die Stufen hoch in ihr Zimmer, auch ein Büro-office wie meines, nur, dass dort keine Bilder hängen. Nur Stapel nach Stapel von Büchern und Regale mit noch mehr Büchern und Gläser mit verschiedenen Flüssigkeiten, Clipboards mit Arztdiagnosen und noch mehr Ausstattung für ihr Medizin Studium. Direkt an der Wand steht ein Bürotisch, etwas kleiner als meiner, und auf dem liegt Agnes, den Kopf in den Armen vergraben, sie schläft. Die Geschichten Schublade geöffnet und ein noch offener Füller in ihrer Hand. Sie liegt schlafend auf einem linierten Blatt, auf dem ich, als ich leise nähertrete, einige Stichwörter herauslesen kann.

Die Traum Seuche - März 2002Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt