Der Motor brummte unter meinen Füßen, und das Gefühl der Straße vibrierte bis in meine Finger. Ich konnte nicht glauben, dass wir das wirklich machten. Ein Roadtrip, mitten im Sommer, quer durch das Land – mein Traum seit Monaten. Die Sonne knallte auf die Windschutzscheibe und blendete so stark, dass ich kaum noch das leuchtend blaue Straßenschild erkennen konnte, das die nächste Stadt ankündigte. Trotzdem fühlte es sich perfekt an.
„Kannst du mal die Musik lauter machen?“ Mira, auf dem Beifahrersitz, drehte sich zu mir, die Augen von einer riesigen Sonnenbrille versteckt. Sie hatte einen dieser riesigen Strohhüte auf, die aussahen, als kämen sie direkt aus einem Strandurlaub. Ich grinste, griff nach dem Lautstärkeregler und drehte die Musik auf. Der Rhythmus durchflutete den Wagen, die Beats passten perfekt zu dem Gefühl von Freiheit, das mir in der Brust pochte.
„Hört ihr das? Das ist der Sound von Freiheit!“ rief Jan von hinten, seine Stimme voller Begeisterung. Er war derjenige gewesen, der uns überhaupt erst die Idee zu diesem Trip gegeben hatte – eine spontane Eingebung, nachdem wir die Sommerferien kaum abwarten konnten. Jetzt saß er mit ausgestreckten Beinen auf dem Rücksitz und sah zufrieden aus, als wäre dies der Ort, an den er schon immer wollte.
„Freiheit… und Hitze.“ Ben, der hinter Mira saß, schüttelte mit einem Lächeln den Kopf. Er war der ruhigste von uns, der Kopf der Gruppe, wenn man so wollte. Seine Bücher und sein Notizblock lagen wie immer neben ihm, bereit für seine endlosen Notizen und Beobachtungen über die Welt. Heute sah er jedoch aus, als ob er das alles vergessen hätte – als ob der Sommer selbst ihm ein bisschen Abenteuergeist eingeflößt hätte.
„Hey, die Hitze gehört dazu,“ konterte ich und warf Ben einen Blick über die Schulter zu. „Kein Sommer ohne Hitze. Genau das ist das Beste daran.“
Doch kaum hatte ich das gesagt, fiel mir ein kühler Luftzug auf, der durchs Fenster strich. Komisch, dachte ich. Es war Juli, und wir befanden uns mitten in einem der heißesten Sommer, an den ich mich erinnern konnte. Trotzdem hatte sich die Luft abgekühlt, und eine leichte Gänsehaut kroch meinen Arm hinauf.
„Habt ihr das auch gespürt?“ fragte ich, während ich vorsichtig das Fenster weiter öffnete. Vielleicht war es nur eine Brise, vielleicht die Nähe eines Sees – ich versuchte mir einzureden, dass es nichts bedeutete.
„Du meinst die kühle Brise?“ Mira sah mich an und zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich ist irgendwo ein Fluss oder so.“
Doch Ben sah nachdenklich aus. „Seltsam. Ich habe gehört, dass es heute heiß bleiben sollte, über 30 Grad den ganzen Tag.“ Er zog sein Handy hervor und scrollte durch die Wetter-App, aber bevor er etwas sagen konnte, fühlte ich plötzlich, wie ein Schatten über uns hinwegzog. Ich blickte auf und sah, dass sich dunkle Wolken über uns zusammenbrauten, dick und schwer.
„Das war nicht angesagt, oder?“ fragte ich nervös, während ich auf die Straße starrte. Plötzlich wirkte der Sonnenschein, der noch vor wenigen Minuten den ganzen Himmel erfüllte, wie ein weit entfernter Traum. Es wurde kühler, und der Himmel färbte sich in ein merkwürdiges Graublau.
„Das ist wirklich… seltsam,“ murmelte Jan von hinten. Auch er schien das Wetter zu bemerken. Die Stimmung im Wagen änderte sich – aus purer Begeisterung wurde eine Art angespanntes Schweigen. Ich konnte das leichte Zittern in meiner Brust nicht unterdrücken, obwohl ich es selbst nicht verstand.
„Vielleicht sollten wir irgendwo anhalten?“ fragte Ben. „Das sieht nicht nach einem normalen Sommergewitter aus. Ich meine, wer weiß, was hier los ist.“
Doch Mira lachte, als wollte sie die Nervosität in der Luft durchbrechen. „Ben, das ist nur ein bisschen Regen. Wir sind auf einem Roadtrip! Lass uns nicht gleich Panik schieben.“
Ihre Leichtigkeit beruhigte mich ein wenig, aber tief in mir spürte ich ein seltsames Unbehagen. Es war nicht nur das Wetter, es war das Gefühl, dass wir plötzlich allein auf der Straße waren, wie eine Art Miniaturuniversum in unserem kleinen Van, und dass um uns herum die Welt irgendwie anders wurde.
Ich zwang mich, ruhig zu bleiben und fuhr weiter. Der Regen kam, kühl und heftig, und wir alle schwiegen, während das Trommeln der Tropfen immer lauter wurde. Das hier sollte ein Sommer voller Sonne und Abenteuer sein, erinnerte ich mich. Doch jetzt, mitten im Regen, fühlte ich nur diese seltsame Ahnung, dass etwas Grundlegendes nicht stimmte.
Aber ich schüttelte den Gedanken ab. Es war nur ein Roadtrip. Ein bisschen Regen konnte uns doch nicht aufhalten. „Alles gut,“ murmelte ich leise, mehr zu mir selbst als zu den anderen. „Alles gut.“
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Das Jahr ohne Sommer⛈️🌪
Historia CortaEine Gruppe von Teenagern wird auf einem Roadtrip von einem globalen Ereignis überrascht, das den Sommer verschwinden lässt und das Klima auf den Kopf stellt. Während sie ums Überleben kämpfen, lernen sie, was ihnen im Leben wirklich wichtig ist. Pe...