„Nichts! Hab ich mir schon gedacht", murmelte Jova kalt und zog die Hand vom Brunnen zurück. „Vielleicht ist er bei dir ja etwas gesprächiger", wandte sie sich verächtlich an Sascha, die ihr mit voller Empörung aufgeklspptem Mund entgegenkam.
Auch ihr schenkte die Matrona einen Segenswunsch. Die Arme vor der Brust verschränkt, ging Jova an den Frauen vorüber, die darauf warteten, ihren Tribut zu zahlen. Sie schloss die Faust, um die noch klebrige Wunde, die bei jeder Berührung brannte.
Darauf Fokussiert, Iolana zwischen den weißen Gestalten auszumachen, erwiderte sie die verurteilenden Blicke der anderen mit kalter Miene. Nun sind wir alle gleich, dachte sie, während sie an Schwester Veronica vorbei, durch das große Tor in den Eingangsbereich trat. Sie folgte dem Strom der anderen bis zu einem grißen Salon, in dem sich die Mädchen und Frauen um vier lange Tafeln versammelten.
Die Schwestern nahmen ihre Plätze jeweils an den Stirnseiten ein. Jene Gruppe der Frsuen, die für die Verpflegung zugeteilt war, deckte die Tische mit Schüsseln von Getreidebrei und eingelegten Früchten ein. Als Getränke wurden Wasser und Kräutertee in Tonkrügen dargereicht. Jova nahm etwas aus einer Schüssel, die am Tisch durchgereicht wurde. Es war ein salziges Brot mit einer undefinierbaren Füllung, über deren Rezeptur sie lieber nichts wissen wollte.
Häufig schweifte ihr Blick durch den Raum, wobei sie lustlos das Gebäck hinunterschlang und mit einem Becher Wasser hinunterspülte. Sascha, die Jova nicht von der Seite wich, bot ihr an, noch mehr von den verschiedenen Sachen zu probieren. „Danke, bin noch satt vom Schlachtfest dort draußen", murrte sie abweisend und widmete sich wieder ihrem Wasser.
Sascha stellte das Gefäß zurück und sah Jova unverwandt an, während diese ihr Wasser hinunterstürzte. „Ich verstehe dein Problem", sagte Sascha verständnisvoll. Jova zuckte mit den Achseln und dämpfte ihre Stimme, wobei sie sich Sascha näher zuwandte. „Ich habe meinen Arsch aus dem Todestrakt direkt in die nächste Psycho-Hälle befördert. Das da vorhin, das war Mord, nicht legal."
„Sagte die Mörderin", mischte sich eine andere Person ein, die mitgehört hatte. Die schnippische Miene der blonden Frau brachte Jova innerlich zur Weißglut. Kurz davor, ihre geballte Faust, auf den Tisch zu schlagen, hielt sie sich in letzter Sekunde zurück.
„Ok, Ariadna. Ich werde mich nicht dafür rechtfertigen. Ich weiß selbst, was und weshalb ich das getan habe und ich verachte jeden, der mit Absicht eine wehrlose Person tötet. Das ist krank und so jemand bin ich nicht. Das schwöre ich bei..." Sie hielt Inne. Die zitternden Hände unter dem Tisch auf ihrem Schoß gefaltet, senkte sie ihren Blick.
„Gott?", versuchte Sascha die Lücke des Unausgesprochenen zu füllen, dass zwischen Ariadna und Jova wie die Kluft einer zerbrochenen Eisscholle immer weiter auseinanderdriftete.
„Bei meiner Mutter!", berichtigte Jova und warf Sascha einen wütenden Seitenblick zu. „Keine Sorge, hier drin haben doch alle Dreck am Stecken. Außer den Schwestern und der Matrona natürlich. Sie haben jede von uns aufgenommen, um uns eine neue Perspektive zu geben", schwärmte Saschs und legte die Hände über ihr Herz. „Für mich es ein Zuhause geworden."
Jova verdrehte die Augen. „Wenn du meinst", schnaubte sie verächtlich und fuhr damit fort, die anderen Tische zu beobachten, um herauszufinden, an welchen davon Iolana saß.
Dabei fiel ihr auf, dass beinahe jeder Platz im Raum besetzt war. Alle sieben Aufseherinnen waren zum Essen erschienen, doch von der Matrona war nichts zu sehen.
„Wo ist eigentlich die Matrona abgeblieben?", wunderte sich Jova und zählte mit ihrem Blick noch einmal alle sieben Schwestern. „Sie isst nie mit uns zusammen. Das wäre eine Schande", erklärte das blauäugige Mädchen, das ihr schräg gegenüber, links neben Ariadna saß. „Man darf doch ihr Gesicht nicht sehen. Das ist nur dem Herrn des Schlosses gestattet", fügte sie hinzu und langte vergeblich nsch dem Wasserkrug.
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Das Orakel im Turm
HorrorDie Schuld einer jungen Frau führt sie in ein abgelegenes Kloster,, doch schnell muss sie feststellen, dass dort schreckliche Dinge geschehen und um ihr Leben fürchten.