Kapitel 4

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Viktor POV:

Wir beendeten das Spiel damit, dass ich in jeder Runde als erster das Ziel erreichte, kurz gefolgt von Lena. Das machte die vorherige Runde sowas von wett. "Wie gesagt, ich hab dich vorhin nur gewinnen lassen." pralte ich. "Ja gut, wenn du meinst." Ich schmunzelte. Gut, dass ich sie nur gewinnen lasse ist meine Standardausrede, aber diesmal stimmte es wirklich. Ich schwöre! In Mario Kart bin ich eben am besten. "Naja, ich denke ich werde demnächst mal verschwinden. Hab noch einiges vor und ich will nicht zu spät zuhause sein." meinte sie nachdem wir noch ein paar weitere Runden gespielt haben. "Gut. Aber vergiss deine Klamotten nicht." Sie sah an sich runter. "Ach da war ja was." Lachend drehte ich mich um und ging in den kleinen Waschraum um Lena's Wäsche aus dem Trockner zu holen. "Danke Vik." Sie nahm mir das Shirt, die Hose und die dünne Jacke aus der Hand, welche sie sich am Abend davor eingesaut hatte. Ok, ein bisschen war es auch meine Schuld, das gebe ich zu. Aber nur ein ganz kleines bisschen. "Ich geh' mich dann mal schnell umziehen." trällerte sie und stolzierte ins Bad.

Ich ging in die Küche um mir Kaffee zu machen. Während ich darauf wartete, dass das Wasser aufkochte, bemerkte ich nicht wie Lena sich mal wieder anschlich. Ich erschrak als mir plötzlich das Shirt, das ich ihr für die Nacht geliehen hatte, direkt in die Fresse flog. "Du bist unmöglich!" Ich zog mir das Teil aus dem Gesicht und warf es wieder auf sie bevor ich es nahm und in dem Wäschekorb schmiss. "Ich werd mich dann mal auf den Weg machen. Ich will noch kurz in die Stadt bevor ich den Bus erwischen muss. Und dann Stunden nach hause fahren muss..." sagte sie und packte ihre Tasche. "Du kannst mich natürlich gerne in die Stadt begleiten." Sie lächelte mich an. Aber nicht dieses freche, herausfordernde Lächeln, das typisch für sie war. Nein, es war irgendwie... erwartungsvoll. "Ich würde gerne mitkommen, aber ich hab mich später mit den Apes verabredet und hab vorher noch einiges zu tun." "Gut, dann ein anderes Mal." Enttäuschung lag in ihrer Stimme. So hat sie noch nie reagiert, selbst wenn ich eine unserer Verabredungen kurzfristig absagte. Ich hätte selbst gerne die Chance genutzt, noch etwas mehr Zeit mit ihr verbringen zu können, aber genau dieser Gedanke machte mir Angst und um ehrlich zu sein, war das der wahre Grund, warum ich nicht mitging. Sonst war ich doch auch nicht so. Normalerweise haben wir uns verabschiedet und uns so bald wie möglich wieder getroffen. Irgendetwas war auf einmal anders. Und es schien nicht nur mir so zu gehen.

Lena POV:

"Du könntest aber auch noch etwas länger bleiben." meinte Vik auf einmal. Er lächelte mich dabei an, aber es sah irgendwie gezwungen aus. "Danke, echt lieb von dir, aber ich denke es ist besser wenn ich heute fahre." Ich machte einen Schritt auf ihn zu und umarmte ihn. Ich erwartete, dass das unangenehm werden könnte, doch nach diesen eher seltsamen letzten Stunden, war es ein gutes Gefühl. "Also dann bis irgendwann du Ficknudel." verabschiedete ich mich von ihm. "Bis dann du Pisser" meinte er. Und mit diesen letzten Worten war plötzlich alles wieder wie vorher. So als wäre nichts gewesen.

Ich sah den Bus, der mich zurück nachhause fahren würde, aus der Entfernung anrollen. Ich war noch nicht ganz an der Haltestelle angekommen, aber ich beeilte mich nicht. Es dauerte erst noch 5 Minuten bis er losfuhr. Trotzdem beschleunigte ich meinen Schritt etwas und stieg schließlich in den Bus ein, der mittlerweile mit offenen Türen auf mich wartete. Ich setzte mich auf einen freien Platz und stöpselte meine Kopfhörer ein. Gedankenverloren sah ich aus dem Fenster und dachte über alles nach was heute passiert war. Ich war noch etwas in Köln herumgeschlendert, bummelte in einigen Geschäften herum und entschied mich auf dem Weg zum Bus spontan dazu, mir das neue Album von BMTH zu gönnen (Es tut mir Leid, wirklich, aber das musste jetzt einfach sein ^^' ignorieren wir jetzt mal die Tatsache, dass das Album noch nicht mal draußen ist, bitte, danke). Der kleine Stadtbummel und die Tatsache, dass ich wieder neue Musik zum suchten hatte, lenkten mich etwas von der Sache mit Viktor ab. Doch nun fing ich wieder an darüber nachzudenken, über ihn nachzudenken, darüber nachzudenken was auf einmal von heute auf morgen aus unserer Freundschaft geworden war, was aus meinem allerbesten Freund geworden war, was aus mir geworden war. Je länger ich darüber nachdachte, desto öfter kam mir der beunruhigende Gedanke, dass sich unsere Gefühle füreinander vielleicht langsam zu mehr entwickelten. Konnte das sein? Fing ich wirklich an mich in meinen besten Freund zu verlieben? Ich versuchte diesen Gedanken abzuschütteln. Ich wollte das nicht. Das würde unsere ganze Freundschaft zerstören. Das aufheulen des Motors, als der Bus losfuhr, riss mich aus meinen Gedanken. Ich schüttelte den Kopf, steckte mir die Kopfhörer in die Ohren und versuchte mich während der Fahrt nicht weiter mit diesem Thema zu beschäftigen. Ich übersprang jedes zweite Lied auf meiner Playlist, all das erinnerte mich einfach nur an diese Sache. Irgendwann schaltete ich auf das Radio um, weil ich einfach nichts auf dem Handy hatte, das mich gerade genug ablenken konnte. Es dauerte etwas, bis ich ein Signal hatte, und als ich endlich etwas empfing, lehnte ich mich zurück und versuchte zu entspannen. Etwa eine halbe Stunde ließ ich Songs aus den Charts, 80er und das grauenhafte deutsche Geheule über mich ergehen. Bis ein bestimmtes Lied kam. Es war ein schönes Lied, nichts was ich öfter hören würde, dennoch schön. Ich kann mich nicht an den Namen der Sängerin erinnern, jedoch an den Titel und die wohl schönste Zeile die ich heraushören konnte. 

Irgendwann schaltete ich zurück auf meine Playlist. Nun konnte ich meine Musik wieder einigermaßen genießen. Trotzdem konnte ich mich nicht ganz darauf konzentrieren. Immerwieder erinnerte ich mich an diesen Satz.

'Say It Again'

Ich versuchte nicht mehr daran zu denken, ich verstand nichtmal wieso mir diese Zeile nicht mehr aus dem Kopf ging. Irgendwie schaffte ich es endlich, mich einfach zu entspannen und an gar nichts mehr zu denken. Trotzdem hörte ich wieder und wieder diese drei Worte in meinem Kopf. Immer wenn es eine Pause gab, wenn das Lied zuende war. Immer wenn der Sänger aussetzte und das Instrumental weiterging. Irgendetwas an diesen drei Worten gab mir ein komisches Gefühl. Ein Gefühl von... Geborgenheit.

'Say It Again'

Wieder und wieder.

Say It Again...

Say It Again (Blanille) [ON HOLD]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt