Der Junge und die Autobahn

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An verregneten Tagen, sitzt Hope immer unter der Autobrücke und denkt nach. Sie und ihre Mutter leben seit ungefähr 2 Jahren hier und es hatte sich nichts geändert. Ihre Mutter sagte nach einem Jahr beständiges Komasaufens: "Es wird Zeit für eine Veränderung!"
Sie war damals fest entschlossen nach dem Tod von Hopes Vater einen Neuanfang zu starten. Doch dafür mussten sie aus dem Drecksloch weg. Sie zogen nach New York, an den Rand der Stadt und versuchten mit ihrem Leben klarzukommen und Hopes Mutter mit dem Alkoholkonsum aufzuhören. Doch schon nach wenigen Wochen war der Plan zunichte gemacht worden, weil Hopes Mutter wieder angefangen hatte. Seit dem wenn ihre Mutter wieder nicht klar im Kopf war, setzte sich Hope in den Park oder wie jetzt, unter die Autobahnbrücke. Diesmal dachte Hope darüber nach, ob das ganze mit ihrer Mutter noch Sinn hatte. Ihre Mutter verzog sich immer öfter und ohne Nachzudenken, in ihre neue Stammkneipe und füllte deren Kasse.

Plötzlich hörte sie hinter sich schleifende Schrittgeräusche. Hope schaute auf die Uhr und bemerkte das es wieder Zeit war. Die Zeit in der der geheimnisvolle Junge hierher kam. Sie schaute kurz nach hinten und blickte den schwarzhaarigen Jungen direkt in die Augen. Bisher hatte sie sich nicht um seine Augenfarbe gekümmert, doch jetzt wo sie ihm direkt in die Augen sah, fiel ihr auf, dass er ungewöhnlicherweise dunkelblaue Augen hatte. "Wie das Meer..." Flüsterte sie leise. Doch als sie merkte wie er stutzte, wand sie sich hastig um. Er kam jetzt ungefähr ein halbes Jahr hier runter und wahrscheinlich sogar jeden Tag. Sie staunte immer wieder wie unauffällig er wirkte und beobachtete ihn heimlich. Wieder dachte sie an seine Augen und stellte sich das Rauschen des Meeres vor, dass jedoch bald vom Rauschen des Feierabendverkehrs übertönt wurde. Erst jetzt viel Hope auf, dass sein Ponni, der normalerweise die Hälfte seines Gesichts verbarg, fahrig zur Seite gekämmt war. Diesmal setzte der Junge sich direkt neben sie. Überrascht blickte sie auf. Er wühlte kurz in seiner Jackentasche und hielt ihr dann eine Packung Zigaretten hin. Zuerst wusste sie nicht was sie machen sollte, denn sonst sah er immer so aus, als wolle er am liebsten alleine gelassen werden. "Willst du eine?" Fragte er nun. Seine Stimme war tief und emotionslos. Sie nickte langsam und leicht verwirrt und zog eine herraus. Der Junge sah nicht viel älter als sie aus. Vielleicht 17, eventuell sogar schon 18. Hope zog ihr kleines Bic-Feuerzeug aus der Tasche und zündete sie sich an. "Wie heisst du?" Fragte sie ihn nüchtern, nachdem sie den kräftigen Zug ihrer Kippe inhaliert hatte. Wenn er schon mit ihr Kontakt aufnahm dann wollte sie das schon ausnutzen. "Warum willst du das wissen?" Fragte er genauso emotionslos wie vorhin. Hope wusste nicht was sie darauf entgegnen könnte und zuckte nur mit den Schultern. Er sagte darauf nichts mehr und lehnte sich auf das Geländer. Hope sagte nichts und strich sich ihre hellblonden Haare hinter die Ohren. Wieder beobachtete sie das Verkehrstreiben und zählte die Roten Autos. "1,2...3,4,5...6..." Und soweiter und sofort. Kurz blickte sie zu dem fremden Jungen und sah seinen schmerzvollen Blick gen Boden. Als er bemerkte, dass sie ihn beobachtete, setzte er schnell wieder sein Pokerface auf und zwang sich nicht auf den Boden zu starren. Irritiert seiner Reaktion schaute sie wieder über das Geländer und konzentrierte sich auf die Regentropfen, die schwerfällig auf den Boden, in ihren Tod stürtzten. "Wie es wohl wäre so einfach in den Tod zu stürzen?" Fragte sie sich, erschrak dann jedoch über ihre eigenen Gedanken. Es geschah immer öfter, dass sie an soetwas dachte. Das musste sie irgendwie unterdrücken. "James." Sagte der Junge plötzlich. "Äh... Was?" Fragte sie ihn irritiert. "Du wolltest doch wissen wie ich heiße... James. James Cotten." Flüsterte er fast. "Ah... Okay." Erwiederte sie. Er hatte sie ein wenig abgelenkt. Das war ganz gut, denn sie wollte nicht mehr über Selbstmord nachdenken. "Wie heisst du?" Fragte er sie jetzt. "Hope Chanson." Erwiederte sie. "Okay." Sagte er.
Dann zog er wieder an seiner Kippe und drückte sie anschließend am nassen Geländer aus. Hope schielte zu ihm hin. Er sah ziemlich kaputt aus. Tiefe Augenringe zogen unter seinen Liedern Schatten. Trotzdem hatte sie in seiner nähe wieder Herzklopfen. Irgendwie tat es ihr weh ihn so alleine zu sehen. Aber er kam ganz sicher nicht umsonst hierher.

Endless Hope - VergissmeinichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt