Nur noch 5 Minuten, dann sind wir endlich da. Besorgt werfe ich einen Blick durch die Heckscheibe, im Pferdeanhänger rumpelt es schon seit einigen Minuten immer mehr.
Meine Mutter schaut mich lächelnd von der Seite an.
„Nun schau nicht so besorgt, wir sind gleich da und dann kannst du dein Schätzchen abladen und sie kann in ihre gemütliche Box einziehen."
„Da wird sie bestimmt erleichtert sein, die Fahrt war doch ganz schön lang. Hoffentlich lebt sie sich schnell ein."
„Ich hoffe doch, dass du dich auch gut einlebst", sagt meine Mutter lachend. Dann wird sie wieder ernst.
„Ist es denn auch wirklich okay, dass du auf dieses Internat gehst? Nur weil ich befördert wurde und jetzt die ganze Zeit herumreise musst du dein gewohntes Umfeld verlassen und hier nochmal neu anfangen. Da fühle ich mich schon ein bisschen schlecht bei."
Ich lächele meine Mutter an.
„Es ist wirklich okay, ich freu mich doch für dich. Und so schlecht ist das mit dem Internat doch gar nicht, jetzt kann ich noch mehr Zeit bei Kayla im Stall verbringen."
Ich fange an zu kichern und meine Mutter fällt mit ein.Dann biegen wir auch schon ab und fahren zwischen Koppeln hindurch auf einen gepflasterten Platz zu. Auf diesem Platz halten wir an. Am oberen Ende wird er durch einen Anbindebalken aus Eisen begrenz, an dem definitiv viele Pferde Platz finden. Rechts und links von uns sind Stallgebäude aus hellem Holz, jede Box hat einen eigenen Paddock. Allerdings sehe ich fast keine Pferde, dafür waren ja auf den Koppeln schon sehr viele.
Ich springe aus dem Auto und laufe zum Hänger um die Rampe herunterzulassen. Meine Mutter steigt ebenfalls aus, zusammen laden wir Kayla ab. Sie ist eine fünfjährige Hannoveraner-Stute, im Moment noch Apfelschimmel, wird aber mit jedem Jahr etwas heller.
Kayla ist so aufgeregt, dass sie die Rampe fast herunterspringt. Draußen reckt sie den Kopf nach oben und bläht die Nüstern, hektisch schaut sie sich um. Ich rede beruhigend auf sie ein.Aus dem einen Stall kommt eine blonde Frau mit Flechtzopf auf uns zu.
„Herzlich Willkommen, ich bin Frau Schneider, eine der Reitlehrerinnen hier. Du musst eine der neuen Schülerinnen sein."
„Genau, ich bin Annabelle Hamisch, ich gehe hier ab nächste Woche in die zehnte Klasse."
„In Ordnung, für dein Pferd haben wir natürlich auch eine Box reserviert. Komm mit, ich zeige sie dir."Ich folge Frau Schneider zu dem Stall links von uns und sehe, dass dahinter noch ein weiterer steht. Sie erklärt mir, dass diese beiden Ställe für die Privatpferde sind, die Stallungen rechts sind für die Schulpferde.
Kayla hat eine Box im vorderen Teil, diese wird von ihr natürlich sofort genau unter die Lupe genommen.
Frau Schneider zeigt mir auch die Sattelkammer am Ende des Stalls und wir besprechen die Fütterung meiner Stute.
„In die Herde auf der Koppel integrieren wir sie langsam ab morgen. Dann wäre jetzt erstmal alles besprochen, ich schlage vor du lädst alles aus was zum Pferd gehörst und meldest dich dann drüben im eigentlichen Internat."
Lächelnd verabschiede ich mich von Frau Schneider und räume zusammen mit meiner Mutter Kaylas Sachen in die Sattelkammer. Dann steigen wir wieder ins Auto, wenden und fahren den Weg zwischen den Koppeln zurück Richtung Hauptstraße, direkt die nächste Einfahrt gehört zum Internat.Meine Mutter findet einen Parkplatz, wir steigen aus, nehmen mein Gepäck und suchen uns unseren Weg durch die ganzen Schüler und Eltern auf dem Parkplatz hindurch.
Ein dreiflügliges Gebäude kommt in Sicht, es ist aus rotem Backstein gebaut, Türen und Fenster sind aus dunklem Holz und mit Schnitzereien verziert. Über das ganze Gebäude verteilt rankt Efeu nach oben, davor befindet sich eine Grünanlage mit großen alten Bäumen, welche viel Schatten spenden. Sogar einen kleinen Teich entdecke ich.Wir gehen auf einem Kiesweg durch die Grünanlage Richtung Haupthaus.
Kaum sind wir in dem Gebäude, steuert meine Mutter auf eine Frau zu, die unter einem Schild steht, auf dem man „Information" lesen kann. Die Frau ist groß und schlank, ihre braunen Haare sind von grauen Strähnen durchzogen und zu einem Pferdeschwanz gebunden. Lächelnd begrüßt sie uns.
„Ich bin Frau Lehmann, willkommen an unserem Internat. Und du bist?", fragt sie mich.
„Annabelle Hamisch."
Sie schaut auf eine Liste, die vor ihr auf dem Tisch liegt.
DU LIEST GERADE
Deine Schuld
Teen FictionIch stehe auf und will gehen, aber in diesem Moment rennt mich jemand um. „Oh sorry, das wollte ich ni- Annabelle?!" Ich schaue den Jungen an. „Erkennst du mich? Ich bin's, Jonas." Er lächelt vorsichtig. Als ich begreife, wer da vor mir steht, ersta...