Einmal im Leben fliegen...

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Einmal im Leben fliegen können, wirklich fliegen, ohne Hilfe eines Flugzeuges oder Fallschirms, hatte sie sich schon immer gewünscht. Nur ein einziges Mal würde ihr genügen, das wusste sie genau. Für einen Moment frei sein, die Luft um sich herum spüren, dieses berauschende Gefühl der Schwerelosigkeit. Die Freiheit zu spüren, wenn es nur sie selbst und den weiten, schier grenzenlosen Himmel über ihr gab.

Wie ein Vogel hatte sie nun die Arme ausgebreitet und stand auf der Brüstung der Brücke, bereit abzuheben, doch der Sog der Erde hielt sie noch fest. Sie wusste nicht, ob es die Welt war, die nicht loslassen wollte oder sie selbst.

Tränen rannen ihr über die Wange und das Atmen fiel ihr immer schwerer. Ihre Lunge schien des Sauerstoffes und des monotonen Ablaufes überdrüssig. Insgesamt fühlte sie sich unwohl, beinahe krank. Ein Unbehagen hatte sich in ihr festgesetzt, das von der bedrückenden Schwere ihres Körpers herrührte. Ihre Haut spannte, war zu eng, wie ein eingegangenes Kleidungsstück oder zu kleine Schuhe. Ihre Knochen waren bleischwer und drückten sie nieder, während ihr Blut heiß und dick durch ihre Adern kroch. Das war nicht sie. Dieses plumpe Gebilde, konnte nicht das sein, was sie war. Sie war etwas anderes, leichteres, freieres.

Sie erkannt die Wahrheit in diesem Gedanken und ganz von selbst hob sich ihr Körper, bis sie auf Zehenspitzen balancierte, die Arme nach wie vor wie Flügel ausgebreitet. Langsam neigte sie sich nach vorne.

Als sie schließlich losließ, den Boden, die Welt, verließ, spürte sie das, nach dem sie sich schon so lange sehnte: Freiheit.

Denn sie flog, frei und immer schneller. Zu spät erkannte sie, dass sie sich getäuschte hatte. Ihr Körper, war zu schwer, sie war kein Vogel. Im letzten Augenblick wurde ihr bewusst, dass sie immer schon dazu bestimmt war zu fallen, nicht zu fliegen.

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Mit einem befreienden Atemzug erwachte ich aus meinem tiefen Schlaf. Der würzige Duft des Grases, das um mich herum in der sanften Briese wogte, während die Sonne warm und rot durch meine geschlossenen Lieder schien, hüllte mich ein und mein Herz schlug rhythmisch in meiner Brust, wie der Bass, der zum Schlaflied der Natur dröhnte. Es war wunderschön und ich fühlte mich geborgen.

Plötzlich veränderte sich etwas. Die Wärme schwand, doch als ich die Augen öffnete, waren die Wiese, die Brücke und ich nach wie vor in Licht getaucht. Meine Mundwinkel hoben sich unwillkürlich. Diese Umgebung war so vertraut, ein Ort ganz für mich, die perfekte Mischung aus Natur und Zivilisation. Zufällig fiel mein Blick auf die Straße. Das Lächeln gefror auf meinen Lippen und es war als würde ich in Eiswasser getaucht. Mein Herz schlug nun gar nicht mehr und alle Wärme wich endgültig aus meinem Körper.

Keine zehn Schritte von mir entfernt lag verrenkt und zertrümmert dieses Mädchen, wie mein groteskes, schauriges Spiegelbild. Beine und Arme lagen in unnatürlichen Winkeln da, trotzdem bewegte sie sich nicht. Ihr blondes Haar färbte sich rot von dem Blut, das sich auf dem schwarzen Teer verteilte und unschuldig in der Sonne glitzerte. Doch am schlimmsten waren ihre leeren Augen, die starr auf mich gerichtet waren. Ohne zu blinzeln, ohne zu zucken.

Das Mädchen war tot.

Sie war tot, beobachtete mich aber. Dieser Gedanke ließ mich begreifen und ich setzte mich auf. Das tote Mädchen blieb liegen.

Ich bekam keine Luft, wusste nicht was ich tun sollte. An alles was ich denken konnte war dieser unheimliche Blick der mich nicht losließ. Ich wollte schreien, weinen, weglaufen, doch ich blieb sitzen. Bewegungslos krallte ich meine Hände in das Gras. Die kühle Erde unter meinen Fingernägeln hielt mich im Hier und Jetzt, sie band mich an die Welt, an meinen Verstand.

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