Ich zittere. Mir ist kalt. Ich bin am Ende. Aber ich muss mich zusammenreißen. Um mich herum liegen Trümmer und wie es aussah waren sämtliche meiner Finger gebrochenen. Aber ich spüre es nicht. Ich vermute das liegt am Adrenalin, dass durch meinen Körper gepumpt wird, meine Schmerzen betäubt und mich die Kälte vergessen lässt. Fuck. Fuck! FUCK! WIESO?! WIESO?! Nein. Nein. Ich muss ruhig bleiben. Ich sehe mich um. Die Decke des Kellers ist halb eingestürzt, sodass ich den grauen, wolkenverhangenen Himmel sehen kann. Heute ist mein Geburtstag. Mein 15. Geburtstag. Alles sollte perfekt werden: eine Keller-Übernachtungs-Filme-Party so wie eigentlich immer. Außer das Abby nicht kommen konnte. Aus familiären Gründen wie sie gesagt hat. Trotzdem war es super mit Marla, Alice und Jasmine- OMG JASMINE!!! Da ist sie und sitzt wimmernd da. Ihr kompletter linker Arm ist mitsamt Schulter unter einem Stück der Betondecke des Kellers eingeklemmt. Ich Laufe zu ihr."Jasmine!", rufe ich, "Fuck! Jasmine! Warte ich hol dich daraus!". Ich drehe mich hektisch um mich selbst und suche den Boden fieberhaft nach etwas um, womit ich Jasmine helfen kann. Was ist das hier für eine abgefuckte Scheiße?! Mir fällt etwas ins Auge... ja das könnte klappen denke ich mit Blick auf die von der Explosion verbogenen Eisenstangen die für den Halt der Betondecke gewesen waren. Sie lagen zwischen Scherben und waren voller Betonpulver aber für meine Zwecke könnten sie- Moment- Explosion?! Fuck jetzt weiß ich's wieder wir haben gerade einen Film geguckt und dann... Fuck was ist mit meiner Heimatstadt passiert?! Nein! Konzentrieren. Erst Jasmine helfen. Dann schockiert sein. Aber welche Stange soll ich nehmen... ahh die. Sie ist verbogen wie ein Brecheisen. "Okay Jasmine wenn ich jetzt sage dann roll doch schnell nach links.", sage ich mit einem leichtem Zittern in der Stimme und schwenkte die Eisenstange. Jasmine reist angsterfüllt die Augen auf und nickte mit fest aufeinander gepressten Lippen. " Also dann", murmle ich mehr zu mir mir selbst als zu ihr und stemme die Stange unter den schweren Betonklotz, "1...2...3...jetzt!!!". Ich drücke dir Stange mit aller Kraft nach unten und der riesige Betonklotz bewegt sich ein Stück nach oben: 5cm... komm schon du blöder verfickter- 10cm... Klotz- 15cm... AAAAAHHHGGRRRRR!!! 20cm- endlich Jas rollte sich weg. Ich Fälle auf die Knie und atme schwer. Dieser verfickte Klotz muss mindestens 'ne Tonne wiegen.
Besorgt drehe ich mich jetzt zu Jasmine um " Alles ok?", keuche ich. Jasmine antwortet nicht nicht. "Jas, ich weiß, dass du schmerzen hast, aber bitte sag irgendwas.". Jasmine schluckt und guckt schockiert auf eine Stelle hinter mir auf den Boden. Dann, urplötzlich setzt sie sich auf, dreht sich zur Seite und über gibt sich.
Tja, wenigstens weiß ich jetzt, dass sie noch lebt. Aber wieso guckt sie mich dann so drängend an?
"Marla!", würgte Jasmine zwischen zwei Brechreizen hervor.
" Was?", frage ich sie verständnislos.
"Hinter dir!", stößt sie hervor.
...Ooohhh! Ich verstehe. Und drehe mich langsam um.
FUCK!!!
Ich weiß nicht was ich ich erwartet hatte dort hinter mir zu sehen Aber DAS sicher nicht. Mir wir übel von dem was ich sehe.
Marla liegt bewusstlos auf dem noch heilen Teil des Sofas. Sie ist okay. Zumindest ihr Oberkörper. Das, was mir wirklich Übelkeit und Sorge bereitet sind ihre Beine. Marlas Oberschenkel sind gebrochen. Aber auf die wiederwertigste Art die ich je gesehen habe: Ihre Oberschenkel sind bis zur Mitte noch ganz normal, aber an der Mitte haben sie jetzt einen Knick- und zwar nach unten. Es war einfach nur ekeleregent. Aber ich weiß, dass wenn ich jetzt nichts unternehme wird sie nie wieder laufen können. Dabei scheint sie noch Glück im Unglück gehabt zu haben. Denn die Decke, die ihre Knochen gebrochen hatte ist nachdem sie auf Marlas Beine gebracht war runtergerutst, so, dass ich den Betonklotz nicht weghebeln muss. Außerdem ist sie bewusstlos, sodass sie nichts fühlen wird. Denn das, was ich vorhabe, wird definitiv sehr sehr schmerzhaft werden.
Ich drehe sie um, stüze mich mit den Händen an ihrem Rücken ab und springe mit den Knien auf den unteren Teil ihrer Oberschenkel, um sie wieder in Form zu bringen. Es ertönt ein scheußliches Knacken gefolgt von einem weiteren Brechreiz von Jasmine und dem Schmerzenzschrei der erwachenden Marla. Sie schreit wie am Spieß und beginnt zu weinen, aber ernsthaft wer hätte das in ihrer Situation nicht gemacht.Ich hoffe, dass der, der diese Aufzeichnungen vielleicht liest spätestens jetzt begreift, dass wir Hilfe brauchen. Bitte! Mein Name ist Isabella Jakobsen ich bin 15 Jahre alt in Hamm geboren und werde nicht mehr lange durchhalten.
Jasmine hat gerade mit dem Kotzen aufgehört und Marla beruhigt.
"Marla, ich weiß, dass es zu viel verlangt ist, aber weißt du noch wo Alice ist oder besser gesagt war?", frage ich eindringlich.
" Sie... Sie wollte auf's Klo gehen, glaubte ich.", antwortet sie mit heiserer, matter Stimme und verzieht das Gesicht vor Schmerz.
Ich wirble herum und renne aus dem Raum, dorthin, wo mal der Kellerflur gewesen war.
Ich suche im matten Zwielicht den Boden ab, aber ich kann nichts finden. Fuck, wo ist sie?! WO IST SIE?!
"ALICE?!", brülle ich panisch. Das Blut rauscht in meinen Ohren, Adrenalin durchflutet mich. " Alice, verdammt! WO! BIST! DU!"
"Bell, ich... ich hab sie.", flüstert Jas. Sie muss mir gefolgt sein um zu helfen. Aber wenn sie Alice doch gefunden hat, warum kämpft sie dann mit den Tränen?
Ich gehe langsam auf Jasmine zu, die neben der eingestürzten Treppe steht. Jasmine sieht aus, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen. Was ist mit Alice passiert? Was hat meine sonst so gefasste Freundin so schockiert?
Die Antwort: Alice. Sie liegt unverletzt auf dem herunter gefallenen Stufen und liegt offensichtlich im Sterben. Ihr Atem geht flach und ihr Puls wird schwächer. Und setzt dan aus. Sie hat einen Herzstillstand. FUCK, NEIN! ALICE! NEIN! Doch trotz Herzmassage begann ihr Herz nicht wieder zu schlagen. " Alice...", hauche ich.
Jasmine beginnt leise zu weinen. Genauso wie ich. Nur das ich im Gegensatz zu Jas nicht vor Trauer, sondern vor Hilflosigkeit weine.
Ich sehe mich hoffnungslos um und sehe ein Wunder.Unser Keller ist nicht komplett zusammengestürzt. Ein Raum ist immer noch unbeschädigt: der Werkzeug-/ Deko-/ Karton-/... Keller ach ihr wisst bestimmt, was ich meine. In dem Keller sind jedenfalls nicht nur Werkzeuge, sondern auch Arbeitsutensilien und andere Erinnerungsstücke meines Vaters (Er ist Anästhesist). Darunter ein Rollstuhl, Gasmasken und: ein Defibrilator.
Ein Defibrilator, indem seit heute morgen Batterien eingesetzt sind. Ich erinnere mich. Mein Vater hat mich heute morgen noch eingewiesen, wie man mit dem Teil umgeht: Knopf drücken, Aufladen bis die Anzeige leuchtet, Aufkleber auf die Stellen am Körper auf denen man aufsetzt oder Gel auf die Teile die man in der Hand hat (je nachdem was gerade vorhanden ist / in unserem Fall die Aufkleber) und dann mit den Teilen auf den nackten Körper und zwar einen links auf die Brust, direkt über das Herz und den anderen links an die Rippen direkt neben das Herz."Jas!", rufe ich während ich in den Raum stürme, " hast du noch die Taschenlampe am deinem Schlüssel?!"
"Nein, ich... ich kann ihn einfach nicht finden!", schreit sie mit zitterndem Unterton zurück.
Verdammt! " Okay! Dann zieht sie schon mal aus! Ich nach das jetzt blind!", befehle ich in meinem gekonnten Millitärston, als ich gerade den Defibrilator finde.
"Du willst WAS?! Das ist Wahnsinn Isabella! Das Risiko ist einfach zu hoch!", gibt sie entsetzt zurück.
"Wir müssen dieses Risiko eingehen! Alles auf eine Karte! Das ist unsere einzige Chance! Also nach schon!", brülle ich und schleppe den Defibrilator neben Alice' jetzt halbnackten Körper.
" Und du bist die ganz sicher, dass das klappt?", fragt Jasmine zweifelnd.
"Natürlich.", lüge ich. Ich kann ihr einfach nicht erzählen, dass die meisten Leute, die wiederbelebt werden danach noch eine Zeit lang beatmet werden müssen. Ich glaube einfach, dass sie es nicht verkraften würde.
" Also dann", ich atme tief durch. Ein Fehler und alles ist vorbei. "1...2...3-"
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Diaries of Desperate
Science FictionNiemand war vorbereitet. Niemand sollte überleben. Wir haben überlebt. Wir sind verloren.