Oma (Teil 1)

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Ich war 11 als meine Oma starb, ich habe sie überalles geliebt, sie war eine Oma, die es so wahrscheinlich nur einmal gab: total fit und voller Lebenslust, reiselustig und noch voller Pläne. Jeden Tag war ich bei ihr, denn sie wohnte nicht weit von unserem Haus entfernt, in einem kleinen Holzhaus mit vielen alten, süßen Möbeln, die eigentlich immer voll mit meinen Spielsachen und später mit Schulsachen und Büchern von mir waren. Wenn ich sie besuchte, saßen wir lange zusammen und sie hat mir ihre alten Geschichten erzählt, wir haben viel gelacht, auch gelästert und geweint, sie hat mich getröstet, wenn ich Liebeskummer hatte oder wenn ich allgemein gerade überfordert mit meinem Leben war. Sie war mit uns im Urlaub und jedes Land, jede Stadt, in der wir waren, haben wir beide unsicher gemacht. Sie war eben noch top fit und ich fühlte mich immer so geborgen und in Sicherheit bei ihr. Es gab auch kein Grund, keinen einzigen Hinweis für eine plötzliche Änderung.
Doch trotzdem war sie auf einmal krank, 3 Monate Krankenhausaufenthalt. Ich habe sie wieder jeden Tag besucht und ihr erzählt, was zu Hause und generell in der Welt geschah. Alles schien besser zu werden, auch die Ärzte bestätigten später diese Tatsache, dass sie bald wieder gesund war.
Doch dann, ich war nur einen einzigen Tag, 24 h, 1440 Minuten nicht da, habe sie nicht besucht, war nicht dort, um bei ihr zu sein, um ihr etwas vorzulesen, mit ihr die geschmacklose und fade Krankenhaussuppe zu schlürfen, die aber lebenswichtig für sie war -es war eine speziell für sie gekochte Suppe mit allen Inhaltsstoffe die sie berauchte.- Ich war nicht da, um die schmerzhaften Spritzen und Untersuchungen gemeinsam mit ihr durch zu stehen und die Physio erfolgreich zu absolvieren, um sie mit ihrem kleinen Flitzer-Rolli (wie sie ihn immer liebevoll nannte) durch den wunderschön angelegten Park mit den vielen bunten Blumen, mit dem kleinen Teich und den Goldfischen, die wir immer gefüttert haben, zu fahren und einfach die anderen Eindrücke auf uns wirken zu lassen, uns über Opa zu unterhalten (der früh starb), ICH WAR EINFACH NICHT DA!!!
Genau da geschah es- totaler Herzstillstand, alle Reanimierungsversuche scheiterten, die Ärzte haben es lange versucht, haben sie gesagt, doch sie haben SIE verloren- die wichtigste Person in meinem Leben, meine beste Freundin....
An dem Tag wurde mein schlimmster Albtraum wahr und mein Leben glitt in ein tiefes schwarzes Loch. Ich schwänzte die Schule, schanzte mich in meinem Zimmer ein, entfernte mich von meiner Familie und meinen Freunden. Ich fühlte mich für den Tod verantwortlich, ich war nicht da, habe nicht auf sie aufgepasst...

( es wird noch ein zweiter Teil erscheinen, der dieses Kapitel weiterführt, also seid gespannt ;D )

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