Seine Zeit läuft ab

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Es war kalt. Arschkalt. So ein kalt, wo man denkt man befände sich am Nord- oder Südpol. Ein kalt, wo man eine heiße Schokolade trinken will, um sich von innen heraus zu wärmen, obwohl man schon ein paar dicke Wollhandschuhe und ein große Mütze trägt, die einem immer wieder über die Augen rutscht. Da sollte noch mal jemand sagen, der September sei ein schöner Herbstmonat wo die Sonne die Blätter in goldenes Licht taucht, der Wind sachte in den Baumkronen raschelt und der ganze andere romantische Schnick Schnack. Kira hatte all diese ganzen Probleme nicht, immerhin saß sie in einem gut beheizten Cafe, eine dampfende Teetasse in den Händen haltend. Sie schaute aus dem rießigen Fenster, betrachtete die herum rennenden Menschen, die Schutz vor der eisigen Kälte suchten. Über ihr dröhnte aus einem Lautsprecher Jazzmusik, die Luft duftete nach allen möglichen Backwaren. Auf der Kuchentheke gab es Erdbeertorte und riesige Schmätzchen im Angebot. Doch bei diesen Preisen fragte man sich ernsthaft, ob die Bäckerei nicht unter dem Motto Nimm zwei, zahl fünf! verkaufte.

Aber wegen dem Kuchen war Kira beim besten Willen nicht hergekommen. Da gab es bei weiterem bessere und günstigere Cafe's . Ihre langen, schmalen Finger führten die Teetasse zu ihren vollen, kirschrot geschminkten Lippen und sie schloss langsam die mit schwarzen Wimpern umrandeten Augen. Kira wusste, das sie verführerisch war. Der knallige rote Mantel dessen Gürtel sich um ihre enge Taille schlang, die rabenschwarz gefärbten Haare, die riesigen golden Ohrringe und die dunkelbraunen Lederstiefel taten ihr übriges. Langsam öffnete sie wieder die Augen und musste sich ein lächeln verkneifen. Der junge Kassierer, vielleicht 23 Jahre alt, starrte sie an. Neben bei goss er einem Kunden einen Kaffee ein, wo bei er, nach dem ihm das heiße Gebräu die Haut verbrannte, bemerkte das er sich wieder auf das einschenken konzentrieren sollte. Kira grinste. Er interessierte sich für sie. Besser konnte es nicht laufen. "Ich würde gerne zahlen." rief sie durch den Raum und schob die leere Tasse von sich. Als eine Kellnerin mit der Rechnung kommen wollte, flüsterte Kira: "Die männliche Version." zwinkerte sie. Das sie dafür ein Stirnrunzeln bekam, konnte sie verkraften. "Hier, ihre Rechnung Madam." Kira nahm den Blickkontakt mit ihm auf und lächelte kokett. Seine Augen ein matschiges braun. Wie langweilig. Dann griff sie nach dem Papier, stand auf, fischte elegant den Kuli aus der Brusttasche des jungen Mannes und schrieb ihre Handynummer auf die Rechnung. Natürlich war das Handy gestohlen, niemand sollte Kira später etwas nachweisen können. Die junge Frau ließ ein paar Münzen auf den Holztisch fallen und wandte ihren Blick dann wieder zu dem jungen Mann. "Auf ein baldiges Wiedersehen..." sie sah ihn mit fragenden Blick an. Selbstverständlich wusste sie seinen Namen. Um genau zu sein alles von ihm. Martin Unkers, 23 Jahre alt, Kassierer und Kellner im Smoothies , im alter von 16 die Schule abgebrochen, dann kam der Absturz mit den Drogen. Schlussendlich den Entzug geschafft und nun als Teilzeitarbeiter im Cafe tätig. Ein Leben das ihr herzlich egal war. Denn es war genau wie sein Name: uninteressant, gewöhnlich, langweilig. "Unkers, Martin. Also Martin Unkers. Ich meine...ja, Martin." Oh Himmel. "Nun dann...Martin." Kira trat einen Schritt näher an ihn heran, ihr war bewusst das ihre Brüste sich dabei gegen seinen Oberkörper pressten. "Ruf mich an." flüsterte sie in sein Ohr und verließ das Cafe schnellen und anmutigen Schrittes.

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